Es ist schon eine Weile her, dass das Indie-Urgestein Tom 'The Perc' Redecker zwecks Konzerts im Süden weilte. Vor gut 20 Jahren hatte ich ihn mit The Perc Meets The Hidden Gentleman in Bayreuth erlebt, einige Jahre später mit der Electric Family in Nürnberg und zuletzt 2002 auf Acoustic-Tour in Bamberg. So war es natürlich klar, dass ich mich nach Weidenberg aufmachte, um im Schlosskeller eines der seltenen Konzerte von Tom mitzubekommen.
Zuerst betraten allerdings Bella Donna die Bühne des an den legendären Cavern Club erinnernden alten Weinkellers. Begleitet von Jochen Schoberth an der Gitarre und dem Drummer Thomas Blumensaat sangen zwei junge Damen stimmige, an die Renaissance gemahnende Lieder zwischen Gothik und Romantik. Sehr schöne Titel, allerdings brauchen die beiden meiner Meinung noch etwas mehr Übung, um auch die hohen Töne richtig zu treffen.
Dann begann der Auftritt des Sun Temple Projects. Schoberth und Blumensaat waren gleich sitzengeblieben, denn sie gehören ebenfalls zum Temple Project. Dissidenten-Trommler Marlon Klein stößt erst in Bremen zur Band und war in Weidenberg leider nicht dabei. Die ersten Songs des Sets gehörten Harry Payuta, einem ebenfalls aus Bremen stammenden Musiker, der die Sitar zu seinem Hauptinstument gemacht hat.
Eine sehr gute Idee, Payuta spielt die Sitar nicht traditionell indisch, sondern elektrifiziert das Instrument mit Pick-ups und jagt den Sound durch Flanger, Phaser und weitere Effektgeräte. So ein rockiges Sitarspiel habe ich noch nie gehört.
Großartige psychedelische Ethno-Titel, bei denen die beiden Begleitmusiker ebenfalls überzeugen konnten. Harry Payuta wechselte dann an den Bass, und Tom 'The Perc' Redecker betrat die Szene. Eine zweihalsige Gitarre umgehängt stand »Deutschlands Antwort auf Josh Homme« (Intro) in der Mitte der Bühne und öffnete seinen Set mit einem völlig neuen Song: "Slide Out, Slide In". Und da war sie wieder, diese abgrundtiefe Stimme und diese ins Ohr kriechenden Melodien. Der gesamte mittelalterliche Keller war inzwischen in psychedelisches Licht getaucht, das sich ständig zwischen Wand und Decke bewegte und zusätzliche Stimulation brachte. Irgendwann legte Tom die Gitarre beiseite und holte aus einer Kiste ein Keyboard heraus. Er setzte sich auf die Kiste und intornierte den alten Hit von The Perc Meets The Hidden Gentleman, "Rock The Widow". Das brachte Stimmung - überhaupt waren alle Musiker gut drauf und unterhielten das Publikum prächtig mit Tour-Geschichten.
Der Abend wurde vom Sun Temple Project mit einer ultralangen Version des Perc-Titels "Lighthouse" beendet, bei dem noch einmal alle Musiker wild zusammen jammten. Hier zeigte sich besonders die Klasse jedes Einzelnen. Vor allem Gitarrist Jochen Schoberth lief zur Hochform auf. Grateful Dead meets Amon Düül II... irgendwo dazwischen oder ähnlich und doch einmalig! Einfach schwierig zu beschreiben, aber Glücksgefühle en Masse.
Nach dem Auftritt erzählte Tom, dass dieses Projekt als einmalige Geschichte gedacht ist, das er zusammen mit Harry Payuta inszeniert hat, da dieser demnächst nach Spanien auswandert. Sie wollten einfach nochmal zusammen spielen und haben deshalb diese Kurztour unternommen, die am 28. Mai im Lagerhaus in Bremen mit Gästen endet. Er arbeite allerdings an einem neuen Album der Electric Family, für das Harry bereits die Sitarpassagen eingespielt hat.
Ich hoffe, dass es nicht nochmal so lange dauert, bis The Perc wieder in unsere Region kommt, egal mit welcher Band. Und möglichst mit einem neuen Album!
Tom 'The Perc' Redecker (vocals, guitar, keyboards)
Harry Payuta (sitar, vocals, guitar, bass)
Jochen Schoberth (guitar, bass)
Thomas 'Blumi' Blumensaat (drums, percussion)
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