Surprise Attack / Hokus Pokus im Jokus
Hokus Pokus im Jokus Spielzeit: 51:46
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2008
Stil: Jazz Rock

Review vom 21.01.2009


Wolfgang Giese
Das Trio-Format ist ein in der zeitgenössischen Musik nicht immer übliches Format gewesen. In der Geschichte finden wir z.B. Willie Dixon's Big Three (Blues) und im Rock etablierte sich das Trio dann durch Bands wie Cream oder die Jimi Hendrix Experience.
Im Jazz waren es vornehmlich Pianotrios (Oscar Petersen, Lennie Tristano, Bud Powell), die von sich reden machten.
Im Jazz Rock gab es in der Regel neben der Gitarre, dem Bass und dem Schlagzeug auch noch mindestens ein Blasinstrument oder zumindest Keyboards. Seltener hier die bekannten Trios, bei der Tony Williams Lifetime z.B. waren es Gitarre/Keyboards/Schlagzeug.
McLaughlin brachte auf seinen Platten ab und an ein Stück im Trio-Format, Larry Coryell war es, der 2003 eine Platte namens "The Power Trio", das aber mehr im jazzigen Fusionbereich angesiedelt war, veröffentlichte, aber erst 2005 mit "Electric" - zusammen mit Victor Bailey am Bass und Lenny White am Schlagzeug - ein wahres Rock-Jazz-Power-Trio-Album vorlegte.
Als weitere 'Referenz' möchte ich hier das Trio Of Doom heranziehen, ein eigentlich gar nicht existierender Dreier aus John McLaughlin (guitar), Jaco Pastorius (bass) und Tony Williams (drums), das sich 1979 in Kuba anlässlich eines Festivals kurzfristig formierte und von dem die kompletten Aufnahmen inklusive einiger Studiotracks erst 2007 veröffentlicht wurden.
Und nun habe ich hier eine in Eigenregie gefertigte CD der deutschen Band Surprise Attack vorliegen. Aufgenommen wurde die Musik am 27.4.2007 live im Jokus Music-Club in Giessen.
Bevor ich auf Details eingehe, will ich kurz meinen ersten Spontaneindruck schildern: Es klingt für mich oft, als sei dies ein Projekt des Bassisten, denn ich sehe dieses Instrument als 'Dreh-und Angelpunkt' der Musik. Er scheint mir das tragende und verbindende Element zu sein, insofern nicht von der Hand zu weisen, dass hier eine gewisse Nähe zu Kraan und Hellmut Hattler zu vernehmen ist. Überhaupt halte ich den Bassisten für den virtuosesten der drei Musiker, ohne die beiden anderen abwerten zu wollen.
Ein weiterer Eindruck, und das kann man positiv wie negativ bewerten, ist, dass die Musik relativ leichtgängig daherkommt und viel 'dahinfließt'. Viele Höhepunkte sind für mich nicht auszumachen, einzig "All Nine", das vierte Stück, vermag mich mitzureißen, weil alles enthalten ist, was ein gutes Jazz Rock-Stück ausmacht. In diesem Fall eine sphärische Einleitung, ein kurzes Thema, jeweils virtuose Soli von Gitarre und Bass und ein federndes Schlagzeug. Hier empfinde ich die Band 'zusammen', hier finden Austausch und Kommunikation statt, etwas, das mir in den übrigen Stücken nicht so auffällt.
Grundsätzlich wird Musik geboten, die innerhalb des Trio-Formates zwar Abwechslung bietet und eine gewisse Virtuosität besitzt, wobei ich noch einmal klar den Bassisten hervorheben möchte. Doch scheint mir entweder ein viertes Instrument zu fehlen, oder der Gitarrist müsste packender und aufdringlicher in Erscheinung treten.
An dieser Stelle muss ich obige 'Referenzbeispiele' noch einmal bemühen, und ganz besonders das "Trio Of Doom", denn da wird man gleich von der ersten Sekunde an durchgeschüttelt, mitgerissen und fortgespült von dieser puren Energie, die in das Sonnengeflecht zielt.
Genau das ist es, was mir im Falle von Surprise Attack noch zu 'sachlich', zu 'förmlich', zu 'nüchtern' erscheint. Der nötige fordernde Groove tritt nur ansatzweise auf, und wenn man Passagen einzelner Stücke aufruft, sind diese nicht unbedingt zuzuordnen, eher austauschbar - auch fehlen mir meist die kompositorischen Themen mit Wiedererkennungswert am Beginn der Stücke.
Fazit: Kein schlechter Beginn, gute Ansätze, die mit entsprechender Entwicklung und Beharrlichkeit ausgebaut werden könnten.
Line-up:
Sebastian Braun (Gitarre)
Pawel Schlör-Fernandez (Bass)
Thomas Reiner (Schlagzeug)
Tracklist
01:Number One
02:Seb's Tune
03:Trancezendance
04:All Nine
05:Eric's Puzzle
06:El Pasaje
Externe Links: