Wie viele Bands können schon von sich behaupten, einen Welthit gelandet zu haben? Survivor sicherlich, denn wer kennt es nicht, das dramatische Intro zu "Eye Of The Tiger", dessen kraftvolle Gitarrenriffs perfekt mit den in 'Rocky III' in Szene gesetzten Schlagfolgen der Boxer korrespondieren.
Zur zeitlichen Einordnung müssen wir dafür die RockTimes-Uhr um ein Vierteljahrhundert zurückdrehen und erleben gerade den bevorstehenden Siegeszug des Melodic Rock. Foreigner lassen gerade mit "4" ein lupenreines Hitalbum vom Stapel und Journey veröffentlichen mit "Escape" ihr wohl bestes Album. Von diesen Werken entstammen die unverwüstlichen Klassiker "Urgent", "Juke Box Hero" oder "Don't Stop Believing" und "Open Arms".
Aber zurück zu Survivor. Das Nachfolgealbum "Caught In The Game" konnte trotz starker Songs wie z.B. dem Titelstück nicht an den Erfolg von "Eye Of The Tiger" anknüpfen. Zudem plagten den etatmäßigen Sänger Dave Bickler stimmliche Probleme, so dass sich die Survivor-Masterminds Jim Peterik und Frankie Sullivan nach einem neuen Sänger umsahen. Schnell wurde dann in Jimi Jamison Ersatz gefunden, der kurz zuvor mit "Cobra" das in Genrekreisen viel geschätzte selbstbetitelte Album herausbrachte.
Jamison eröffnete dem Songwriter-Duo Peterik und Sullivan neue Möglichkeiten, da er mühelos die hohen Noten singen konnte. So wurde der Rockanteil dem Zeitgeist entsprechend zurückgefahren und der melodische erhöht. Mit großem Erfolg, wie sich bald herausstellen sollte, avancierten die beiden folgenden Outputs "Vital Signs" und "When Seconds Count" zu absoluten Genrehighlights und erhielten jede Menge Hits wie "The Search Is Over", "High On You" oder "Is This Love". Inmitten beider Veröffentlichungen steuerten Survivor noch den Chartbreaker "Burning Heart" zum 'Rocky IV'-Soundtrack dazu.
1988 erschien der bislang letzte Silberling "Too Hot To Sleep" und hatte wiederum Melodic-Perlen erster Güte am Start. "Desperate Dreams" oder die Mega-Ballade "Across The Miles" zählen meiner Ansicht nach zu den besten Survivor-Songs. Die Fans sahen das aber anders und so konnte "Too Hot To Sleep" bei weitem nicht an den kommerziellen Erfolg der Vorgängeralben anschließen. Es kam zum Split und die Bandmitglieder widmeten sich fortan verschiedenen Projekten.
17 Jahre später sind wir in der Gegenwart angekommen. Lange angekündigt und oft verschoben, liegt sie nun endlich vor: Die neue Survivor-Scheiblette. "Reach" heißt sie und wird wie die neue Toto und Journey, über das italienische Label 'Frontiers' veröffentlicht. Neben Gründungsmitglied Frankie Sullivan sind Jimi Jamison und Marc Droubay im Line-Up. Dazu ersetzt Chris Grove Jim Peterik an den Keys und Barry Dunaway bearbeitet den Tieftöner.
Zur Tracklisting: "Reach" ist ein gelungener Opener, gefolgt vom überragenden "Fire Makes Steel", ein straighter Rocker mit schneidendem Gitarren-Intro. Ein weiterer Höhepunkt ist die Mid-Tempo-Nummer "One More Chance", die mit einem tollen Refrain glänzt. "Seconds Away" läutet die etwas zu zahlreich vertretenden balladesken Momente ein und betört durch harmonische Melodielinien und eine Prise Country. Weitere Anspieltipps sind "Gimmie The Word" und "Don't Give Up".
Die beiden von Frankie Sullivan gesungenen Titel "Nevertheless" und "Talkin' 'Bout Love" wirken trotz gefälligen Songwritings wie Fremdkörper auf der Scheibe. Zu dünn und ausdruckslos kommt seine Stimme daher. Weiteres Manko ist der bei einigen Songs auszumachende sterile Drum-Sound.
Gleichwohl resümiere ich ein gelungenes Comeback-Album, das mit sehr starken Songs glänzen kann, für die nächste Veröffentlichung aber noch Luft nach oben gelassen hat. Welcome back, Survivor!
Spielzeit: 54:00, Medium CD, Frontiers Records, 2006
1:Reach 2:Fire Makes Steel 3:Nevertheless 4:Seconds Away 5:One More Cance 6:Gimmie The Word 7:The Rhythm Of Your Heart 8:I Don't 9:Half Of My Heart 10:Talkin' 'Bout Love 11:Don't Give Up, Home
Thomas Völge, 19.04.2006
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