Eigentlich war ich zu den Hoch-Zeiten von The Sweet schon zu 'alt' für diese Mucke. Sweet war damals für unsereins peinlich - zumindest 'offiziell'. Mit einer LP von denen unterm Arm, hätte man wenig Sympathiepunkte auf dem Schulhof eingeheimst. Heimlich fand ich, dass das eine richtig starke Hard Rock-Band war - "Solid Gold Brass" und "Man With The Golden Arm" von der (tollen) Desolation Boulevard mögen als Beleg herhalten. Und noch diskreter sei angemerkt, dass ich im stillen Kämmerlein damals auch zu "Action" oder "Ballroom Blitz" die Luftgitarre zum Vibrieren brachte.
Es ist die Gnade des Alters, dass man deutlich jenseits der Fünfziger jede Peinlichkeit laut ausposaunen darf. Notfalls geht's als präsenile Demenz durch: Yesss, Sir! The Sweet waren in den Siebzigern ein ganz heißer Feger!!
Umso erbarmungswürdiger war das Ende zum Anfang der Achtziger, das durch das 1982er Album mit dem bezeichnenden Titel "Identity Crisis" eingeläutet werden sollte. Andy Scott und Steve Priest konnten nicht mehr miteinander, Sänger Brian Connolly soff sich tot (1997) und Drummer Mick Tucker starb 2002 an Leukämie. Scott tingelte unter dem Label Andy Scott's Sweet über Oldie-Partys - eigentlich die Höchststrafe für einen Rockmusiker. Seit 2008 klappert nun auch Priest mit einer eigenen Sweet-Formation, die definitiv (noch) besser als die hier zu besprechende Combo ist, vorwiegend die US ab. Mensch, haben die mit Stevie Stewart einen Klasse-Keyboarder - wovon sich der Leser bei deren Version von "Sweet F.A." überzeugen kann.
Dabei war der Versuch der Band, das Glamour-Image abzustreifen gar nicht schlecht gewesen. "Level Headed" (1978), das letzte Album mit Brian Connolly, und vor allem der Nachfolger "Cut Above The Rest" (1979), bei dem man als Trio weitermachte, boten anspruchsvolle Rockmusik, aber halt ebensowenig Songs mit Hitpotenzial wie einem echten Hard Rock-Charakter. Die Fans liefen The Sweet in Scharen davon...
Nun legen die Briten mit "New York Connection" das erste Album (ohne den Andy Scott-Zusatz) seit genau dreißig Jahren vor. Bezeichnenderweise ist es bis auf den Titelsong mit Cover-Versionen, größtenteils aus den Siebzigern, bestückt. Das mag etwas enttäuschend sein, man hat sich aber bereits durchaus daran gewöhnt, dass mit zunehmendem Lebensalter die Kreativität schon mal baden gehen kann.
Das besagte "New York Connection" ist übrigens die B-Seite der 1972er Single "Wig-Wam Bam" und bis dato auf keiner Studioscheibe zu finden gewesen.
Zugegebenermaßen war eine ordentliche Portion Skepsis vorab vorhanden, doch "NYC" ist eine überaus positive Überraschung. The Sweet schaffen es fast durchgängig, den Coversongs ihren ureigenen Glam-Stil aufzudrücken: sägende Gitarren, stampfende Rhythmen, Handclaps und Fistelstimmenchöre.
Los geht's mit dem Russ Ballard-Klassiker "New York Groove", in den Siebzigern ein Nummer-1-Hit des One-Hit-Wonders Hello - ein starker Auftakt. Auch aller Ehren wert, wie Sweet mit "Gold On The Ceiling" eine LoFi-Nummer zu einem glamourösen Rocker aufpoliert haben. Ein rotziger Punk-Rocker von Electric Frankenstein wird ebenfalls überzeugend in den Sweet-Kosmos transferiert. Es folgt die Eigenkomposition und damit natürlich der authentischste Song des Albums - ein Hard-Rocker der auch auf "Desolation Boulevard" oder "Off The Record" einen würdigen Platz gefunden hätte.
Die Strophen der ollen Yardbirds-Nummer "Shapes Of Things" klingen wie "Fox On The Run" auf Valium, allerdings passt hier der Original-Refrain überhaupt nicht - der Übergang ist echt gruselig. Sich an ein Monument wie Because The Night zu wagen, ist mutig, aber das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen; zumal der Song nun eindeutig nach Sweet klingt.
Eine 'New York Connection' ohne die Ramones und Lou Reed mit seinen Velvet Underground ist natürlich undenkbar. Also werden der "Blitzkrieg Bop" - hier gibt's ein freches Zitat aus "Ballroom Blitz" - und "Sweet Jane" erfrischend gecovert. "On Broadway" fällt nicht nur gegen diese beiden Nummern deutlich ab - etwas eintönig zieht man hier seine Bahnen. Auch "Join Together" überzeugt nur teilweise - das Original ist einfach eine ganz andere Hausnummer!
Einmal muss ich den Klugscheißermodus dann doch einschalten: Auf der Back-Side des Digipaks hat man doch tatsächlich die Tracks acht und neun vertauscht. In den Credits sind dafür zwei Songs mehr angegeben, als es dann letztendlich auf den Datenträger geschafft haben. Kann passieren - muss aber nicht.
Auf den überwiegend positiven Gesamteindruck hat dies allerdings wenig Auswirkungen. Wer auf den Sweet'schen Stampf-Rock der frühen siebziger Jahre steht, wird seine helle Freude an "New York Connection" haben.
Line-up:
Pete Lincoln (bass, lead vocals)
Andy Scott (guitars, lead vocals - #9)
Tony O'Hara (keyboards, lead vocals - #7)
Bruce Bisland (drums, lead vocals - #8)
Tracklist |
01:New York Groove (3:54)
02:Gold On The Ceiling (4:10)
03:All Moving Faster (3:42)
04:New York Connection (3:36)
05:Shapes Of Things (3:28)
06:You Spin Me Round (4:20)
07:Because The Night (4:00)
08:Blitzkrieg Bop (3:04)
09:Sweet Jane (4:12)
10:On Broadway (3:54)
11:Join Together (3:18)
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