Spielzeit: 41:48 Medium: CD Label: Tee Pee Records, 2014 Stil: Indie Rock, Psychedelic Rock Review vom 25.04.2014 Sarah Knapp

Es waren einmal vier erfolgreiche Musiker, die in ihren besten Tagen etwas Neues ausprobieren wollten. Sie alle hatten sich bereits in der Welt des Rock etabliert. Doch sie dachten, das ist nicht genug. Einer von ihnen fuhr los, auf eine Tour quer durchs Land und sammelte dabei nach und nach Freunde ein, die dann noch ein paar weitere Freunde fragten, ob sie bei einzelnen Songs mitmachen wollten. Und so wurde Sweet Apple geboren.

Die vier Helden, J Mascin, John Petkovic, Tim Parnin sowie der namensgebende Dave Sweetapple stammen aus Rock-Formationen wie Dinosaur Jr., Witch und Cobra Verde. 2009 entschlossen sie sich dann, eine neue Band zu gründen. Der Vorteil an der Geschichte: Sweet Apple hatte keinerlei Erfolgsdruck. Dadurch entstand ein Album, welches harmonisch, kreativ und entspannt ist und dennoch kräftig rockt. Sein Name ist "The Golden Age Of Glitter" und dieser ist Programm. Mit dem goldenen Zeitalter des Glitters meinen Sweet Apple die 50er bis 70er des letzten Jahrhunderts, vor allem in Amerika. Aus dieser Zeit stammt eine Musikrichtung, die die gesamte Popkultur verändert hat. Dabei durfte das gewisse Etwas, die Glitzerpartikel obendrauf, nie fehlen.

Schon das Coverdesign verspricht pure Sommerfrische. Eine nackte, aber recht gut zensierte junge Frau treibt mit geschlossenen Augen in einem Pool, in dem Blüten treiben - sowie, wenn man auf die Rückseite schaut, ein weißes Auto versenkt ist. Die Frau liegt ganz ruhig, der Wagen ist unversehrt, die Sonne scheint und im Wasser sind keine Wellen. Absolute Gelassenheit. Die vermittelt "The Golden Age Of Glitter" nahezu perfekt. Gleich der Opener "Wish You Could Stay (A Little Longer)" versprüht nichts als Urlaubsfeeling. Sonne scheint gleißend hell durch grüne Blätter, nicht ganz ohne Melancholie, denn immerhin handelt es sich um ein wehmütiges Vermissen. In "Reunion" feiert eine Horde jung gebliebener Seelen ihr Wiedersehen. Der Track ist waschechter Garagenrock, wie frisch von einer Schülerband. Jubelnde Stimmen vermitteln dem Hörer, da seien eine Menge Menschen, die der Band zujubeln, so als würden sie live auf der Wiedersehensparty spielen. Eine der Geschichten, die auf dieser Feier, wahrscheinlich ein Klassentreffen, erzählt werden könnte, ist die eines beliebten High School-Girls. Sie hatte "Boys In Her Fanclub", welche ihr am Ende genauso huldigen wie vorher sich selbst und der Band. Man fühlt die Aufregung der männlichen Fans an der harten, hektischen Melodie. Die Energie schäumt fast ein wenig über.

Ganz anders sind da die Lagerfeuersongs "Let's Take The Same Plane" und "You Made A Fool Out Of Me." Sie hören sich an wie spontan gespielt, sehr emotional, echt eben. "Another Desert Skyline" strahlt Hitze aus, dazu eine gewisse Bissigkeit. Es geht um ein Mädchen, das seinen Kerl an der Nase herumführt. Der Song führt uns raus in die flimmernde Hitze der Wüste. Schön psychedelisch wandert der Text über die staubigen Straßen, auf denen man sich höchstens ein paar Harleys vorstellen kann. "Troubled Sleep" hält mit einem phänomenalen Beat wach. In "We Are Ruins", das vielleicht etwas zu lang geraten ist, toben sich die Jungs mit allen möglichen Instrumenten aus in einem Instrumentalteil, der ein Inbegriff guter Indie-Musik ist. Schwachpunkt des Albums ist "I Surrender." Es ist schwer zu sagen, wieso, doch irgendwie passt die Stimme des Sängers nicht zum Song und auch sonst ist das Lied sehr monoton. Der Abschluss wird dann "Under The Liquor Sign" gefeiert. Mit einem Augenzwinkern erzählen Sweet Apple von Freunden, die sich gerne mal zu einem Schnaps mitten auf der Straße treffen, egal wann, egal wie.

Dann wird die Musik stumm. Man kann nun ausschalten oder ein neues Album einlegen. Oder das gesamte Ding nochmal von vorne durchlaufen lassen, um sich noch tiefer in den weiten Westen entführen zu lassen. Sweet Apple selbst sagten, "The Golden Age Of Glitter" sei an diversen Orten übers ganze Land verteilt entstanden. Das bedeutet, es gab viele Reisen. Flüge, Busfahrten, immer wieder Pausen zwischendrin und viel Zeit für Kreativität gepaart mit wunderschöner Nostalgie. Wer in besagter Zeit jung war, wird hibbelig sein vor lauter freudigen Gedanken an damals. Und wer jünger oder älter ist, wird sich wünschen, in dieser Goldenen Zeit des Glitzers jung, wild und frei gewesen zu sein. Sweet Apple haben ein schönes Werk geschaffen, das vielleicht nicht Geschichte schreiben wird, dafür aber viele schöne Geschichten beschreibt.

Line-up:
John Petkovic (vocals, guitar, clarinet, vuvuzela, percussion)
Dave Sweetapple (bass, percussion)
J Mascis (drums, lead guitar)
Tim Parnin (electric, acoustic and 12-string guitars, percussion)