Zwei Studioalben und ein Livealbum brachte die Progressive Jazz Rock-Formation Sweet Smoke in ihrer von 1967 bis 1975 währenden Schaffensphase hervor.
Auf den ersten Blick scheint dies eine magere Bilanz, werfen andere Bands binnen acht Jahren doch wesentlich mehr Veröffentlichungen auf den Markt. Dennoch haben Sweet Smoke ein Stück Musikgeschichte mitgeschrieben.
1967 ursprünglich in Brooklyn gegründet, blieben die musikalischen Aktivitäten von Sweet Smoke in den USA auf kleine überschaubare Konzerte reduziert. Das Hippie-Image und die damit verbundene Lebensauffassung der Bandmitglieder stand dem größeren Erfolg in den USA im Wege.
Daher siedelte die Band 1969 nach Europa über, um sich schließlich 1970 in Sulzheim (Unterfranken) niederzulassen. Freies Zusammenleben in einer Wohngemeinschaft war hier das Lebensmotto, quasi als Repräsentanten einer bereits verblassenden Hippie-Ära.
Die große Stärke von Sweet Smoke war schon immer ihre Live-Performance mit ausgedehnten komplexen Improvisationen. Dabei versammelten sich teilweise bis zu 15 Musiker auf der Bühne. Freunde, Gäste, Mitbewohner - jeder leistete dabei seinen musikalischen Beitrag.
Da das deutsche Publikum für deren Musik weitaus empfänglicher war, erarbeiteten sich Sweet Smoke auf etlichen Festivals und Konzerten sehr schnell eine große Fangemeinde. Nun war es auch an der Zeit, bei Harvest Records eine erste LP aufzunehmen.
"Just A Poke" nennt sich diese Debüt-Schallplatte und sie ist ganz klar gegliedert. Ein Lied auf der ersten Seite ("Baby Night"), 16:34 Minuten lang, ein Lied auf der zweiten Seite ("Silly Sally"), ebenfalls 16:34 Minuten lang.
Was 38 Jahre nach dem Erscheinen von "Just A Poke" eher befremdlich scheint, war damals nichts ungewöhnliches. Lange Improvisationen fanden immer wieder ihren Weg von der Bühne ins Studio. So ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass sich ein Song über eine komplette LP-Seite erstreckt.
"Baby Night" wird zu Beginn durch Michael Paris' markantes Flötenspiel dominiert, welches teilweise sogar Erinnerungen an Jethro Tull wachruft. Nach einem streckenweise fast meditativen Auftakt mit deutlichen Folk-Einflüssen steigert sich die Nummer schließlich in eine Mischung aus deftigen Funk- und Jazz Rock-Gitarrenpassagen, die das Stück beständig vorwärts treiben. Immer wieder wird das Tempo dann herausgenommen, damit sich Flöte und Gesang wieder zum Eingangsthema von "Baby Night" zusammenfinden, bevor es in die nächste druckvolle Improvisation geht.
Auch bei "Silly Sally" bilden sehr rhythmische Jazz Rock-Akkorde die Improvisationsgrundlage, auf der sich schließlich das Saxofon, teilweise sogar mit Hall-Effekten, ausgiebig entfaltet. Langsam erfolgt der Übergang in ein Basssolo und dann kommt der für damalige Zeiten tontechnisch geradezu revolutionäre Part. Ein Schlagzeugsolo im Ping-Pong-Effekt. Hier wird Stereo üppig ausgereizt. Die einzelnen Trommeln wandern gegenläufig zwischen dem linken und rechten Kanal hin und her, streckenweise wird der Klang mit einem Phaser so verfremdet, dass man fast den Eindruck gewinnt, eine U-Bahn rausche durch den Tunnel, respektive durch das Wohnzimmer.
Auf diesen Klanghammer folgt eine Percussion-Improvisation, bis wieder zum Ausgangsthema zurückgekehrt wird und erneut das Saxofon in den Vordergrund tritt und den Song mit weiteren Improvisationen langsam zum Abschluss führt.
Auch wenn ich persönlich mit Jazz Rock eher wenig anfangen kann, zählt für mich "Just A Poke" zu den ganz großen Meilensteinen der modernen Musik. Nach fast 40 Jahren strahlt dieses Album immer noch eine Mischung aus zeitloser Faszination und höchstem Klangerlebnis aus.
1973 veröffentlichte Sweet Smoke das zweite Studioalbum, "Darkness To Light". Kurz vor der Auflösung der Band erschien 1974 die Live-LP "Sweet Smoke Live". Danach kehrte Stille ein, die nur im Jahre 1999 mit einer einmaligen Reunion durchbrochen wurde.
Seit 2006 bietet sich die Gelegenheit, "Baby Night" und "Silly Sally" auf der MySpace-Webseite von Sweet Smoke anzuhören. Das kann allerdings nur einen gedämpften Eindruck der Wucht dieser Musik vermitteln, da sich der diese Lieder nur auf einer HiFi-Anlage vollends entfalten können.
EMI Electrola vereinigte im Jahr 2000 die beiden Studioalben "Just A Poke" und "Darkness To Light" gemeinsam auf einer CD als 'remastered version'. Wenn man ein klein bisschen sucht, kann man auch heute noch zum Schnäppchenpreis fündig werden und schon steht dem ausgiebigen Hörgenuss nichts mehr im Wege.
Line-up:
Andrew Dershin (bass, percussion)
Jay Dorfman (drums, percussion)
Marvin Kaminovitz (lead guitar, vocals)
Michael Paris (tenor saxophone, Alto Recorder, vocals, percussion)
Steve Rosenstein (rythm guitar, vocals)
Tracklist |
A-Seite:
01:Baby Night
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B-Seite:
02:Silly Sally
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Externe Links:
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