Spielzeit: 56:24 Medium: CD Label: Mack Avenue, 2015 Stil: Symphonic Jazz Review vom 02.11.2015 Wolfgang Giese

Symphonic Jazz - ein Begriff, der nicht unbedingt mit der Synthese von Klassik und Jazz im Sinne der Lehre von Gunther Schuller steht, sondern weiter zurückliegt. Der amerikanische Komponist Schuller initiierte zu Beginn der 1950er Jahre eine Musikrichtung, die die europäische Neue Musik mit dem Modern Jazz verbinden sollte. So soll der amerikanische Bandleader Paul Whiteman bereits in den zwanziger Jahren den Begriff 'Symphonic Jazz' geprägt haben.
Das siebenundsechzigköpfige Symphonic Jazz Orchestra führt seit 2001 diese Tradition fort. Das Ensemble setzt sich aus hochwertigen Studiomusikern aus Hollywood zusammen. Hinzu kommen bei den drei Werken auf dieser Platte jeweils weitere zusätzliche Garanten für zu erwartenden erstklassigen Sound.

Das erste Werk, "Dark Wood: Bass Concerto For McBride", ist dem Bassisten Christian McBride gewidmet. Er tritt auch als Solist in Erscheinung und es wurde von George Duke eigens für ihn komponiert. Weiter geht es mit einer symphonischen Reise des Gitarristen Lee Ritenour, "Symphonic Captain's Journey". Und zum Schluss dann ein Klassiker von George Gershwin aus dem Jahre 1924, die "Rhapsody In Blue".

"Phase One" - majestätisch gleitet die Musik voller schwirrender Streichinstrumente verträumt dahin. McBride stellt seinen elastisch gezupften Upright Bass inmitten dessen gekonnt zur Schau und zelebriert ein sehr elegantes, virtuoses Solo. Er setzt jedoch auch den gestrichenen Bass als Klangkörper ein. "Phase Two" startet geringfügig lebhafter und die Bläsersektion setzt druckvolle Akzente. Mitten im Stück geht die Band kurz in den Swingmodus über - sehr viel Abwechslung bietet diese Zurschaustellung kompositorischen und spielerischen Könnens, auch die Qualität des Arrangements zeigt sich auf imposante Weise. In der "Phase Three" wird der Atmosphäre besonderes Flair eingehaucht. Das Stück lebt vom Einsatz des elektrischen Basses und wirkt dadurch moderner und im letzten Teil der Suite wird ein sattes Bigband-Arrangement aufgefahren und wieder setzt McBride seinen knurrenden und knackigen E-Bass ein. Es geht ein wenig in Richtung des Kollegen Stanley Clarke. Dazu schiebt das Ensemble das eine oder andere rockende Element ein, so ist dieser Teil der wuchtigste der vier.

Solist und Komponist der zweiten kurzen, zweiteiligen Suite ist der Gitarrist Lee Ritenour. Neben romantischen Pianoklängen, einer klar und akzentuiert gespielten Gitarre, verbunden mit dezent groovendem Funk, gibt es im zweiten Teil, dem "Storm", noch ein kurzes Schlagzeugsolo. Letztlich hat diese Minisuite sicher einen direkteren Zugang zur Mehrzahl der Hörer, denn hier ist das Fusion-Element präsenter.

Nun zu George Gershwin. Eine neue Variante dieser berühmten Rhapsodie entführt uns in eine aufregende Welt der Musik, bei der Jazzklänge der zwanziger Jahre genauso Eingang fanden wie wuchtige Anklänge an klassische Musik. Der Schwerpunkt liegt im Soloeinsatz des Pianos, hervorragend und mitreißend von Bill Cunliffe bewerkstelligt. Da man sich weitgehend an die Originalversion gehalten hat, gibt es nicht sehr viele Brückenschläge zum Jazz der Neuzeit, das Arrangement beinhaltet jedoch kleine Freiheiten bei der Gestaltung der Rhythmusparts, so dass fast unbemerkt doch eine gewisse Modernisierung stattfand. Der feierlich klingende Teil drei der Rhapsodie hinterlässt romantische Eindrücke und das angenehme Gefühl zurück, etwas Besonderes erlebt zu haben.

Line-up:
Symphonic Jazz Orchestra
Mitch Glickman (musical director)

Guest musicians:
Christian McBride (bass - #1-6)
John Beasley (piano - #1-4)
Marvin Smith (drums - #1-4)
Lee Ritenour (guitar - #5, 6)
Dave Grusin (piano - #5, 6)
Chris Coleman (drums - #5, 6)
Bill Cunliffe (piano - #7-9)
Robert Hurst (bass -#7-9)
Peter Erskine (drums - #7-9)