Tobias Schoessler, Jahrgang 1973, ist studierter klassischer Musiker und beherrscht die Komposition als auch die Improvisation. So können hier Jazz und E-Musik zueinander finden.
Zwei viel gelobte und in den Medien positiv wahrgenommene Solo-CDs hat er bisher veröffentlicht: "Zwischen den Tasten" (2005) und "Rand-Erscheinungen" (2008). Auf der neuen CD präsentiert uns der Musiker seine Kompositionen nun im Gruppenkontext und geht damit einen Schritt weiter.
Der Schüler von Peter Kowald, Klaus Wallmeier, erfahren in freier Improvisation , zwei Musiker aus klassischem Umfeld, sowie ein Posaunist sind dabei.
Zusammen schufen sie ein ungewöhnliches, neu klingendes Gesamtwerk. Klänge, die auszugsweise auch von einem Gamelan-Orchester gespielten Werk stammen könnten, werden kombiniert mit harten Pianoanschlägen, die so klar aus den Boxen springen, als würde man dem Klavier direkt gegenüber sitzen.
Die Perkussion beinhaltet auch das Schlagzeug, und nach etwa drei Minuten des ersten Stückes meine ich mitten in einer Produktion der siebziger Jahre des Münchener Labels ECM gelandet zu sein.
Genau diese teils entrückten Momente, wenn Keith Jarrett zusammen mit dem norwegischen Ausnahmedrummer Jon Christensen musizierte, werden präsent.
Ganz anders verhält es sich mit "More Doors". Ja, in der Tat, hier wird eine weitere Tür geöffnet! Hier zeigt er sich als Wanderer zwischen den Welten. Zum Jazz gesellen sich nun Avantgarde und E-Musik. Atonalität scheint sich häppchenweise breit zu machen, man meint, die Streicher streichen gegen den Strich und liefern sich ein Gefecht mit dem Piano, währenddessen der Schlagzeuger zu schlichten versucht.
Doch sind es nur vermeintliche Gegensätze, die aufeinanderprallen. Tatsächlich verschmelzen die Positionen letztlich. Das eine oder andere Mal meine ich das Penguin Cafe Orchestra anklingen zu hören. Das ist reizvolle Musik mit Ecken und Kanten, die zum Mitmachen auffordert. Ja, man staunt, wie man angetrieben wird, diesem Auf und Ab, diesem An- und Abschwellen der Töne zu folgen.
Solche 'Herausforderungen' sind es, die für mich Musik auch sehr interessant machen.
So gibt es also verschiedene Elemente, die sich zur 'Kernschmelze' anbieten, und das immer wieder in verschiedenen Kombinationen, so mit einem zusätzlichen Einsatz einer Posaune.
Damit ich es nur nicht vergesse: Spätestens beim vierten Stück sehe ich mich mit Fug und Recht dazu berufen, dem Schlagzeuger und Perkussionisten Wallmeier mein uneingeschränktes Lob auszusprechen - ist er doch ein Musiker, der sehr wandlungsfähig ist und zeigt, wie er verschiedene Stile unterstützen und zusammenhalten kann.
Bei dieser Musik ist es nicht einfach, sie objektiv zu beschreiben, denn ich denke, sie muss individuell ansprechen (oder auch nicht). Jedoch sind es meine subjektiven Empfindungen, die darauf schließen lassen, dass Jede/Jeder sich fallen und die Töne frei fließen lassen sollte. Genau dann wird die Entscheidung eine schnelle sein können: Daumen rauf oder runter, Polarisierung scheint angesagt.
Aber nicht, dass das hier 'verkopft' klänge, eher ist das Musik mit Energie und Leidenschaft, voller Gegensätze, zwischen verträumter Harmonie und entfesselter Wildheit.
Jedenfalls habe ich mit dieser Produktion etwas entdeckt, was mich hoffen lässt. Hoffen darauf, dass es noch Innovation gibt, darauf, dass Jazz noch nicht ganz tot ist und etwas, das mir zeigt, dass Musik doch noch für Überraschungen gut sein kann!
Und wenn das denn auch noch in einem solch brillanten Klangbild präsentiert wird, kann man mehr als zufrieden sein…
Line-up:
Tobias Schössler (piano)
Klaus Wallmeier (percussion)
Benjamin Sommer (violin)
Michael Coßen (cello)
Frederik Jennen (trombone)
Tracklist |
01:A Trip (6:56)
02:More Doors (4:07)
03:Counterpoints-Voices (2:23)
04:The Moon-Sitting In The Window (4:05)
05:Song In The Corner 1 (3:24)
06:The Sun - The Catastrophies Have Their Illumination (2:53)
07:To Say A (7:06)
08:Illusions - An Image (3:00)
09:Funky Dog (2:17)
10:No Beginning (3:07)
11:Climbing (4:29)
12:Song In The Corner 2 (2:28)
13:Flying Things (1:31)
14:Counterpoints Z (3:19)
15:Ending (2:36)
16:Improvisation Z (2:53)
17:Steps (3.24)
(all compositions by Tobias Schoessler)
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