Die eigentlich eher für ihre Hard Rock- und Metal-Produktionen bekannte Hannoveraner Plattenfirma SPV bringt seit geraumer Zeit über das angeschlossene Yellow Label hierzulande relativ unbekannte Country-Klassiker der interessierten Hörerschaft näher. Bei der vorliegenden CD hat man die beiden erfolgreichsten Alben von Aaron Tippin, "Read Between The Lines" (1992) und "Call Of The Wind" (1993), auf einen Tonträger gebannt. Auch wenn sich der in Florida ansässige Sänger als »hardest working man in Country Music« bezeichnet, ist er hierzulande über die Country-Szene hinaus weitgehend unbekannt. Das sollte sich schnellstens ändern, denn dieser Silberling hier hat's durchaus in sich...
Die ersten zehn Songs der vorliegenden Scheiblette stammen aus
Tippins Zweitwerk "Read Between The Lines" - die zehn weiteren sind dem Nachfolger "Call Of The Wild" entliehen. Obwohl der Publikumserfolg eine andere Sprache spricht, gefallen mir die Songs von "Call Of The Wild", das statt Platin- (wie "Read Between...") nur Gold-Status erreichte, deutlich besser. Der bekannte Szene-Produzent
Scott Hendricks (
Faith Hill,
Blake Shelton,
Brooks & Dunn) hat eine sehr rockige Note eingebracht, die die gesamte Produktion deutlich pfeffrig-feuriger macht!!
Bei den Songs von "Read Between The Lines" geht
Aaron Tippin erstmal auf Nummer sicher - wer will das bei einem zweiten Album schon verdenken. So liegt das Gewicht auf den typischen Schmalz-Schnulzen, die aber vor allem Dank des Einsatzes von Pedal Steel und Fiddle recht stimmungsvoll rüberkommen. Weder mit dem Nummer-Eins-Hit "There Ain't Nothin' Wrong With The Radio" noch mit den anderen Singles, "My Blue Angel" und I Was Born With A Broken Heart", geht
Tippin das geringste Risiko ein. Die Nummern sind wie geschaffen für das Country-Radio. Herausragend sind vor allem der Titelsong, der auch als
Charlie Daniels-Nummer problemlos durchgegangen wäre und der Country-Feger "I Miss Misbehavin'", der mit irrer Fiddle und wildem Honkytonk-Piano im Turbo durchs Gelände brettert, wissen zu gefallen.
Tippins ziemlich nasaler Bariton klingt zwar etwas 'schnarrend' aber keinesfalls unangenehm - auch hier regiert der Country-Mainstream.
Mit dem dritten Album "Call Of The Wild", eineinhalb Jahre später erschienen, bedient Aaron Tippin auch weiterhin das Stereotyp vom 'Working Class Hero' - hier allerdings lockerer und vor allem 'bissiger'. Das Songwriting - Tippin zeichnet durchgehend als Co-Autor verantwortlich - ist wesentlich rockiger, noch deutlich stärker als der Vorgänger an Charlie Daniels orientiert. Als Paradebeispiel hierfür mag der Riesenhit "Workin' Man Ph. D." herhalten, auch wenn der Text (mal wieder) vor Klischees nur so trieft. Aber welchen Country-Fan juckt so was ernsthaft? Neun 'Kopfnicker' und 'Fußstampfer' werden diesmal nur von einer Schnulze ("I Promised You The World") unterbrochen und stellen die perfekte Good Time Music, die adäquate Highway-Mucke (am besten in einem fetten Pick-up serviert) dar.