John Taylor / Requiem For A Dreamer
Requiem For A Dreamer Spielzeit: 46:33
Medium: CD
Label: Cam jazz, 2011
Stil: Jazz

Review vom 30.09.2011


Wolfgang Giese
Ein Requiem für einen Träumer, das klingt nach ruhiger und beschaulicher Musik. So ist es aber nicht nur. Wie der am 25.09.1942 geborene Taylor angibt, habe er sich inspirieren lassen von den Novellen des amerikanischen Schriftstellers Kurt Vonnegut.
Melancholische Grundstimmung vom Klavier und dazu das Sopransaxofon mit klagend wirkendem Einsatz, so startet unsere Hör- und Erlebnisreise. Nach knapp zwei Minuten gesellt sich die Rhythmussektion hinzu, der Song schwebt nun in einer Balance zwischen Romantik und Verklärtheit, die anfängliche Melancholie beibehaltend. Aber schließlich mit einem ganz speziellen Ausdruck von Schönheit und Wohlklang, allerdings nicht ein solcher, der oberflächlich wirkt, sondern tiefgehender Wohlklang.
Titel Zwei wird durch ein Basssolo eingeleitet, um alsbald an Tempo zuzulegen. Ein verspieltes Ambiente eröffnet sich uns im Zwiegespräch zwischen Klavier und Saxofon, aber auch Bass und Schlagzeug haben etwas zu sagen.
Julian Argueelles am Saxofon ist ein Glücksfall hinsichtlich seiner Besetzung für diese Musik. Trotz des Namens, der auf ein anderes Land schließen lassen könnte, ist auch er Brite und hatte unter anderem in den Bands von Carla Bley und Michael Gibbs Erfahrungen sammeln können.
Die Musik ist ruhig und beschaulich und erinnert mich teilweise an ECM-Veröffentlichungen der siebziger Jahre, gelegentlich auch an jene von Keith Jarrett. Cam Jazz könnte zu einer ernsthaften Konkurrenz für das Münchener Label werden! Oft mit treibendem Schlagzeug, punktgenau auf die Becken konzentriert, erweckt Martin France mitunter Assoziationen an Jon Christensen, der ja schon als 'ECM-Hausdrummer' tituliert wurde.
Die Musik wechselt von ruhigen und beschaulichen Momenten bis hin zu schnelleren Titeln, zum Beispiel dem energischen "Calypso 53", und immer wieder hat man das Gefühl, dass sich Bilder zu entwickeln scheinen. Mit bunter Palette und geschicktem Pinselstrich entstehen treibende, expressive und impressionistische Klanggemälde.
Die Musiker agieren traumwandlerisch miteinander und stellen ihre offensichtliche Empathie füreinander klar zur Schau.
Der Saxofonist glänzt häufig mit lyrischen Momenten und ich kann ihn nicht lobend genug erwähnen. Erst im letzten Titel legt er noch mal so richtig frech los und spielt mit rauem und kratzendem Klang, wie es einst unter anderem im Kansas City der dreissiger Jahre zu hören war. Doch eingebettet ist dieser leicht röhrende Sound in eine sanft dahinschwebende Atmosphäre, ein Abschlußtitel, der Lust auf mehr macht. Das ist kammermusikalischer Jazz par excellence!
Taylor kann für sich beanspruchen in der britischen Jazzgeschichte schon reichlich Erfahrungen gesammelt zu haben, sei es in den Sechzigern als Partner von John Surman oder später die berühmte Zusammenarbeit mit Norma Winstone und Kenny Wheeler als Formation Azimuth. Diese vielen Einflüsse haben ihm sicher dabei geholfen, heute zu den prägenden Musikern zu zählen. Sein Pianospiel zeichnet sich gleichermaßen durch Rhythmik und Dynamik aus, dabei immer feinste Harmonien versprühend.
Line-up:
John Taylor (piano)
Julian Argüelles (tenor sax, soprano sax)
Palle Danielsson (double bass)
Martin France (drums)
Tracklist
01:Requiem For A Dreamer (4:01)
02:Somebody I Used To Be (8:31)
03:Ice 9 (7:54)
04:Unstuck In Time (7:14)
05:So It Goes (7:59)
06:Calypso 53 (5:51)
07:Requiem 2 (4:59)
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