Der Auftritt von Mick Taylor & Band im Rahmen des vom WDR veranstalteten Crossroads-Festivals am 28. März 2009 war offenbar für den Plattenladen meines Vertrauens - Mr. Music in Bonn - Anlass genug, im Vorfeld der Veranstaltung quasi als 'Appetizer' eine der letzten unter dem Namen Mick Taylor Band veröffentlichten Scheiben massiv zu bewerben. Und so sprang mir in der Bluesecke im Untergeschoss von Mr. Music insbesondere der Titel eines altbekannten Bluessongs, aufgedruckt auf einem im Vergleich zur abgebildeten Gitarre überdimensionierten Plektrum, von mehreren im Regal platzierten schlichten Digi-Packs massiv ins Auge.
Warum denke ich, wenn ich den Namen Mick Taylor höre, zu allererst an die Rolling Stones? Natürlich, weil Mick immerhin sechs Jahre Mitglied der Stones war, was allerdings im Verhältnis zu seinem Alter, aber auch zum Alter der Band nur eine relativ kurze Phase darstellt. Aber auch deshalb, weil die Musikkarriere Mick Taylors außerhalb der Stones von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet geblieben ist, sieht man davon ab, dass er auch nach dem Ausstieg bei den Stones noch auf einigen ihrer Alben mitgespielt hat. So enthält selbst das bei rororo erschienene "Rock-Lexikon" - anders als für die meisten anderen Bandmitglieder der Stones - kein eigenständiges Kapitel über Taylor. Auch als Songschreiber hat sich Mick Taylor nicht unbedingt hervorgetan.
Bekannt ist natürlich, dass er vor seinem Einstieg bei den Stones als Nachfolger von Brian Jones bei John Mayall's Bluesbreakers Nachfolger von Peter Green gewesen war, also seine Wurzeln stets im Blues hatte. Vorliegend wird die Assoziation Mick Taylor = Rolling Stones auch noch durch den Titel der CD (und dem gleichnamigen darauf enthaltenen Track) verstärkt: "Little Red Rooster", ein von Willie Dixon komponierter und von Howlin' Wolf im Jahr 1962 erstmals veröffentlichter Bluessong wurde im Jahre 1964 von den Stones gecovert und erreichte als einziger Bluessong bislang die Spitzenposition der Britischen Charts. Honi soît qui mal y pense!
So jedenfalls war auch mein Interesse geweckt, und ich schaute mir die Scheibe etwas näher an. Viel Informationen enthält das Album nicht: Kein Booklet, nur die Titel- und Laufzeit-Angaben zu den Tracks und die Namen der mitwirkenden Musiker, immerhin Noel Redding(Ex- Jimi Hendrix Experience) am Viersaiter, an der Sechssaitigen und mit Gesang sowie John Coghlan (bis 1981 bei Status Quo) an den Fellen. Daraus wird aber bereits deutlich, dass es sich nicht um aktuelles Material handeln kann, das auf der Scheibe veröffentlicht ist, da Noel Redding bereits seit dem Jahre 2003 tot ist. Bestätigt wird dies durch den Hinweis »Recorded live in Hungary, 2001«. Es handelt sich also um den Auftritt der Mick Taylor Band auf dem 9. Gastroblues Festival am 7. Juli 2001 in Paks in Ungarn. Von diesem Auftritt gab es bereits eine Bootleg-CD: "Live 2001 Soundboard". Ansonsten war bislang lediglich der letzte Track, "I Wonder Why" auf dem nach dem Festival erschienenen Sampler - zumindest in Ungarn - veröffentlicht worden.
Bei welchen Stücken Noel Redding den Bass und womöglicherweise die Gitarre bedient hat, ist nicht ganz sicher. Es gibt Informationen, wonach er nur beim ersten Track Bass gespielt haben soll; für die übrigen Songs wird danach Andy Cleveland als Bassman genannt. Es würde mich allerdings wundern, wenn Noel Redding insbesondere den zweiten Track, "Red House", nicht mitgespielt haben sollte; immerhin eine alte Hendrix-Komposition (auch diese Titelangabe sprang mir sofort ins Auge, denn hiervon besitze ich auf einer alten Bootleg-Scheibe, "Sky High", einer spontanen Jam-Session von Jimi Hendrix, Jim Morrision (!), Noel Redding und Mitch Mitchell aus dem Jahre 1970 eine entsprechende Aufnahme). Nun, sei's drum: Entscheidend ist, was hinten (aus den Boxen) rauskommt!
Jedenfalls habe ich nach einer kurzen Hörprobe bei Mr. Music - insbesondere auch im Hinblick auf einen äußerst günstigen Preis (bei Amazon wird die Scheibe aktuell zum dreieinhalbfachen (!) Preis angeboten) - ohne Zögern zugegriffen und mir das kleine Schätzchen mit nach Hause genommen. Ein - aus meiner Sicht nach wie vor - nettes Gimmick am Rande ist die Tatsache, dass die CD zumindest auf der Rückseite wie eine alte LP gestaltet ist. Allerdings ist dies insbesondere im Blues-Bereich keine wirkliche Rarität mehr, wo Ruf Records sogar ganze CDs in schwarz presst.
Nur fünf Tracks - davon sollte man sich allerdings nicht abschrecken lassen. Bei allen Stücken handelt es sich um regelrechte 'Longplayer'; der kürzeste Track hat bereits eine Spielzeit von knapp neun Minuten, so dass sich die Gesamtspielzeit auf akzeptable 52:45 erstreckt. Die mangelnden Songwriter-Qualitäten Taylors kommen hier nicht zum Tragen; es handelt sich durchgängig um Fremdkompositionen.
Den Anfang macht der mit einer Spielzeit von über 14 Minuten längste Track "Catfish Blues", eine altes Blues-Traditional. Er beginnt ganz klassisch, indem Mick Taylor nach einer kurzen Begrüßung (die Erstveröffentlichung des Konzertauftritts enthält angabegemäß sogar einen eigenen Track: "Intro") quasi ouvertürenhaft einige Riffs anspielt. Die Rhythmussektion ist in dieser Phase nur vereinzelt zu hören; Coghlan streichelt nur vereinzelt sein Blech, und die Snare schnarrt lediglich aufgrund von Vibrationen. Auch Noel Redding probt nur vereinzelt seine Einsätze. Erst nach gut zwei Minuten geht es - wenn auch durchgängig sehr bedächtig - los: Die Rhythmusabteilung gibt den soliden Background, ohne jedoch im weiteren Verlauf solistisch in den Vordergrund zu treten. Die Solo-Gitarre Mick Taylors begleitet den Solo-Gesang Mick Taylors - oder ist es umgekehrt? Mehrfach unterbricht Taylor jedoch sein Gitarren/Gesang-Duett durch kompetente Soli, ohne allerdings ein Feuerwerk flinker Finger zu entfachen; im Grunde genommen aber eine wohltuende Darbietung seines unbestreitbaren Könnens.
Und dann? Dann hat man eigentlich schon alles gehört; jedenfalls kommt nichts wirklich Neues mehr. Auch die folgenden Nummern sind bedächtige Slow Blues-Stücke, solide dargeboten, jedoch wenig spektakulär präsentiert. Ein wenig beschleicht einen im weiteren Verlauf das Gefühl, dass die Mick Taylor Band lediglich ihre Auftrittsverpflichtung erfüllt; eine besondere Spielfreude, wie sie oftmals Live-Konzerten innewohnt, ist nicht erkennbar.
Nach "Red House", einer Jimi Hendrix-Komposition, folgt der Titeltrack "Little Red Rooster", von den Stones seinerzeit in der Vor- Taylor-Ära eingespielt. Doch auch hier zeigt Taylor, dass er den Song nicht zum ersten Mal spielt; routiniert spult er ihn herunter. Danach: "You Shook Me", eine Dixon/Lenoir-Komposition, mehr kann man auch dazu nicht sagen. Lediglich der letzte Track, "I Wonder Why", hebt sich ein wenig ab, aber auch nur dadurch, dass er mit erheblich mehr Tempo daher kommt; es scheint, als sei die Band endlich aufgewacht. Ansonsten kommt auch diese Nummer, die vor 15 Jahren bereits Gary Moore eingespielt hat, wenig spektakulär herüber.
»That's it... Good night«. Mit diesen Worten beendet Mick Taylor den Auftritt auf dem Gastroblues Festival. Das war's auch mit dem Review. Es liest sich im Nachhinein wenig positiv, doch so war es eigentlich nicht gemeint. Jeder Song für sich genommen ist ein schöner Blues-Song, solide eingespielt. Doch von einem Auftritt auf einem Blues-Festival erwartet man eigentlich etwas mehr Spielfreude, die einfach nicht rüberkommt. Wenn man die Scheibe - so wie ich - günstig erwerben kann, ist sie sicherlich keine Fehlinvestition, da jeder einzelne Track bereits den Preis wert ist, und sie damit ein Dokument Taylor'scher Qualitäten ist. Abschließend noch der Hinweis, dass die technische Qualität der Aufnahme einwandfrei ist; das Material entstammt offenbar offiziellen Quellen.
Der anlässlich der aktuellen Tour herausgegebene Pressetext führt u.a. aus: »2007 kam mit 'Little Red Rooster' (Recorded Live In Hungary) eine eigene Live-CD auf den Markt, die beweist, dass Konzerte von und mit Mick Taylor immer noch inspiriert und von hoher Virtuosität geprägt sind«. Meine Hoffnung allerdings ist, dass man von dieser CD nicht auf die aktuelle Tour schließen kann - nicht zuletzt deshalb, weil Mick Taylor mit komplett anderen Begleitern daherkommt.
Line-up:
Mick Taylor (guitar, vocals)
Noel Redding (guitar, bass, vocals)
John Coghlan (drums)
Tracklist |
01:Catfish Blues (14:14)
02:Red House (11:23)
03:Little Red Rooster (9:07)
04:You Shook Me (8:49)
05:I Wonder Why (9:01)
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