Mike Tramp, bekannt von der Hair-Metal-Legende White Lion, bastelt an Vergangenheitsbewältigung. Nach dem Split der Band gründete er Freak Of Nature, eine Live-Band par excellence, die allerdings nur knapp zwei Jahre Bestand hatte, und verzog sich eine Weile ins Land der Kängurus, wo er beschloss, nie wieder eine neue Band aus der Taufe zu heben.

Nach kurzem Verschnaufen nahm er seine erste Solo-Platte auf ("Capricorn") und tourte kreuz und quer durch die USA, wobei er sich nicht zu schade war, auch mal vor nur 60 Leuten aufzuteten. Als kleiner Höhepunkt wurde er als Opener für Lynyrd Skynyrd gebucht, wobei er ein umjubeltes, rein akustisches Set spielte.

1999 veröffentlichte er ein weiteres Album ("Remembering White Lion"), auf dem er neue Versionen von je drei Songs der vier White Lion Platten einspielte.
Die CD wurde dann glatt von seinem ehemaligen Label in einer Art geldgeilen Zwangshandlung als ein White Lion-Produkt auf den Markt geworfen. Er muss heute noch seinen Fans erklären, wo die Schuldigen für diesen Etikettenschwindel zu suchen sind.

Er trennte sich daraufhin enttäuscht von seinem Management und Label und wechselte zu "UlfTone", was uns nun "Recovering The Wasted Years" beschert, durchaus als Anspielung zu verstehen.
Von diesem rührigen Label in keinster Weise in seiner musikalischen Freiheit eingeengt, legt er wieder los, und wie!

Die Platte beginnt mit einem oszillierendem Ton der Hammond, der dann kurz von einem perfekt klingendem Schlagzeugstakkato abgelöst wird und schon ist man mitten im (Rock-)Geschehen Marke Mike Tramp, mal schweisstreibend, mal balladesk.

Geile Gitarren all over, eingängige Balladen, alles Formeln, die so falsch nicht sein können und so bedient er nicht nur den Rocker, sondern auch die mehr Empfindsamen unter den Musikfreaks.
Etliche Songs bleiben auf Anhieb im Ohr hängen und man merkt sofort, dass hier einer einfach nur ehrlich sein will. Handwerklich bewegt sich die CD auf sehr hohem Niveau mit viel Liebe zum Detail.

Das ist zwar alles nicht neu, aber knackige Riffs und ausgefeilte Melodien werden immer wieder gefragt sein.
Bleibt einzig abzuwarten, ob die Platte den Test der Zeit bestehen wird. Wie alte White Lion-Fans dazu stehen, ist natürlich auch so eine Sache. Die sollten aus ihrem Herzen keine Mördergrube machen und zuschlagen. Das könnte nämlich den Horizont mal etwas erweitern helfen...überhaupt hätte es die Platte verdient, ihren fairen Anteil an Airplay zu erfahren. Das ist in den USA durchaus nicht realitätsfremd, für die an guter Musik völlig verarmte Radiolandschaft in Deutschland sehe ich in diesem Punkt leider eher schwarz.

Mike Tramp wird die Platte auf einer Europatournee promoten, danach sind Konzerte in den USA geplant. "If there's a hole, we'll play it"; - und das machen ehemals so erfolgreiche Stars normalerweise recht ungern. Er hat halt einfach Spaß daran, live zu spielen und ein ordentliches Set abzuliefern.

Die Produktion ist erste Sahne, auch an den Reglern des Mischpultes weiß Tramp zu brillieren. Ganz hervorragendes Klangbild, das dazu animiert, den Lautstärkeregler immer etwas weiter nach rechts zu drehen.