Ronnie Lane ( R.I.P., ex- The Small Faces, ex- The Faces) hatte zu Pete Townshends erstem Solo-Album "Who Came First" als Gast seinen Song "Evolution" (vom ersten Album der Faces, dort allerdings mit "Stone" betitelt) beigesteuert. Nun, gute vier Jahre später war es Lane, der, mit
der Absicht ein Solo-Album aufzunehmen, ein Studio enterte und Townshend um
Unterstützung bat.
Townshend war »more than happy« seinem alten Kumpel auszuhelfen, rückte im Studio ein und was sich danach innerhalb kürzester Zeit ergab, veranlasste Lane seine Pläne umzuwerfen und statt seines Solo-Albums eine Produktion mit dem Namen der beiden ehemaligen Mods zu veröffentlichen. Selbst die
Kompositionen wurden brüderlich aufgeteilt und es gibt mit "Till The Rivers All Run Dry" auch noch einen Song aus fremder Feder.
Gute Neuigkeiten sprechen sich bekanntlich schnell rum und so ließ sich die englische Musikprominenz, wie z.B. Eric Clapton, Charlie Watts, Ian Stewart, John Entwistle, Mel Collins (Saxophon), Henry Spinetti (Drums), Boz Burrell (Bass - Bad Company) oder Rabbit Bundrick (Organ, ex- Free) nicht zweimal bitten, ihren Teil zu "Rough Mix" beizutragen. Und diese 'raue Mischung' aus zwei hervorragenden Songschreibern und einem Studio voller Spitzenmusiker produzierte dann ein ganz starkes Album, das völlig zu Unrecht über die Jahre doch sehr in Vergessenheit geraten war.
Vorausgeschickt sei schon mal, dass der Sound dieser remasterten De Luxe Edition stark verbessert zum Orginal-Album daherkommt und eigentlich keine Wünsche offen lässt. Wie auch die Pete Townshend-Solo-Alben in wunderschönem Digi-Pack mit sehr informativem Booklet, hier mit einem Begleittext von (räusper) Heinz Rudolf Kunze.
Track Nr. eins ist Pete Townshends "My Baby Gives It Away", ein Mid-Tempo Rocker mit Charlie Watts am Schlagzeug. Klasse Song ohne Schnörkel und starker Gitarrenarbeit. Bei Ronnie Lanes "Nowhere To Run" schrammt dieser bei den ersten zwei Zeilen der Strophen jeweils nur haarscharf an The Kinks' "Death Of A Clown" vorbei, reisst das Ruder aber dann doch wieder rum und macht es zu einem typischen Lane-Folk-Rocker, unterstützt von der starken Harmonika von Peter Hope Evans.
Bei dem Song "Rough Mix" taucht dann erstmals Eric Clapton an der Lead-Gitarre auf, während Rabbit Bundrick eine geile Orgel beisteuert und Henry Spinetti die Felle verdrischt. Ein Instrumental, das nie langweilig wird. Nach diesem Adrenalinstoß holt uns 'Laney' dann mit "Annie", einer schönen Folk-Ballade wieder runter und Charlie Hart verzaubert mit seiner Violine, während Eric Clapton und Gallagher (nein, ist nicht Rory) & Lyle
die Gitarren bedienen.
Danach wieder Pete Townshend mit seinem catchigen und Single-würdigen "Keep
Me Turning". Klasse Song und sicherlich auch für The Who vorstellbar. Oh, oh, oh, und dann kommt unser Ronnie Lane, genauso wie wir ihn lieben.
"Catmelody" ist ein Uptempo Folk-Rocker mit einem Gesangs- und Melodiestil, wie ich ihn eigentlich nur von dem kleinen Londoner kenne. Einmal mehr mit Charlie Watts an den Drums, Ian Stewart mit seiner unnachahmlichen Art am Boogie Woogie Piano und Mel Collins am Saxophon erledigt den Rest. Definitiv eines der besten Stücke des Albums.
Ich könnte wetten, dass "Misunderstood" mit einem breiten Grinsen geschrieben und aufgenommen wurde. Townshend kommt hier fast in Reggae-Nähe, Peter Hope Evans glänzt erneut auf der Harmonika und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, als würde man sowohl die Reggae-Welle, als auch den Punk Rock textlich böse auf die Schippe nehmen. Man kann die Protagonisten fast in sich hineinkichern sehen, während sie sich den fertigen Song anhören.
Lanes "April Fool" bringt uns Eric Clapton an der Dobro für eine weitere
spitzenmäßige Folk-Ballade, bevor zwei Townshend-Songs die Eigenkompositionen abschließen. "Street In The City" sind Momentaufnahmen, geschildert von einem aufmerksamen Beobachter, unterstützt von Akustik-Gitarre und kleinem Orchester. Sehr eindrucksvoll und atmosphärisch. Man wähnt sich fast am Fester eines Hauses dieser Straße.
Bei "Heart To Hang On" wirkt dann erstmalig John Entwistle mit. Gemäß Townshend / Lane-typischem Humor bedient er jedoch nicht den Bass (hier ist Boz Burrell aktiv), sondern kümmert sich um die Brass. Rabbit Bundrick am Fender Rhodes Piano und Henry Spinetti veredeln den einzigen Song des Albums, auf dem sich die beiden Protagonisten den Gesang teilen. Mit Eric Clapton an der Dobro und John Entwistles Vocal Help beschliesst "Till The Rivers All Run Dry" etwas Country-sentimental das ganz starke Orginal-Album.
Als Bonus gibt es noch zwei Songs von Lane und einen von Townshend ("Good Question"), die aus den Album-Sessions stammen, die Qualität halten können, aber noch 'unfertig' oder instrumental sind.
"Rough Mix" ist definitiv auch so eine vergessene Perle aus den 70er Jahren, ein ganz starkes Album und definitiv mein Lieblingswerk von Pete Townshend außerhalb von The Who. 8,5 dicke RockTimes-Zeiger!!!
Spielzeit: 53:25 Min, Medium: CD, SPV, 2006 (1977), Rock
1:My Baby Gives It Away 2:Nowhere To Run 3:Rough Mix 4:Annie 5:Keep Me Turning 6:Catmelody 7:Misunderstood 8:April Fool 9:Street In The City 10:Heart To Hang Onto 11:Till The Rivers All Run Dry
Bonus Tracks: 12:Only You 13:Good Question (Instrumental) 14:Silly Little Man (Rehearsal)
Markus Kerren, 22.07.2006
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