Pete Townshend, der Prototyp des wütenden, unangepassten, rebellischen und fast allem widersprechenden Zwanzigjährigen im England der Mitt-60er Jahre, hatte seinen Weg zur Spiritualität gefunden. Ende 1967 wurde ihm durch einen Freund Avatar Meher Baba vorgestellt und diese Begegnung veränderte Petes Leben gewaltig.
Meher Baba tauchte zuerst auf dem Cover der Rock-Oper "Tommy" auf. In der Zeit bis zum nächsten Studio-Album "Who's Next" war Pete an zwei Tribute-Alben für seinen Guru beteiligt. Und als seine Plattenfirma dies ausschlachten wollte, entschied der The Who-Mastermind, doch lieber gleich eine ganz neue Platte zu Ehren und im Geiste seines Meisters aufzunehmen.
Soweit zum Grund für dieses erste Solo-Album, das Pete eigentlich nie im Sinn hatte. Niemals ein Mann von halben Sachen, nahm Pete den Begriff 'Solo' sehr wörtlich und bis auf ganz wenige Ausnahmen ("Evolution" und "Forever's No Time At All") hat er sprichwörtlich alle Instrumente und den Gesang selbst auf Band gebracht.
"Evolution" ist ein Gastbeitrag von Ronnie Lane (ex- The Small Faces, damals noch bei The Faces), der ebenfalls Baba-Anhänger war. Lane übernahm die Akustik-Gitarre und den Gesang des Songs (der bereits zuvor mit dem Titel "Stone" auf dem Faces-Album "First Step" veröffentlicht wurde) und wertete "Who Came First" damit absolut auf.
Und bei dem Song "Forever's No Time At All" ist Pete kurioserweise überhaupt nicht mit von der Partie. Billy Nicholls (und jetzt ratet mal, welchen Guru der anbetete) war mit Akustik-Gitarre und Gesang vertreten, während Caleb Quays sich um den Rest der Instrumente 'kümmerte'. Starker Folk-Pop Song, bei dem Nicholls anders, aber fast so hoch wie Pete singt.
Ansonsten gibt es mit "Pure & Easy" und "Let's See Action" zwei Songs des, eigentlich als
"Tommy"-Nachfolger geplanten, Projektes "Lifehouse". Beide klasse, keine Frage. "Time Is Passing", ebenso wie der Großteil des Albums akustisch eingespielt, ist ein wunderschönes Lied, das u.a. wegen des tollen Gesangs Beachtung verdient. Eines der Glanzstücke von "Who Came First".
"Heartache" ist Petes Version eines Country-Hits aus dem Jahr 1964. Durchaus gut in Szene gesetzt, aber nicht so stark wie "Time Is Passing". Bei "Sheraton Gibson" geht es um einen dieser Tage während einer endlos erscheinenden Tour, an dem man sich einfach nur wünscht, dem verhassten Hotelzimmer zu entkommen und daheim zu sein (»"I'm sittin' in the Sheraton Gibson, playin' my Gibson, and boy, do I wanna go home"«).
Sowohl "Content" als auch "Parvardigar" sind dann wieder ganz eng mit Meher Baba (der Anfang 1969 starb und die letzten 44 Jahre seines Lebens kein Wort mehr sprach, sondern nur noch schriftlich kommunizierte) verbunden.
Die Bonus-Tracks stammen, bis auf wenige Ausnahmen, von den vorher bereits erwähnten Baba Meher-Tribute-Alben. Auch hier erleben wir Pete vornehmlich auf der Akustik-Gitarre und mit starkem Songwriting.
Wir dürfen uns wieder mal über Townshend-Qualitätsarbeit freuen, selbst wenn diese Scheibe mehr mit Meher Baba, als mit The Who zu tun hat. Qualitätsarbeit auch beim schönen Digi-Pack, den ausführlichen Liner-Notes, sowie dem Abdruck der Texte des Original-Albums. Und die neun Bonustracks, gepaart mit dem stark verbesserten Sound dieser Deluxe-Edition, tun ihr Übriges.
Absolut lohnenswert!
Spielzeit: 53:25 Min, Medium: CD, SPV, 2006 (1972), Rock
1:Pure & Easy 2:Evolution 3:Forever's No Time At All 4:Let's See Action 5:Time Is
Passing 6:Heartache 7:Sheraton Gibson 8:Content 9:Parvardigar
Bonus-Tracks: 10:His Hands 11:The Seeker 12:Day Of Silence 13:Sleeping Dog 14:The Love Man 15:Lantern Cabin 16:Mary Jane 17:I Always Say 18:Begin The Beguine
Markus Kerren, 22.07.2006
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