Mann oh Mann, es ist eine Schande, dass ein Musiker wie Robbin Thompson sein Dasein in der Schattenwelt des Musikbusiness fristen muss. Ein weiterer Beweis für die Gnadenlosigkeit der Musikwelt, in der zumeist weniger die Qualität eines Produktes zählt, dafür ungleich mehr sein Vermarktungspotenzial. Dem Internet sei Dank gibt es nun endlich Plattformen, die solchen Könnern wie Robbin Thompson, aus den halbdunklen Nischen gezogen, eine Plattform bieten können.
Wir reden hier immerhin von einem begnadeten Sänger, der mit einem gewissen Bruce Springsteen gemeinsam bei Steel Mill die Bühne teilte. Dort kam er im August 1970 unter, nachdem er zuvor mit seiner Band Transcontinental Mercy Flight diese oftmals supportet hatte. Während die gesamte Stahlmühle bei der späteren E Street Band unterkam, war für den Lead-Sänger bei Springsteen kein Platz, was nicht bedeutet, dass man nicht freundschaftlich eng verbunden geblieben wäre.
1976 kam das in Kritikerkreisen vielbeachtete Debütalbum Thompsons heraus, das ihm mit "Boy From Boston" sogar einen kleinen Hit bescherte. Nach einem gemeinsamen Album mit Steve Bassett ("Together", 1980) kam 1980 "Two B's Please" heraus, das mit "Sweet Virginia Breeze" die spätere inoffizielle Hymne seiner Wahlheimat Virgina wurde.
Das hier zu besprechende "Live At The National", im Januar 2010 in der Hauptstadt Richmond aufgezeichnet, beinhaltet ausschließlich Songs dieser drei Alben.
Robbin Thompson stellte sich mit seinen insgesamt zehn Longplayern stilistisch sehr breit auf: Von AOR, Pop, Folk Rock und dem was man heute mit dem (dämlichen) Begriff 'Americana' umschreibt, war eigentlich alles Uramerikanische vertreten. Zuletzt zeigte er seine Singer/Songwriter-Ambitionen, aber davon ist bei dem vorliegendem Live-Mitschnitt nichts zu hören. Hier ist treibender Rock in Seger- und Springsteen'scher Manier zu hören, eindeutig AOR-Orientiertes perlt angenehm aus den Boxen. Sehr häufig werden Soul- und Gospel-Elemente, gelegentlich auch 'blaue Töne', eingestreut.
Bis zum Platzen hat man den Datenträger, der »weil ihr alle uns daran erinnert und danach gefragt habt« entstanden ist, gefüllt - unterhaltsamste 75 Minuten kann ich versprechen!
Mit einem ganzen Block aus dem 1976er Debüt startet "Live At The National": "Dream On Melinda" hätte seinem berühmten Kumpel bestens zu Gesicht gestanden. "Boy From Boston" ist der einzige Americana-angehauchte Song, der begeistert vom Publikum aufgenommen wird. Im Sandwich dazwischen ist der wohl ungewöhnlichste Titel des Albums, "Highway 101", platziert, der in seiner jazzigen Anlage auch eines Lee Ritenour würdig gewesen wäre. Eine gelungene Überraschung!
Bluesig-angehaucht geht es mit "Trainride" weiter, bevor mit dem monumentalen Longtrack "Another Day Another Dollar" der zwischenzeitliche Höhepunkt erreicht wird. Dieser beginnt im Stil eines Graham Nash-Songs (irgendetwas erinnert an The Crow On The Cradle) um sich dann in einen cremigen, deutlich an AOR-orientiertem Rocker zu steigern. Ein Hammer-Song!!
Ein harter Break: Mit "Moving On Up" wird eine Gospel-Messe zelebriert - ach was, abgefeiert. Wer für die Chöre verantwortlich ist (es hört sich verdammt 'schwarz' an), ist den Infos auf der CD nicht zu entnehmen. Und dann folgt der Song, der - auf vielfachen Wunsch der Einwohner Virginias - die offizielle Staatshymne "Carry Me Back To Old Virginny" ablösen sollte. Eine soulige Nummer, die in ihrer Intensität vom Paul Carrack-Klassiker "Rock'n'Roll Singer" noch übertroffen wird.
Mit dem Doppelpack "Let It All Out" und "Even Cowgirls Get The Blues" wird der zweite Peak dieser Scheibe erreicht. Hier zeigt Robbin Thompson nicht nur sein hochkarätiges Geschick als Songschreiber, sondern läuft auch stimmlich zur Höchstform auf. Aus seiner exzellenten Band ragen einmal mehr der einfühlsame Lead-Gitarrist Velpo Robertson und der akzentuiert spielende Keyboarder Eric Heiberg heraus. Und noch lange ist kein Ende in Sicht... eine weitere gute Viertelstunde wartet noch.
"Live At The National" ist ein echtes Sahneschnittchen, dass sich kein Freund nordamerikanischer Rockmusik, kein Fan von Bob Seger oder des Boss' entgehen lassen sollte. Wenn die epische Klasse-Nummer "Bright Eyes" verklungen ist, will sich Enttäuschung breit machen, aber es hätte wahrlich kein Ton mehr auf diese CD gepasst!
Die Soundqualität ist formidabel - einzig das spärliche Cover ohne Booklet ist ein Wermutstropfen in diesem ansonsten großartigen Gesamtbild - was mal wieder der Tatsache geschuldet scheint, dass kein potentes Label dahintersteht.
Robbin Thompson hätte es wirklich verdient, einem größeren Publikum bekannt gemacht zu werden. Eine Chance bietet sich - neben dieser Scheibe - während dessen Tour im April, deren Termine ihr in unseren Tourterminen findet.
Line-up:
Robbin Thompson (vocals, guitar, harp)
Velpo Robertson (lead guitar)
Eric Heiberg (keyboards)
Audie Stanley (bass)
Bobby 'Rico' Antonelli (drums)
Tracklist |
01:Dream On Melinda (3:30)
02:Highway 101 (6:55)
03:Boy From Boston (3:51)
04:Trainride (4:15)
05:Another Day Another Dollar (11:01)
06:Movin' On Up (5:26)
07:Sweet Virginia Breeze (4:32)
08:Rock'n'Roll Singer (5:17)
09:Candyapple Red (4:12)
10:Let It All Out (6:38)
11:Even Cowgirls Get The Blues (5:24)
12:Barroom Romance (3:21)
13:All Alone In The Endzone (4:39)
14:Bright Eyes (8:05)
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Externe Links:
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