Was für eine Entscheidung mag da getroffen worden sein (engl.: made up mind), war mein spontaner Gedanke, als kürzlich der Titel des zweiten Albums des Ehepaares Susan Tedeschi und Derek Trucks bekannt wurde. Vielleicht das Ende der Derek Trucks Band, bei der seit drei Jahren Funkstille herrscht? Die Konzentration auf die sensationell einschlagende Tedeschi Trucks Band?? Keine Ahnung, diese Spekulationen könnte wohl nur ein Interview mit den Beiden, zu dem es hoffentlich bald kommen mag, klären...
Vielleicht könnte der Albumtitel aber auch auf eine stilistische Weiterentwicklung hindeuten. Revelator war viel tiefer in der Richtung verortet, aus der Susan Tedeschi kommt: dem Blues. Die Tedeschi Trucks Band geht einen beherzten, entschlossenen Schritt weiter, öffnet sich weit dem Soul und R&B. Der Soundtrack von Musikmetropolen wie Chicago und Memphis, gemixt mit der Leichtigkeit des Lebensgefühls von New Orleans und einem Hauch des legendären Muscle Shoals-Feelings - das macht "Made Up Mind" aus.
Das Ensemble hinter den beiden Namensgebern ist weitgehend das gleiche wie auf dem Vorgänger. Einzig der Ausnahmebassist Oteil Burbridge fehlt beim Studium des Line-up schmerzlich. Aber keine Sorge: Die vier 'Aushilfen' machen einen exzellenten Job!
Susan Tedeschi (sprich: Tedeski - im Ital. die Deutsche) präsentiert sich mit dem elfteiligen Songzyklus in einer stimmlichen Form, wie ich sie bislang nicht wahrgenommen hatte. Die Dame hat sich in den letzten Jahren offenbar gewaltig gesteigert - die dazugewonnene Intensität ihrer Stimme hat etwas von der jungen Bonnie Raitt, und das will wirklich etwas heißen! Sie konzentriert sich mit "Mind Up Mind" auf das Wesentliche, ihre Stimme. Bis auf zwei Songs überlässt sie alle Gitarrenparts ihrem Mann bzw. solch prominenten Gastmusikern wie Doyle Bramhall II, der sich zudem als Co-Autor betätigte. Wieder eine Entscheidung - erneut eine gute!
Derek Trucks ist als Gitarrist mal wieder - wer hätte ernsthaft etwas anderes erwartet - eine Klasse für sich. Regelmäßig platzte mir noch vor zehn Jahren der Kragen, wenn Derek Trucks als strunzlangweiliges Riesenbaby diffamiert wurde. Die Spötter von damals sind mittlerweile verstummt. Im besseren Fall hat der 'Langweiler' sie eines Besseren belehrt - im schlechteren nimmt sie keiner mehr Ernst!
Ich hatte meine 'Erweckung' bei einem der ersten Deutschlandkonzerte des großen, blonden Schweigers, im Herbst 2007 in der halbvollen Saarbrücker Garage. Es war beeindruckend zu erleben, mit welchen minimalistischen Mitteln Trucks für sensationell große Sounds sorgt: Ein kleiner Fender Reverb-Kofferamp, keine Effektgeräte, dafür gelegentlich ein Bottleneck - fertig. Für alles Weitere nutzt er seine zehn Finger (ohne Plektrum, natürlich), den Volume-Regler und die Einstellung seiner Tonabnehmer. Und so lässt der junge Meister auch auf "Made Up Mind" seine Gitarre wieder in den höchsten Tönen singen, heulen, klagen, meinetwegen auch 'frohlocken', niemals riffen, stattdessen häufig einer Sitar gleich wimmern. Töne, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen. Eben genau die, die Gitarrengötter einem Stück Edelholz entlocken können...
Der Titelsong wird gleich zum Beginn gebracht und setzt mit fröhlich vorwärtsgaloppierenden Trucks-Licks schon gleich ein erstes Ausrufezeichen. Ungewöhnlicherweise werden dann sofort zwei Balladen nachgelegt: "Do I Look Worried", eine glutvolle Blues-Variante - "Idle Wind" (wer denkt da nicht sofort an die ABB?) entführt eher in die schwülen Sümpfe der Südstaaten. Eine fette Breitseite der Bläser lässt das soulige "Misunderstood" bis an den Siedepunkt hochkochen. Die Single "Part Of Me", ein wahrer R&B-Hochkaräter, glänzt nicht nur durch die Falsettstimme des Posaunisten Saunders Sermons, der sich mit Tedeschi ein hinreißenden 'Dütt' liefert. Nein, die Nummer hat einen Drive, der nicht nur eine hohe Chartplatzierung garantieren sollte, sondern auch für einen weiteren Grammy-Staubfänger gut sein könnte. Das ist R&B, von dem sich diese ganzen austauschbaren, plaste-kurvigen Hüpfdohlen mal 'ne ordentliche Bemme abschneiden könnten!!
"Whiskey Legs" entpuppt sich als pumpender, raubeiniger Southern-Rocker - ein Song der vom Naturell natürlich für meiner einer maßgeschneidert ist! Auch bei der folgenden, herzerweichenden Ballade "It's So Heavy" lässt die Muscle Shoals-Crew wieder fett grüßen. "Sweet And Low" ist ebenfalls so ein Tränendrüsen-Drücker, diesmal klingt's aber eher nach Chicago...
Und dann kommt der Hammer schlechthin: Bei "The Storm" packt Derek Trucks das einzige Mal die ganz dicke Jam-Keule aus. Die solistischen Duelle zwischen ihm und Kofi Burbridge sind eine wahre Götterspeise der Haute cuisine des Jam Rock. Da so ein Killer nicht mehr getoppt werden kann, geleitet "Calling Out To You", eine stille akustische Zwiesprache unter Eheleuten, den Hörer aus einer saustarken Platte heraus...
"Make Up Mind" ist zugänglicher als der Grammy-dekorierte Vorgänger "Revelation", der seinen großen Reiz aus dem etwas spröden, distinguierten, sich erst allmählich öffnenden Charme bezogen hatte. Die Songs des neuen Albums sind allesamt sofort präsent, gehen zumeist direkt und intravenös ins Blut.
Susan Tedeschi und Derek Trucks sind sich näher gekommen. Menschlich war das bei dem Paar sicher nicht nötig, aber sein Jam Rock und ihr Blues sind verschmolzen und haben etwas Neues, sehr R&B-Lastiges hervorgebracht. Zwischen die Mannen ihrer, auf jedem einzelnen Posten exzellent besetzten, Band passt nicht mal das sprichwörtliche Blatt Papier. Hier agiert keine Begleitband von Susan Tedschi und Derek Trucks sondern die festgefügte Tedeschi Trucks Band, die mit "Make Up Mind" gleich drei Stufen auf der Erfolgsleiter nach oben nimmt.
Kann man sich 'blind' zulegen - ein echter Pflichtkauf und das sollte, um auf die Eingangsfrage zurückzukommen, eine gute Entscheidung sein!!
Line-up:
Susan Tedeschi (vocals, guitar)
Derek Trucks (guitar)
Kofi Burbridge (keyboards, flute)
Tyler Greenwell (drums, percussion)
J.J. Johnson (drums, percussion)
Mike Mattison (harmony vocals)
Mark Rivers (harmony vocals)
Kebbi Williams (saxophone)
Maurice Brown (trumpet)
Saunders Sermons (trombone, harmony vocals)
Additional Musicians:
Pino Palladino (bass - #1,8-10)
Dave Monsey (bass - #2,5)
Bakithi Kumalo (bass, percussion - #3,4)
George Reiff (bass - #7)
John Leventhal (add. guitar - #2)
Eric Krasno (add. guitar - #4,8,10)
Doyle Bramhall II (add. guitar - #6,9)
Tracklist |
01:Made Up Mind (3:56)
02:Do I Look Worried (4:38)
03:Idle Wind (5:12)
04:Misunderstood (5:43)
05:Part Of Me (4:07)
06:Whiskey Legs (4:13)
07:It's So Heavy (4:57)
08:All That I Need (5:14)
09:Sweet And Low (5:05)
10:The Storm (6:36)
11:Calling Out To You (3:46)
|
|
Externe Links:
|