"Live And Dangerous", Thin Lizzys neuntes Album ist ja eigentlich ein Studioalbum. Bis auf “Audience” und “Downeys Drums” wurde der Rest im Studio "neu eingespielt".
Aber der Reihe nach.
Aus unzähligen Tapes mit Liveaufnahmen von Konzerten rund um den Globus wurden die Songs ausgewählt. Geplant war, im Studio einige Vocals zu ersetzen. Nun, dabei blieb es nicht. Der komplette Gesang wurde neu eingespielt und wenn man genau hinhört merkt man, daß Phil lead und backing-vocals gleichzeitig singt.
Da der Gesang nun perfekt war, probierte man auch den Baß neu einzuspielen und er wurde satter und damit beibehalten.
Scott Gorham (der eigentlich nach England kam um bei Supertramp anzuheuern. Die meinten allerdings, keinen neuen Gitarristen zu brauchen!) und Brian Robertson wollten ihren Part natürlich auch verbessern und so geschah es dann auch.
Lediglich Drummer Brian Downey war mit seinen Aufnahmen zufrieden und neben den Publikumsgeräuschen sind die Drums somit die einzigen authentischen Livetöne auf diesem Livealbum.
“Southbound” übrigens, ist die Version des Soundchecks aus Philadelphia, ergänzt durch die Audience Aufnahmen aus diesem Konzert. Es fanden sich nämlich keine brauchbaren Takes auf den Bändern. Wir wissen also nicht, wie diese Scheibe im Original geklungen hätte, aber was soll's: Es zählt das Ergebnis und nicht umsonst bekam "Live And Dangerous" Platin und erreichte Platz 2 in den britischen Charts.
Es ist auch das "All time UK best selling live album".
Mehr Infos über die "Studionachbearbeitung" gibt es auf Tony Visconti'sHomepage (siehe Linkblock)
Auch für mich ist diese Scheibe eine der besten, wenn nicht sogar Die beste Liveplatte überhaupt. Die markante, soulige Stimme Lynotts und die powervollen Zwillingsgitarren von Brian Robertson und Scott Gorham treiben dermaßen voran, daß man automatisch die Luftgitarre auspacken muss.
Da wie oben erwähnt die Aufnahmen aus vielen verschiedenen Konzerten stammen, befindet sich auch keine einzige schwache Nummer auf "Live And Dangerous". Ich müsste allerdings überlegen, ob sich eine solche überhaupt im Repertoire der Band befindet.
"But so far, they've yet to give us an album upon which future rockers will build" schrieb John Milward im “Rolling Stone”, 9/21/78. Und recht hat er.
Den Stil der Songs zu beschreiben hieße Eulen nach Athen tragen. Aber ich will es trotzdem kurz tun.
Mächtig rockt der Opener “Jailbreak” aus den Boxen. Songs dieses Kalibers wechseln sich ab mit vertrackten Rhythmen, die man ansonsten bei Rockbands selten findet. Fast schon balladesk dann “Southbound” (dieser Song ist ein Soundcheck, so was kriegen viele nicht mal im Studio hin) und schließlich die obligatorische Ballade “Still in love with you”, die aber zu keiner Zeit das peinliche Niveau erreicht, das Rockballaden gerne anhaftet.
Die Gitarrenläufe in “Don't believe a word” haben auch heute, nach fast 25 Jahren, ihre Faszination noch nicht verloren. Ist wie mit gutem Rotwein: wird immer besser.
Nicht auszudenken was wäre, wenn diese 1970 gegründete irische Band nicht traurigerweise ihren Frontman Phil Lynott verloren hätte.
Denn "The boys are back in town" - leider ohne den am 4. Januar 1986 verstorbenen Phil.
Spielzeit: 76:27, Medium: CD, Warner Brothers, 1978
1:Jailbreak, 2:Emerald, 3:Southbound, 4:Rosalie, 5:Dancing In The Moonlight, 6:Massacre, 7:Still In Love With You, 8:Johnny The Fox Meets Jimmy The Weed, 9:Cowboy Song, 10:The Boys Are Back In Town, 11:Don't Believe A Word, 12:Warriors, 13:Are You Ready, 14:Suicide, 15:Sha La La, 16:Baby Drives Me Crazy, 17:The Rocker
Ulli Heiser, 05.02.2001
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