Tel Aviv, Norfolk, Wales, dynamische Holzohren und der Zauber des Debüts
Erinnert sich noch jemand an Oasis? "(What's The Story) Morning Glory?"? Brit Pop-Rock-Boom der 1990er?
Besagtes Machwerk hat bis heute weltweit rund 22 Millionen Einheiten abgesetzt, gilt allgemein als 'Meisterwerk' britischer Popkultur und ist ganz nebenbei eines der am schlechtesten klingenden CD-Beispiele, die dem Rezensenten jemals untergekommen sind: DR-Wert des Albums: 5! (= Abstand zwischen lautester und leisester Stelle des Albums)
Das war 1995 der Startschuss des 'War Of Loudness', der, sehr vereinfacht formuliert, besagt, dass alle Laustärkeanteile einer Aufnahme angeglichen werden, und zwar auf Maximalpegel. Spitzenpegel werden gekappt, leisere Anteile werden angehoben, so dass eine Nivellierung stattfindet, die dann ans obere Limit hochgefahren wird. Ergebnis? Null Dynamik, Klangbrei, laut aber kraftlos!
Warum die lange Vorrede?
Unter anderem war ein gewisser Nick Brine als Toningenieur in die Aufnahmen zu "(What's The Story) Morning Glory?" involviert, und während Oasis mittlerweile Geschichte sind, hat dieser Mann echte Karriere gemacht. Als 17-Jähriger sorgte er für den guten Ton bei den Stone Roses, ein Jahr später folgte der Oasis-Millionenseller, um dann, auch als Produzent, solche Leute wie The Darkness, Teenage Fanclub, Bruce Springsteen, Seasick Steve, Stereophonics, Super Furry Animals, Ash, Arctic Monkeys, The Union Jacks, KT Tunstall, Robbie Williams oder The Verve in seine Vita zu bekommen.
Vor fünf Jahren lancierte er zusammen mit dem Gitarristen von The Darkness ein großes Ton- und Aufnahmestudio namens 'Leeders Farm Studio' in Norfolk, wo er auch als Studiomanager tätig war, um jetzt in seiner walisischen Heimat zurück zu den Wurzeln zu gehen. Dort greift er jungen, unbekannten Musikern unter die Arme, unter anderem auch in den legendären Rockfield Studios (beispielsweise Rush, Oasis, Iggy Pop, Nigel Kennedy, Simple Minds, Queen, Dave Edmunds, Hawkwind, Budgie …), wo als 16-Jähriger 'Teaboy' seine Karriere begann.
Eine dieser jungen Bands ist Trademark und liegt dem weniger jungen Rezensenten zur Besprechung vor. Produziert, aufgenommen und gemixt von Nick Brine, eingespielt in den Leeders Farm Studios und gemixt in den Rockfield Studios.
Trademark sind vier Jungs aus Israel, die sich zunächst in einem renommierten Club in Tel Aviv ihre Meriten verdienten, bis dieser vor fünf Jahren die Pforten schloss. Der sich anschließende Wehrdienst bedeutete nicht das Ende der Band, stattdessen startete sie 2010 einen Trip in das Vereinigte Königreich, geriet wie auch immer an Nick Brine, nahm das jetzt erst zur Veröffentlichung anstehende Album "Future Analogue" innerhalb einer Woche auf und gewann Dan Hawkins, den The Darkness-Saitenschwinger, als einen ihrer größten Fans: »One of the best live bands I've seen in ages. Awesome!«
Und tatsächlich, der Band darf durchaus ein sehr ansprechender Powerrock attestiert werden, energetisch, catchy, frisch und lebendig, mit dem großen Pfund eines hervorragenden Songwritings wuchernd, welches wunderbar eingängige Melodik hervorzaubert. Als Anspieltipp sei hier "In Her Eyes" genannt, bereits seit zwei Jahren sozusagen als Single in der Tube zu genießen und mit absolutem Airplayalarm-Potential ausgestattet.
Es wird jederzeit der Spagat zwischen modernem 'Hüpfrock' und klassischer Rockkante bestens bewältigt, ohne eine gewisse Popattitüde ganz außer Acht zu lassen. Dabei klingt das Quartett, wen wundert es bei dem Mentor, very, very British, zwischen Beatles, Oasis, Coldplay und allgemeiner Alternative Rock-Färbung ist alles drin.
Lead-Gitarrist Roy Halevy streut einige kurze, aber heftige Salven ein, Rhythmusgitarrist Dan Naveh agiert nicht nur akzentuiert, treibend, sondern lässt auch im besten Britidiom die Kehle erklingen. Wer ist schon Liam Gallagher?
Die Rhythmusabteilung agiert sehr groovend, federnd, nie aufdringlich, immer songdienlich, wie überhaupt große instrumentale Ausflüge nicht auf der Speisekarte stehen. Alles wird relativ kurz und knackig auf den Punkt gebracht. Willkommende zusätzliche Farbtupfer setzt Gasttastenmann Daniel Ever Hadani auf die musikalische Leinwand.
Und was sagt Nick Brine dazu?
»Future Analogue is right up there with some of the great albums I've worked on.
Awesome debut - and great to work with.«
Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dass im Gegensatz zu "(What's The Story) Morning Glory?" (original audio mastering Barry Grint) diesmal jemand mit OHREN am Werk war (audio mastering Eric James):
DR-Wert 9
Line-up:
Dan Naveh (lead vocals, rhythm guitar)
Roy Halevy (backing vocals, lead guitar)
Yali Koren (backing vocals, bass)
Noam Greidy (drums)
Daniel Ever Hadani (piano, keyboards)
Nick Brine (additional vocals)
Tracklist |
01:Anywhere But Here (3:42)
02:God Knows (3:51)
03:In Her Eyes (4:22)
04:Sadly (3:28)
05:Future Analogue (4:46)
06:Here Comes The Summer (4:02)
07:I'm A Man (3:16)
08:Lonely Heart (3:51)
09:The Missing Groove (2:57)
10:1,2,3 (2:58)
11:Another Lullaby (3:23)
12:Wake Up (3:34)
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