Fünf Jahre und einige Besetzungswechsel sind seit dem letzten Album von Traumhaus, Die andere Seite, ins Land gegangen. Eine Schande, dass diese Band erst jetzt meinen Weg kreuzt, mir bis dato völlig unbekannt war. Das mir vorliegende dritte Erzeugnis aus den Tiefen des 'Traumhauses', "Das Geheimnis" betitelt, ist eine kernige und richtig packende Angelegenheit!
Erneut hat man mit den hier zu besprechenden Aufnahmen ein Konzeptalbum geschaffen, ganz in bester Neoprog-Tradition. Es handelt sich um eine Reise in das Unterbewusstsein, auf der uralten Suche nach Selbstverwirklichung, dem 'Schlüssel' menschlicher Existenz. Nicht nur die Art der (deutschen) Texte, sondern das gesamte musikalische Konstrukt, die Vielschichtigkeit und die melodischen Melodieführungen erinnern des Öfteren frappierend an Anyone's Daughter. Die Ähnlichkeit von Alexander Weylands Stimme zu der von Harald Bareth, die satten Mellotronklänge und zahlreichen Minimoog-Figuren und -Soli tun ein Übriges hinzu.
Für die Schlagzeug-Parts konnte man keinen Geringen als den Spock's Beard-Drummer Jimmy Keegan gewinnen, der den Hörer ein ums andere Mal förmlich um den Verstand trommelt. An dieser Stelle muss ich mal meinen Lederhut zücken. Es ist nämlich keinesfalls selbstverständlich, dass der etatmäßige Schlagwerker Stefan Hopf hier bereitwillig ins zweite Glied rückt und lediglich ein paar Schlagzeugschleifen beisteuert. Chapeau!
Mächtige Mellotronwände eröffnen den ersten Teil von "Das Geheimnis". Ein wirklich geheimnisvolles, ja merkwürdiges Stück, denn zeitweilig scheinen zwei unterschiedliche Aufnahmen 'übereinander gelegt' worden zu sein, was spannungsvolle Dissonanzen erzeugt. Paradestück ist das fast halbstündige "Das Vermächtnis", das sich mit verschiedenen Blickwinkeln auf eine egomanische Persönlichkeit auseinandersetzt. Hier werden von Traumhaus immer wieder Reminiszenzen an die frühen Werke ihrer Neoprog-Brüder im Geiste, Marillion, geweckt. Neben dem omnipräsenten Alexander Weyland führt hier das zwischen 'hochmelodisch' und 'bissig' agierende zweite Gründungsmitglied, Gitarrist Tobias Hampl, durch geschmeidig-elegante, vielschichtige Klangwelten.
Bei der sehr lyrischen, erneut mellotrongeschwängerten Ballade "Wohin der Wind dich weht" hat man erneut ein tolles Déjà-vu mit den vielfach verkannten Anyone's Daughter. Die Beobachtung, wie viele gnadenlose Kritiker (und Spötter) der Schwaben dieses kleine Kunstwerk goutieren werden, verspricht interessant zu werden. Bei "Frei" dagegen darf Hampl sogar mal Riverside-mäßig riffen, allerdings ist es das einzige Stück, das mich gesanglich (und textlich) nicht so recht überzeugen will. Beim abschließenden zweiten Teil des Titelstücks ist dann allerdings wieder alles im Lot. Sehr schön ist hier der Kontrast zwischen knurrig-bissigen Hammond-Attacken und zittrigen Synthesizersounds. Das vertrackte Riff unter der Strophe erinnert entfernt an das reichlich geniale "The Dam At Otter Creek" ( Live, 1994), das dann durch einen hochmelodischen Refrain praktisch konterkariert wird. In der Folge entlädt sich die Spannung in einem wunderbar epischen Finale, das sich sukzessiv ins Furiose steigert.
Insgesamt betrachtet steht das Werk im krassen Gegensatz zu dem, was das deprimierend-düstere Cover vermuten lassen mag. Musik und Texte erscheinen analytisch, lösungsorientiert und in der Grundstimmung eher optimistisch. Im Booklet sind die Texte in Deutsch und Englisch abgedruckt, so kann man nachdenklich eintauchen.
Für mich persönlich ist Traumhaus eine überaus erfreuliche Neuentdeckung im Bereich des Neoprog, der mich in letzter Zeit viel zu oft verzweifeln ließ. Wer sich im planetarischen Nebel von Genesis samt Konsorten und Epigonen zurechtfindet, sollte unbedingt mal ein Ohr riskieren!
Line-up:
Alexander Weyland (keyboards, vocals)
Tobias Hampl (guitars)
Sebastian Klein (bass)
Jimmy Keegan (drums)
Stefan Hopf (add. drum loops)
Tracklist |
01:Das Geheimnis, Teil 1 (4:29)
02:Das Vermächtnis (27:26)
03:Wohin der Wind dich trägt (6:30)
04:Frei (5:36)
05:Das Geheimnis, Teil 2 (13:25)
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