Tremeloes
Silence Is Golden - The Very Best Of The Tremeloes
Silence Is Golden
Dass Schweigen manchmal mit Gold aufgewogen wird, ist heute ja keine Binsenweisheit mehr, aber dass ein wenig Ausgelassenheit bzw. gedrungene Fröhlichkeit in dieses Zeiten heilsam wirkt, müsste man an willigen menschlichen Probanden mit der passenden Musiktherapie einmal ausprobieren.
Gerade jetzt, wo sich irdische Bevölkerungsschichten vermehrt dem materiellen Siechtum unterwerfen oder sich in andere Zivilisationszwänge drängen lassen, wäre es an der Zeit vielleicht mal wieder die nostalgische Pop- und Rockmusik für sich zu entdecken.
Eben diese Musik die noch nicht alles musikalisch schwarz-weiß malte, sondern schlichtweg grelle poppige Melodien kreierte, die auch den hartgesottensten Rocker zum Fingerschnipsen animierte.
Die Nostalgie ist immer noch eine relativ neue Erscheinungsform, das viele Wissenschaftler als Nebenwirkung der Ängste vor Industrialisierung und Modernisierung sehen.
Die Sechziger Generation neigt nun einmal dazu, sich schützend vor Dinge zu stellen, deren Bedeutung sie in ihrer Jugend als Glaubenssätze für sich angenommen haben, auch wenn ihre Jugend inzwischen längst hinter ihnen liegt.
Als Arbeiterkinder im englischen Liverpool am Ende der Fünfziger Jahre daran gingen, sich mit Elektrogitarren den Weg aus dem Slumelend zu bahnen und mit ihrer so genannten Beatmusik den entscheidenden zweiten Schritt zum Rock beschritten, wusste man noch nichts über deren spätere Tragweite. Somit wurden sie deshalb anfangs auch noch von der Schallplattenindustrie und von Radiomonopol ignoriert.
Erst als sich der Deckel des Dampfkessels nach dem Erfolg der Beatles hob, war die neue proletarische Musiktradition gefestigt, waren sowohl der Stil als auch die Musiker ausgereift. Von mehreren hundert aktiven Beatkapellen wurde sozusagen die Spreu vom Weizen getrennt.
Eine davon gründete sich Ende der Fünfziger in der Grafschaft Essex, als Begleitcombo des Buddy Holly-Imitators Brian Poole, um sich zunächst auf das bloße Nachspielen von Rock'n Roll Standards zu beschränken.
Poole, Alan Howard (b), Alan D. Blakley (g), David Charles Munden (dr), Brain Scott (g) und der neue Leadgitarrist Richard Ch. Westwood wechselten schließlich 1961 endgültig ins Profilager und unterschrieben beim Decca-Label. Brain Poole And The Tremeloes verschmolzen ihren leichtgewichtigen Beat mit Rock 'n' Roll und zuckersüßen Harmoniegesang zu einem naiven Bubblegum-Pop-Gebräu. Nachdem die ersten Single-Veröffentlichungen genauso floppten wie das mit Rock 'n' Roll-Covers bestückte Debüt "Big Hits Of 62", rettete selbige die Beatles-Hysterie, so dass ihre Single "Twist And Shout" (Original: Isley Brothers) in den Top Ten der britischen Charts landeten.
Diesen Erfolg konnte die Truppe mit "Do You Love Me" (Original: Contours) (1963/UK Platz 1) und "I Can Dance" (63/Uk Platz 31) sowie dem Album "Twist And Shout With Brain Poole And The Tremeloes" noch ausbauen.
Die nächsten beiden Jahre setzten sie ihre Hit-Karriere fort, bis Poole sich im Januar 1966 von der Band trennte, um über ein kurzes erfolgloses Solo-Intermezzo, in den Elterlichen Metzgerbetrieb zurückzukehren. Kurz danach verließ auch Howard die Gruppe, die nun von Blakley, Westwood, Munden und Neuzugang Leonard Donald Stanley Hawkes (b, voc) (nach kurzem Gastspiel von Mick Clark) mit verkürztem Bandnamen weitermachten.
Nachdem 1966 die Singles "Blessed" (Original: Paul Simon) und "Good Day Sunshine" (Original: The Beatles), so ziemlich untergingen, schafften sie es dennoch unter Hinzunahme von Hawkes, mit ihrer dritten Single "Here Comes My Baby" (Original: Cat Stevens) den weltweiten Durchbruch.
»Damit wurde der Reigen naiver Fröhlichkeit eröffnet, mit "Silence Is Golden" (1967, US Platz 11/UK Platz 1/BRD Platz 8), "Even The Bad Times Are Good" (UK Platz 39), sowie den Langspielplatten "Here Comes The Tremeloes", "Chip,Dave,Alan And Rick" und "Even The Bad Times Are Good" präsentierten sie ihren Happy-Go-Lucky-Pop auf hohem kommerziellen Niveau.« (Rollinge Stone)
1968 tourten die Herren quasi um die Welt und hatten einige Chartnotierungen, mussten aber auch üblerweise Flops mit ihren Alben hinnehmen.
Nachdem diese 1969/70 mit den Singles "Hello World" (UK Platz 14) und "Me And My Life" (UK-Platz 4/BRD 6), sowie mit der Langspielplatte "My Little Lady" noch einmal an alte Erfolge anknüpfen konnten, konzentrierte sich ihr Schaffen ab 1971 nur noch auf die BRD, Niederlande und die Beneluxstaaten.
Da die beiden nachfolgenden, unter dem Pseudonym The Trems eingespielten Singles "Make It, Break It" und "Yo Cant Touch Sue" völlig untergingen bzw. die Musiker partout rockbetontes Material umsetzen wollten, verließ Westwood das Ensemble und wurde kurzum durch Bob Benham (g, ex-Dolphin) ersetzt.
Ihren ersten Versuch von den Pop Schmonzetten loszukommen bzw. komplexere Spieltechniken anzubringen, starteten die Tremeloes 1970 mit dem Album "Master", auf dem ausnahmslos Eigenkompositionen zu hören waren. Es folgten noch "Reach Out For The Tremeloes" (73) und "Shiner" (74), die vom Magazin SOUNDS als »Pop-Platten ohne Fehl und Tadel« betitelt wurden.
Die endgültige Emanzipation als Rockband vollzogen die Protagonisten erst 1975 mit dem Album "Dont Let The Music Die", und mit Aaron Wolley ( ex-Dolphin) an Stelle von Hawkes, welches durchweg gehobene Unterhaltung darbot.
Dieses kühne Unterfangen wurde aber durch Intoleranz ihrer Fans gänzlich untergraben, das ein Ende seines Laufes nahm.
Im Januar 1975 verblieb nach den Weggang von Blakley nur noch Dave Munden als einziges Originalmitglied der ursprünglichen Band, die sich fluchs um Vic Elmes (ex-Christie) erweiterte, zwei erfolglose Singles produzierte und sich schließlich nach einer Europatournee 1976 auflöste.
Erst 1978 kam es zu einem wenig beseelten Comeback mit Blakley, Munden, Westwood und Hawkes, die nach einigen erfolglosen Jahren, fortan ihre Aktivitäten als gern gesehene Gäste auf lukrativen Oldie-Veranstaltungen verlagerten bzw. ab und zu noch kleine Gastspiele in Europa absolvierten.
Mit fluktuierender Besetzung, spielten die Herren 1992 die Langspielplatte "All For One And One For All" ein, das mit »vokalen Poprock der Spitzenklasse« (Oldie Markt) aufwartete.
Alan David Blakley musste sich danach leider aus gesundheitlichen Gründen vom aktiven Tournee-Leben zurückziehen, bis er bedauerlicherweise am 1. Juli 1996 seinem Krebsleiden erlag.
Seitdem tingelt das übrig gebliebene Bandgerüst der Tremeloes, teilweise unterstützt von Brian Poole als Attraktion durch musikalische Veteranenveranstaltungen oder tauchen ab und an in diversen Nostalgie-TV-Shows auf, die nur allzu offensichtlich auf schnelle Vermarktung aufgekochter spätpubertärer Beatmusik und 'Love And Peace'-geschwängerter Hippiemugge setzt.
Damit möchte ich aber nicht den Anschein erwecken, dass diese großartige britische Rockkapelle zu einer abgetakelten Zirkusnummer verkommen ist, abgesehen vom Brötchenverdienen, haben solche gestandenen Musiker andere Beweggründe sich nicht aufs Altenteil zu begeben.
Der Rock 'n' Roll war und bleibt ihr Lebenselixier!
Nun bringt uns Castle Music erneut eine Zusammenstellung aus der kreativsten Schaffensepoche der Tremeloes in einer doppelten Silberlings-Edition ins heimische Archiv, die auf CD 1 ihre Hit-Singles zusammenfasst, und auf CD 2 ausschließlich Fremdkompositionen präsentiert, welche teilweise schon ans schlagerintolerante Hörergemüt kratzen. Interessant sind sicherlich bei solchen Veröffentlichungen immer die Liveergüsse , die meistens erst die wahren Qualitäten der Musiker offenbaren. Dass die Tremeloes immer hervorragende Handwerker ihrer Riege waren und bis zum heutigen Tag auch geblieben sind, ist zweifelsohne unbestritten.
So gibt es als kleines Bonbon zum Schluss ein Konzert-Potpourri aus dem Jahr 1969 zu hören.
Die Klangqualität des digital restaurierten Materials ist in Ordnung, obwohl ich bei einigen Titeln die Dynamik etwas vermisse.
Nun kann man über den Sinn und Zweck jeglicher Best Of-Veröffentlichungen streiten, zumal es in diesem Fall unüberschaubar geworden ist. Eins ist jedenfalls sicher, dass eben Selbige dafür sorgen, dass dieses musikalisch wertvolle Kulturgut den nachfolgenden Generationen nahe gebracht wird, und uns Nostalgikern erhalten bleibt.


Spielzeit: 71:37 (CD 1), 65:27 (CD 2), Medium: Do-CD, Castle Music, 2006, Rockpop
CD 1: 1:Good Day Sunshine (August 66/The Beatles) 2:Here Comes My Baby (Feb.67/US12/UK 4/BRD 14) 3:Silence Is Golden (67/US 11/UK 1/BRD 8) 4:Even The Bad Times Are Good (67/US 28/UK 4/BRD 18) 5:Be Mine (67/UK 39) 6:Suddenly You Love Me (68/US 53/UK 6/BRD 35) 7:Helule Helule (68/UK 14/BRD 20) 8:My Little Lady (68/UK 6/BRD 3) 9:I#m Gonna Try 10:I Shall Be Released (Bob Dylan,68/UK 29) 11:Hello World (69/UK 14) 12:Once On A Sunday Morning (69/NL 27) 13:(Call Me) Number One (69/UK 2/BRD 3) 14:By The Way (70/UK 35) 15.Me And My Life (70/UK 4/BRD 6) 16:Right Wheel, Left Hammer, Sham (71/BRD 31/NL 32) 17:Hello Buddy (71/UK 32/BRD 16/NL 38) 18:Too Late (To Be Saved) (71/BRD 33) 19:I Like It That Way (72/BRD 50/NL 9) 20:Blue Suede Tie (73/BRD 38) 21:Ride On (73/BRD 16) 22:Make It, Break It (The Trems,73) 23:You Can't Touch Sue (The Trems,73) 24:Do I Love You

CD 2 1:Twist And Shout (63/UK 4/BRD 19) 2:Do You Love Me (63/UK 1) 3:Run Baby Run (Back Into My Arms) (67) 4:Shake Hands (And Come Out Crying)(67) 5:Loving You Is Sweeter Than Ever (Orig:Four Tops/67) 6:Cool Jerk (67) 7:Too Many Fish In The Sea(Orig: The Marvelettes/67) 8:Every Little Bit Hurts (Orig:Brenda Holloway/67) 9:You Don't Know Like I Know (Orig:Sam & Dave/68) 10:Show Me (Joe Tex/68) 11:I Take What I Want (Sam & Dave/68) 12:Reach Out,I'll Be There (Four Tops/68) 13:Ain't Nothin But A Houseparty (69) 14:Every Day (69) 15:The Lion Sleeps Tonight (69) 16:Rag Doll (69) 17:Willie and The Hand Jive(69) 18:Alley Oop (69) 19:Peggy Sue (69) 20:Yellow River (70) 21:Words (F.R.David/83) 22:Angel Of The Morning (live) 23:Games People Play (live) 24:Proud Mary (live) (Juni 1969, Showboat-Manchester/Top Hat-Spennymoor)
Ingolf Schmock, 07.07.2006
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