Tritonus / Far In The Sky - Live At Stagge's Hotel 1977
Far In The Sky - Live At Stagge's Hotel 1977 Spielzeit: 78:12
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2015 (1977)
Stil: Prog Rock


Review vom 07.01.2016


Wolfgang Giese
Hier steht für mich zunächst der historische Charakter im Vordergrund, denn klanglich wird fürwahr keine Meisterleistung geboten, doch gelang die Restaurierung letztlich zufriedenstellend. Bleibt also noch die musikalische Qualität, die es zu ergründen gilt. Darüber hinaus sind viele Zuhörer offensichtlich reichhaltig darin aktiv, nicht zuzuhören, denn recht oft bemerkt man die seinerzeit bereits verbreitete Unsitte, persönlichen Gesprächen den Vorzug vor der Musik zu geben.
Stagge's Hotel, das war ein in der Nähe von Bremen, in Osterholz-Scharmbek gelegenes Haus, in dem eine Kneipe und ein darüber liegender Saal mit Disco- und Live-Veranstaltungen dafür sorgte, dass Jugendliche der Gegend ein zweites Zuhause fanden. Beim rührigen Label Sireena fanden bereits zwei dortige Konzerte Berücksichtigung, und zwar die der Bands Thirsty Moon sowie Mythos. Nun also Tritonus...
1972 wurde diese Formation von dem Keyboarder, Komponisten und Produzenten Peter Seiler gegründet. Orchestraler, konzertanter Rock auf der Basis klassischer Musik war die Idee, die dahinter stand. Angesichts der Besetzung mit Keyboards, Bass und Schlagzeug liegt natürlich nahe, dass dies in Richtung Emerson, Lake & Palmer gehen konnte. 1975 erschien auf dem Label BASF das Debütalbum "Tritonus", gefolgt vom zweiten Streich ein Jahr später, "Between The Universes". Dieses Konzert vom 14. Oktober 1977 zählte bereits zu den letzten Zügen der Band, die sich nach einer letzten Single-Veröffentlichung, etwa 1978, auflöste. Wie die genannten britischen Kollegen, orientierte man sich an Beispielen aus klassischer Musik; die Band selbst hatte bei ihrer ersten Platte auf den Komponisten Sibelius zurückgegriffen.
Musikalisch konnte Tritonus, so empfinde ich es jedenfalls, ELP nicht das Wasser reichen. Gleichwohl vermochte sie eine interessante Ausrichtung des Stils gestalten, von schlechter Qualität ist die Musik sicher nicht. Nur fehlt mir die gewisse Raffinesse. So dauert es bei "Gliding" beispielsweise recht lange, bevor man in Fahrt kommt. Doch dann, nach etwa fünf Minuten, geht die Post gut ab, sogar der mir ansonsten nicht unbedingt zusagende Schlagzeuger lockert sich hier und treibt relativ federnd das virtuose Orgelsolo kraftvoll an, unterstützt vom sicher agierenden Bassisten Schnapka. Der Moog auf "Escape And No Way Out" klingt relativ antiquiert, für damalige Zeiten sicher normal, und das Geblubber im Solo wirkt gar lustig auf mich. Hinsichtlich der Gesangsleistung bin ich bei der Beurteilung zwiegespalten. Einerseits fällt mir auf, dass Schnapka versucht, richtig gut auszusingen. Er erinnert mich mitunter an den ersten Shouter von Deep Purple , an Rod Evans. Andererseits fehlt ihm ein wenig die Fähigkeit des flüssigen und gestalterischen Gesangs.
Insgesamt betrachtet bietet die Show einige mitreißende Momente, aber auch eine Menge Leerlauf sowie wenig spannende Parts, die eher langweilend denn Aufmerksamkeit erheischend wirken - etwas, das möglicherweise die Redseligkeit des Publikums erklären könnte. Den Einsatz des Synthies halte ich für verfehlt, die Hammondorgel-Parts sind das wahre Kernstück dieser Musik. Das obligatorische Schlagzeugsolo beim letzten Song der Platte ist teilweise recht interessant gestaltet worden, verflacht jedoch nach gutem Start etwas, um aber zum Schluss wieder Fahrt aufzunehmen. Der Mann bewies sein Talent und aus ihm hätte ein Star werden können, oder ist er es geworden? Für Fans, Nostalgiker und Forscher ist das informative Booklet mit zwölf Seiten sicher eine Bereicherung.
Line-up:
Peter Seiler (Hammond organ, Moog synthesizer, string ensemble)
Rolf D. Schnapka (bass, vocals)
Arthur Weiss (drums)
Tracklist
01:Between The Universes 10:09)
02:Gliding (14:28)
03:Escape And No Way Out (10:43)
04:The Trojan Horse Race (14:29)
05:The Day Awakes (7:08)
06:The Day Works (6:16)
07:Far In The Sky (14:55)
[words: Seiler, music: Seiler/Brand, #5 words & music: Seiler]
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