Endlich: Nach fast zehnjähriger Pause meldet sich eine der besten und innovativsten Heavy Metal-Bands aller Zeiten zurück. Trouble wurden bereits 1979 von den beiden Gitarristen Rick Wartell und Bruce Franklin sowie Sänger Eric Wagner in Chicago gegründet. Die Truppe entwickelte schnell ihren eigenen, von Bands wie den frühen Black Sabbath und Judas Priest, inspirierten Stil. Sie kombinierten dabei schwere, schleppende Riffs mit melodischen zweistimmigen Gitarrenharmonien und einer an Led Zeppelins Robert Plant erinnernde Stimme auf eine sehr originelle Weise und kreierten zudem noch einen wahrlich magischen Gitarrensound.
1984 wurde Brian Slagel, Chef des 'Metal Blade'-Labels auf Trouble aufmerksam und ermöglichte ihnen einen Beitrag zum vierten "Metal Massacre"-Sampler beizusteuern.
Der Song "The Last Judgement" erhielt sehr gute Resonanzen, woraufhin Slagel der Band einen Plattenvertrag anbot. Trouble veröffentlichten mit "Psalm 9", "The Skull" und "Run To The Light" drei hervorragende Scheiben auf dem 'Metal Blade'-Label, die heute besonders in der Doom Metal-Szene einen großen Kultstatus besitzen. Nur leider war der Erfolg der Veröffentlichungen eher mäßig. Troubles eigenwilliger Stil lag damals überhaupt nicht im Trend, die Musiker bedienten mit ihren positiven, teilweise christlichen Texten sowie ihrem freakigem Outfit keines der gängigen Metal-Klischees und wurden vielerorts als Hippies belächelt. Aufgrund dieser Umstände sah sich die Plattefirma nicht in der Lage, die Band richtig zu vermarkten.
1990 erkannte Starproduzent Rick Rubin (u.a. Red Hot Chilli Peppers, Slayer, AC/DC, The Cult und Danzig) das enorme Potential des Quartetts und nahm sie für sein eigenes Label 'Def American' unter Vertrag. Noch im gleichen Jahr produzierte er mit ihnen ihr viertes, schlicht "Trouble" betiteltes Album, zwei Jahre später sollte "Manic Frustration" folgen. Die Zusammenarbeit mit Rick Rubin bedeutete für die Formation einen gewaltigen musikalischen Fortschritt, denn er weckte in den Musikern eine bisher ungeahnte Kreativität. Viele Metal-untypische Elemente hielten Einzug in den Trouble Sound. Besonders auf "Manic Frustration" sind deutlich Einflüsse herauszuhören, die von Jimi Hendrix über Led Zeppelin bis zu den späten Beatles reichen. Die Platte stellt für mich das bis heute ausgereifteste Werk der Band dar und wurde auch von der Fachpresse mit Lobeshymnen überschüttet.
Trotz der hervorragenden Pressereaktionen und einiger kommerzieller Achtungserfolge blieb Trouble der große Durchbruch leider versagt und die Formation trennte sich, schwer enttäuscht, von ihrem Label 'Def American', bevor sie sich 1996 nach ihrem sechsten, ebenfalls erstklassigen aber sehr drogengeschwängerten Album "Plastic Green Head" völlig frustriert auflöste.
Vor einigen Jahren machten immer wieder Meldungen über vereinzelte Liveaktivitäten die Runde, und schließlich wurde ich Pfingsten 2003 im Rahmen des 'Rock Hard'-Festivals in Gelsenkirchen Zeuge einer großartigen Comeback-Show. Zunächst befürchtete ich, dass es sich bei der Reunion um eine Eintagsfliege handeln würde, aber nun nimmt die Sache konkrete Formen an. Ende 2004 stellte Candlemass-Bassist Leif Edling einen Kontakt zu dem Label 'Escapi Music' her, woraufhin Trouble zu einem gemeinsamen Konzert mit Candlemass und den Dänen Force Of Evil nach Stockholm eingeladen wurden, um den Gig für eine Live-DVD zu filmen.
Mit dieser DVD hat die Band besonders ihren europäischen Anhängern ein besonderes Geschenk gemacht, denn von denen sind bisher die Wenigsten in den Genuss einer richtigen Headliner-Show gekommen. So bekommen diese endlich auch mal einen Haufen Songs zu sehen und zu hören, die Trouble auf Grund der begrenzten Spielzeiten ihrer nicht gerade zahlreichen Gastspiele auf dem alte Kontinent in der Vergangenheit nicht spielen konnten.
Bei dem Gig wurde jedes der sechs bisherigen Studioalben berücksichtigt, so dass auch die Fans der ersten Stunde zu ihrem Recht kommen. Es wurde tief in der Mottenkiste gewühlt, wobei solche Schätze wie "Revelation" (Life Or Death), "The Tempter" und die Titelsongs der Alben "Psalm 9", "The Skull" und "Run To The Light" zu Tage traten, die während der Tourneen in den Neunzigern kaum noch den Weg in die Setlist fanden.
Aber auch unter den etwas 'neueren' Stücken befinden sich neben Hits wie "R.I.P.", "Come Touch The Sky" oder dem geilen "Memory's Garden" mit "All Is Forgiven" und der Wahnsinnsballade "The Misery Shows (Act II)" zwei ebenfalls selten gespielte Leckerbissen, die jedem Fan die Freudentränen in die Augen treiben sollten.
Die Musiker selbst sind trotz der langjährigen Pause noch immer über jeden Zweifel erhaben, ihr Zusammenspiel ist tight wie eh und je, und sie haben sichtlich sehr viel Spaß bei der Sache. Sänger Eric Wagner wirkt zwar mitunter etwas abwesend und schleicht tapsig wie ein Tanzbär über die Bretter, aber wahrscheinlich war da mal wieder das ein oder andere Partyzigarettchen im Spiel. Seiner Stimme hat es jedenfalls nicht geschadet, denn die klingt nach wie vor absolut hervorragend. Mittlerweile ist auch Original-Drummer Jeff Olson wieder an seinen Platz hinter der Schießbude zurückgekehrt, wo er ja während der ersten Reunion-Konzerte noch von einem Ersatzmann vertreten wurde. Zudem hat sich auch der neue Bassist Chuck Robinson inzwischen sehr gut eingefügt, wenngleich er sich auf der Bühne eher im Hintergrund hält.
Bei der Aufnahme des Konzerts wurde ebenfalls ganze Arbeit geleistet. Die Klangqualität der DVD ist wirklich erste Sahne, wodurch gerade Troubles einzigartiger Gitarrensound besonders gut zur Geltung kommt. Lobenswert ist auch der wirklich angenehme Bildschnitt, der längst nicht so wirr und hektisch ausgefallen ist wie bei vielen aktuellen Mitschnitten 'größerer' Hard Rock und Metal Bands, die ich in letzter Zeit gesehen habe und bei denen dadurch überhaupt keine richtige Konzertatmosphäre aufkam, so dass mir der Spaß gehörig verdorben wurde. Auf "Live In Stockholm" hingegen wurde die Atmosphäre in dem kleinen Club durch die tolle Kameraführung optimal festgehalten. Die Musiker sind hervorragend in Szene gesetzt, wodurch man vor allem den beiden Ausnahmegitarristen Rick Wartell und Bruce Franklin auch mal auf die Finger schauen kann und der Zuschauer einen richtigen Eindruck der Klasse der Band bekommt.
Als Bonus enthält die DVD ein sehr interessantes, fünfunddreißigminütiges, von Candlemass-Bassist Leif Edling geführtes Interview, das dem Fan einen Einblick in die lange, bewegte Bandgeschichte gewährt, sowie einige Filmaufnahmen, die die Mitglieder beim Sightseeing durch das malerische Stockholm zeigen.
Abschließend bleibt nur zu sagen, dass das Trouble-Comeback ohne Einschränkungen gelungen ist und die Band zumindest live nichts von ihrer Magie verloren hat. Es macht mich zudem sehr glücklich, eine meiner absoluten Lieblingsgruppen endlich wieder auf der Bühne sehen zu dürfen, nachdem ich die Hoffnung auf eine Reunion schon fast aufgegeben hatte. Nun bleibt nur noch abzuwarten, wie das in Kürze erscheinende neue Studioalbum "Simple Mind Condition" ausfällt. Ich sitze schon ungeduldig auf heißen Kohlen.
Spielzeit: Konzert ca. 75 Minuten, Interview ca. 35 Minuten, Medium: DVD, Escapi Music, 2006
1:R.I.P. 2:Come Touch The Sky 3:At The End Of My Daze 4:Plastic Green Head 5:Fear 6:Memory's Garden 7:The Misery Shows (Act II) 8:Psalm 9 9:Run To The Light 10:All Is Forgiven 11:Psychotic Reaction 12:The Skull 13:Revelation (Life Or Death) 14:The Tempter
Bonus Features: Interview, Image Gallery
Technik: Dolby Digital 5.1, DTS Sorround Sound
Stefan Gebauer, 09.04.2006
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