Bereits im Vorfeld gab es im Publikum fragende Gesichter wegen des Supports: Peer Gynt, wer zum Teufel ist Peer Gynt? Kennst du den? Schon mal gehört? Du kennst doch eigentlich auch jede Menge Bluesbands, aber der sagt dir nichts?
Nein und nochmals nein! Peer Gynt sagte mir gar nichts!
Pünktlich um 21.00 Uhr betraten dann drei Musiker die Bühne und die Fragezeichen in den Publikumsgesichtern wurden größer und größer: Ein Riesenfunkturm in Anzugshose mit Jackett - es war der Bassgitarrist, ein Drummer in T-Shirt und Jeans und dann erklomm der Gitarrist die Bühne: im Trachtenanzug. Jawohl, liebe Leser - im Trachtenanzug: Kniebundhose, weiße Socken, Jäckchen mit Trachtenknöpfen und Trachtenhemd.
Aber ich will mich hier nicht weiter in der Beschreibung diverser Musikerbekleidungen verzetteln, denn die Musik macht's und nicht die Klamotten!
Nun, was dann anschließend auf der Bühne abging, ließ diverse Kinnladen nach unten klappen, so dass mancher anschließend Mühe hatte, selbige wieder einzurenken!
Diese Band hat genug Power, um die Ohrwascheln gründlichst durchzupusten und anfängliche Teilnahmslosigkeit wandelte sich so nach und nach in Begeisterung um. Sogar der Bier-Tresen leerte sich, um ja kein Detail auf der Bühne zu verpassen. Man hielt sich jetzt an leeren Biergläsern und nicht mehr an vollen Theken fest und das will was heißen beim Erfurter Bluespublikum, wenn der Support spielt.
Oft genug war aber der Support wesentlich besser, als der Topakt. Diesen Satz lasse ich jetzt einfach mal so stehen und geb ihn zur allgemeinen Diskussion frei.
Wie und wo soll man diese Band eigentlich einordnen? Sie passt in keine Schublade. Man könnte sie so beschreiben: eine Mischung aus groovigem Rock, kraftvollem Blues und norwegischen Traditionsklängen (die Band kommt aus Norwegen, hab ich mir sagen lassen) sowie einer wirklich atemberaubenden Bühnenshow.
Diese Truppe spielt übrigens in der jetzigen Besetzung ( Peer Gynt g., v.; Lars Fish b., v. und B.P. Hovik dr.) seit ca. 1 1/2 Jahren zusammen.
Auf der diesjährigen Tour wird natürlich das Debütalbum "Fairytales" vorgestellt, welches wirklich überzeugt. Songs wie "Freddings Shuffle", "To Be Your Man" oder "Good Lord" kommen auf der Bühne natürlich wesentlich krachiger rüber, als auf CD.
Es sind übrigens alles Eigenkompositionen, welche von Peer mit seiner wunderschönen, gefühlsgeladenen Stimme veredelt werden. Man höre sich nur das herrliche "I Can Tell" an, bei dem es mit Sicherheit diesem oder jenen der Anwesenden einen Gänsehautschauer über den Rücken gejagt hat. Höhepunkt des Songs: die Gitarre bearbeitete er mit dem Vibrator, was vielleicht für den einen oder anderen nichts Neues ist, aber es peppt die Show auf. Als er dann noch seine Gitarre anzündet, ist die Stimmung auf dem Siedepunkt.
Peer Gynt ist kein Star, der sich in ellenlangen, selbstverliebten Frickeleien verliert, obwohl es sein technisches Können erlauben würde. Er bringt alle Songs präzise auf den Punkt, so dass die Stimmung immer auf einem sehr hohen Level gehalten wird und Langeweile somit gar nicht erst aufkommen kann.
Ja - genau so stelle ich mir ein gelungenes Konzert vor.
Nun - wer diskutiert bei so einer Show noch über Sinn oder Unsinn des Supports? Ich bin mir sicher, dass Peer Gynt und seine Mannen sich an diesem Abend jede Menge Fans erspielt hat.
Die, die ihn noch nicht gesehen haben, haben wirklich was verpasst, aber das könnte sich im Herbst vielleicht ändern.
Mein herzlicher Dank für die freundliche Unterstützung für meinen Peer Gynt-Bericht geht an Claudia von Ruf Records und Reinhard vom Tournado Kulturmanagement.
Natürlich warteten alle auf den Headliner des Abends, Walter Trout, der nach einer kurzen Umbaupause gegen 22.00 Uhr auf die Bühne kam und stürmisch begrüßt wurde, was ihm sichtlich gefiel.
Eingangs streue ich mir erst mal Asche auf mein in Ehren ergrautes Haupt und gestehe, dass ich Walter Trout und seine Band noch nie live erlebt habe, somit also keine Vergleiche zu anderen Konzerten ziehen und Wertungen abgeben kann.
Auf jeden Fall war die gesamte Band gut drauf und bot einen perfekten Gig. Leider war eine Setliste nicht vorhanden, so dass ich nur die Songs, die ich kenne oder erkannt habe, in diesem Bericht erwähnen kann.
Natürlich ist Walter Trout ein Vollprofi und verstand es hervorragend, eine gute Mischung aus alten und neuen Songs darzubieten, denn schließlich wollte er sein neues Album "Go The Distance" vorstellen.
Kracher wie z.B. "Outta Control", "Love So Deep" oder "I Don't Want My MTV" sind natürlich bestens geeignet, gute Laute zu verbreiten und davon gab es in der ersten Stunde jede Menge Vollbedienung.
Natürlich hat Walter Trout auch tolle Balladen zu bieten: das herrliche "Faithful" oder auch "Love In Vain", die seine wunderschöne Stimme ganz besonders zur Geltung bringen, ließen so manchen harten Kerl dahinschmelzen. Aufgeschnappte Feststellungen wie: "ich hab gar nicht gewusst, das der so tolle Songs hat", sprechen dafür doch eine deutliche Sprache.
Ich bin zwar ein beinharter Anhänger der Frickelfraktion, aber was zu viel ist, ist auch mir zu viel. Irgendwann hatte ich dann in der nächsten Stunde den Eindruck, dass Mr. Trout sich für meine Begriffe etwas zu sehr in ellenlangen Gitarrensoli verlor und damit der bis dahin supertollen Stimmung keinen besonders guten Dienst tat. Schade eigentlich.
Nach etwa zwei Stunden Spielzeit und einer Zugabe war Zapfenstreich.
Eine kurze Verschnauf- und Umkleidepause genügte um wieder aufzutauchen und den wartenden Fans geduldig Autogramme zu geben oder small talk zu halten. Berührungsängste haben Walter Trout und seine Band nun wirklich nicht. Man nahm sich Zeit für die Fans und das kam natürlich gut an.
Auch die Norweger ließen es sich nicht nehmen, ihren neu gewonnenen Fans (zu denen ich mich auch zähle) deren sofort nach dem Gig gekauften CD's oder diverse Eintrittskarten zu signieren oder sich fotografieren zu lassen.
Alles in allem war es ein rundum gelungener Abend, der seinen Anfang mit einem wahrhaft würdevollen Support begann und mit einem ebenso würdevollen und professionell spielenden Headliner endete. Zufrieden grinsende Gesichter bestätigten meinen Eindruck nachhaltig.
Besetzung Walter Trout & The Radicals
Walter Trout - Guitars, Vocals
James Trapp - Bass
Sammy Avila - Keyboards
Kenny Soule - Drums
Walter Trout (Support: Peer Gynt) - Erfurt - Gewerkschaftshaus, 01.03.2002
Ilka Czernohorsky, 02.03.2002
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