Vor drei Jahren, am 22.Februar 2008, gastierte die Sängerin mit ihrer Band bereits im Pumpwerk.
In der Besetzung hat sich lediglich der Platz des Schlagzeugers geändert. Saß seinerzeit noch Torsten Krill hinter den Trommeln, so war es nun Lars Binder.
Allerdings hat sich auch musikalisch und vom Gesamtein- und -ausdruck eine Änderung ergeben.
Cécile Verny stammt von der Elfenbeinküste, sie wurde dort im Jahre 1969 geboren, wuchs seit 1981 in Frankreich auf und lebt seit 1989 in Freiburg.
Somit finden neben Jazz auch afrikanische Elemente und solche des französischen Chansons Einzug in ihre Musik.
Alle Titel sind Eigenkompositionen, geschrieben im wesentlichen von Andreas Erchinger, aber auch der Bassist ist beteiligt und bei "My Time" sogar der Drummer.
Die Texte wurden von der Sängerin verfasst, hierbei bedient sie sich fast immer aus dem Schatz persönlicher Erfahrungen und Erkenntnisse und oft stolpert man darüber, das eine oder andere bereits selbst erlebt zu haben.
Bei einigen Songs handelt es sich um Bearbeitungen und Verwendungen von Texten von William Blake, ein englischer Dichter, der von 1757 bis 1827 lebte.
Sehr bewegend war besonders "Holy Thursday", in dem Blake sich seinerzeit bereits mit der Frage beschäftigte, warum im Lande soviel Armut herrschte ("Land Of Poverty") zumal doch eigentlich genug für Alle da sein sollte.
Hierbei setzte die musikalische Umsetzung sehr dramatische Akzente, das war äußerst gelungen.
Überhaupt war die Musik von dem Bestreben gekennzeichnet, die jeweiligen Aussagen der Texte entsprechend auszudrücken. Sei es die Geschichte von einer Fahrt im Cabrio im Sommer ("Smooth Ride"), das im Ansatz in die Schublade 'Smooth Jazz' zu packen war, bis dann das schon fast rockende und gleichförmig agierende Schlagzeug die Cabriofahrt in Richtung 'Dampfwalze' ausufern ließ. Oder in "Too Many Frontlines" die Betrachtung dessen, was im Radio tagtäglich an schlechten Nachrichten zu vernehmen ist, eingekleidet in ein modernes Funkgewand, bei dem sich der Keyboarder gut austoben konnte.
Stimmlich schien Verny meines Erachtens dieses Mal gewachsen im Vergleich zum früheren Konzert. So benutzte sie ihre vokalen Möglichkeiten auch, um die Stimme als Instrument einzusetzen, wie einst Billie Holiday, und das nicht nur in den mehreren Scateinsätzen. Beides kam sehr flüssig und dehnbar als Bestandteil des Gesamtbildes trefflich zum Ausdruck. Allerdings gab es Begrenzungen in den ganz hohen Tonlagen. Um das eine oder andere Mal spürte ich auch die Dramatik des Vortrags von Billie Holiday.
Das hohe Maß an stimmlicher Flexibilität war begleitet (insbesondere in den stark persönlich gefärbten Texten) von Betroffenheit, die ein enormes Gefühl im Gesang zur Folge hatte. Man spürte sich als Zuhörer stark integriert, besonders, weil oft Themen aufgegriffen wurden, die einen auch persönlich betrafen, sei es das Ausnutzen durch andere Personen, die einem Zeit stehlen, oder das ständige Zurückstellen eigener Bedürfnisse. Dieses bewirkte ein Mehr an Nähe zum Publikum, das mir vor drei Jahren nicht so aufgefallen war, dort herrschte eher eine größere Distanz.
Puristische Jazzliebhaber mögen angesichts der Vielfalt des Programms möglicherweise die Nase gerümpft haben, war es doch nur einigen Nummern vorbehalten, richtig jazzig zu swingen.
Vielmehr waren es auch zarte Klänge, die eher in der Nähe französischer Chansons anzusiedeln waren, unter anderem ein Titel, der zudem einen dezent afrikanischen Hauch durch den Einsatz eines afrikanischen Perkussionsinstrumentes dazu gewann, einer Blumenvase mit seitlichem Loch nicht unähnlich, das wie eine Kalebasse aussah, aber es schien ein Udu zu sein, das der Drummer verwendete (siehe Foto).
Dann kam auch der Funk nicht zu kurz und nicht nur das akustische Piano wurde eingesetzt, sondern auch E-Piano und ganz dezente, nur hintergründige Synthieklänge.
Erchinger erschien mir erneut als Star der Band, ein Musiker, der sich dynamisch und flexibel ausdrücken kann. Er bildet zudem mit der Sängerin hör- und spürbar eine fast schon traumwandlerische Einheit.
Die von mir vor drei Jahren noch kritisierten strengen Arrangements, die oft wenig Raum ließen für Improvisation, gab es nunmehr nicht mehr. Der Anteil von Arrangement und freier Ausgestaltung hat sich im Verhältnis verändert, dieses sei positiv anzumerken.
Fehlte mir seinerzeit noch klar der Einsatz eines Saxofons, wurde dieser Wunsch jetzt nicht mehr in dem hohen Maße laut, doch stehen lassen möchte ich ihn dennoch, würde dessen Einsatz dem Ganzen noch eine mehr jazzmäßige Ausgestaltung geben können.
Was bleibt, ist die Erinnerung an einen sehr guten Musikabend, der durch die Vielfalt der Musikauswahl, durch die sensiblen, intensiv ausgedrückten Gefühle, gesanglich überzeugend geboten, zu erfreuen und begeistern wusste.
Zudem, und das sei auch noch lobend mit einem Blick auf die Techniker zu bemerken, war die Abmischung perfekt und trug somit wesentlich zum Genuss mit bei!
Dank geht an das Pumpwerk-Team für die Akkreditierung.
Line-up:
Cécile Verny (vocals)
Andreas Erchinger (piano, keyboards)
Bernd Heitzler (bass)
Lars Binder (drums, percussion)
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