Stewy Von Wattenwyl
Stewy Von Wattenwyl's Wabash
Stewy Von Wattenwyl's Wabash Spielzeit: 56:13
Medium: CD
Label: Bemsha Music, 2009
Stil: Jazz

Review vom 12.03.2009


Wolfgang Giese
Eine Schweizer Jazzformation ist es, die ich hier vorstelle - mit ihrer Platte, deren Musik am 6. und 7. August 2008 im Backyard Studio Bern aufgenommen wurde.
Wattenwyl, üblicherweise eher als Pianist bekannt, hat sich nun der Hammond B-3 zugewandt. Drei Kompositionen von Wattenwyl, zwei des Saxofonisten Alex Hendriksen sowie eine des Trompeters Woodtli stehen sechs Fremdkompositionen gegenüber, davon gleich das erste Stück und Titelsong "Wabash" von Cannonball Adderley geschrieben. Daneben weitere von Duke Ellington ("Purple Gazelle") , Duke Jordan ("No Problem"), George Coleman ("Amsterdam After Dark"), Eric Alexander ("Burner's Waltz") und Joel Frahm ("Away From Home"). Insgesamt also 12 Titel und alle nicht besonders lang.
Nicht so lang - das bedeutet auch, hier wird mehr kompakt musiziert, ausgedehnte und ausufernde Improvisationen gibt es nicht. Das ist einerseits schade, denn wir haben hier gute Musiker, denen ich gern ausgiebiger zugehört hätte, andererseits gibt diese Dichte auch einen sehr zugänglichen Sound.
"Wabash", das ist unter anderen der Name eines Flusses, der die amerikanischen Bundesstaaten Ohio, Indiana und Kentucky durchfließt; auch Orte heißen so, und in vielen Liedern fand dieser Begriff Verwendung: Am bekanntesten wohl im Titel "Wabash Cannonball", einem Country-Song.
Bei vorliegendem "Wabash" gibt es auch einen 'Cannonball', den Komponisten nämlich. Dieser hatte das Stück 1959 mit John Coltrane eingespielt.
Im Titelsong kann ich verschiedene Dinge bemerken: Zunächst erinnert mich das ineinander verzahnte Spiel von Trompete und Saxofon an den Cool Jazz der 50er Jahre, beispielsweise, wenn Miles Davis oder Chet Baker mit Gerry Mulligan ihre Themen vorstellten. Aber schon bald stellt sich ein ganz besonderer Groove ein, wie man ihn von Musikern wie Horace Silver kennt. Auch Erinnerungen an die 60er Jahre-Blue Note Records werden wach, wenn Hammondspieler wie Baby Face Willette, Larry Young, Jimmie Smith, Lonnie Smith usw. dem Soul-Jazz jener Tage frönten.
Mit diesem Groove geht es weiter, in "Burner's Waltz" und über dem schnarrenden Orgelsound stellen die Bläser ihr Thema gekonnt vor; unterstützt vom locker und leicht swingendem Schlagzeug, das enorm federnd eine mehr als solide Grundlage stellt.
Hendriksen glänzt mit einem enorm packenden Solo und genau hier wünschte ich mir, dieser Titel wäre nicht nur 5:41 lang, sondern böte dem mich faszinierenden Saxofonisten mehr Spielraum und Tiefe.
So geschieht viel 'auf kleinem Raum', auch Pius Baschnagel am Schlagzeug bringt hier sein kurzes Solo zwischen den wiederkehrenden Themen geschickt ein.
Bei "Ghost-Bell", einer Komposition des Trompeters, wird erstmalig zurückgefahren - eine Ballade mit leichtem, gospelartigen Anstrich.
Weiter vernehme ich Spuren von Fusion ("Purple Gazelle"). Art Blakey's Jazz Messengers scheinen auch Einflüsse hinterlassen zu haben, wenn ich mir die Bearbeitung von Duke Jordans "No Problem" zu Gemüte führe. Und immer wieder fließen rockende Elemente ein, wie z.B. bei "Just Like History" .
Mit einer romantischen Ballade, hier von Wattenwyl am Piano, darüber eine wunderschön gespielte Trompete und ein ebenso gefühlvolles Sax, verabschiedet sich die Band von einer guten Produktion, die für mich internationalen Standard aufweist, vorgetragen in einem kompakt-dynamischen Gruppensound, der die Solisten leider nur kurz, aber den Mund wässrig machend auf mehr, vorstellt.
Der Jazz zeigt hier manchmal sein Blues-Gesicht und lässt entsprechendes Feeling einfließen. Eine Produktion, die den Jazz auch jenen näher bringen könnte, die damit etwas auf 'Kriegsfuß' stehen. Vielleicht ist es auch der Gebrauch der Hammondorgel, die ein etwas zugänglicheres Gesamtbild schafft.
Gönnen wir es der Band, einem breiteren Publikum bekannter zu werden, und natürlich auch dem Jazz, auf dass er von seiner zugedachten und künstlich aufgedrängten Rolle 'elitärer Musik' etwas Abstand nehmen kann.
Line-up:
Stewy Von Wattenwyl (Hammond B-3)
Alex Hendriksen (tenor sax, soprano sax)
Daniel Woodtli (trumpet, flugelhorn)
Pius Baschnagel (drums)
Tracklist
01:Wabash
02:Burner's Waltz
03:Ghost-Bell
04:Purple Gazelle
05:For My Angels
06:No Problem
07:Lenny
08:Amsterdam After Dark
09:Away From Home
10:Recovery
11:Just Like History
12:Indian Summer Song
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