"Anchor Drops" ist bereits das vierte Album der 1997 in Cicago gegründeten Band. Und es ist beileibe kein einfaches Album, denn hier verschmelzen musikalische Richtungen, die auf den ersten, oberflächlichen Blick nichts, oder kaum etwas miteinander zu tun haben.
Jam im Stil der ganz großen Phish, Progrock - stellenweise an alte Genesis-Passagen oder an das geordnete Chaos King Crimsons erinnernd. Leichte, jazzige Anleihen, gepaart mit zappaesken Ausflügen ins Musik-humoristische - und wenn wir gerade von Frank Zappa sprechen: dessen Humor scheint die Band übernommen zu haben, denn die erste Umphrey's McGee-CD hatte den Namen "Greatest Hits Volume III" und auch der Name des zweiten Werkes zaubert mir ein Lachfältchen ins Gesicht: "Songs For Older Women".
Kein einfaches Album auch für die Band, denn "Anchor Drops" ist
"Das Album, welches wir schon lange machen wollten, aber es fehlte an Equipment, an Zeit und an den Mitteln, es zu realisieren".
In den Staaten sind die Jungs eine feste Größe: 150 Shows im Jahr, Teilnahme am 'Bonnaroo'- und 'High Sierra Music Festival' und ihre Fans nennen sich 'Umphreaks', oder 'McGeeks ', ein Zeichen, dass die Fanbase steht.
Ihre Livequalitäten sind bekannt und dieser melting pot an Stilen ist bei Shows sicher genial.
Aber klappt das auch auf Platte?
"Plunger" eröffnet den Reigen und gibt mit progschen Gitarrenriffs, harmonischem, mehrstimmigem Gesang dem Hörer gleich mächtig was auf die Glocke. "Uncommon" ist dann eher was für Fortgeschrittene, denn vertrackte Rhythmen dominieren erst mal. Schnell hat man sich jedoch an die Choreografie gewöhnt und kann genießen.
"JaJunk Pt. I" erinnert stark an die Genialität eines Frank Zappa. Spielt diesen Titel (und auch Part II) und lässt Eure Bekannten raten, wer das ist: ich wette, es fällt nur ein Name - Zappa.
"13 Days" groovt 'jazz-prog-harmonischvocalnd', während "Walletsworth" fetzt, dass die Membranen beben. Der Song hat gesangsmäßig was von Police, aber diese vertrackten Prog-Rhythmen hätten Sir Sting schier überfordert. Der Bass brabbelt im Hintergrund irrwitzige Lines und dann wird es plötzlich ruhiger und sehr harmonisch und melodiös. Kurz danach wieder dieser relaxte Jam. Toll!
Im Gegensatz zum bisher Gehörten, ist der Titeltrack fast schon radiokompatibel. Wunderschöne Harmonies gepaart mit leicht verdaulichem Jazz, zum Mitwippen einladender Rhythmus und auch percussionmäßig ist gut was los.
"In The Kitchen" kracht wieder gewaltig aus den Boxen, nimmt dann Tempo weg, steigert somit die Spannung beim Hörer, liefert Hooks, dass einem das Booklet aus den Händen fällt und man zur Luftgitarre greift. Es bounct gar etwas und auch Phishheads haben hier ihre Freude.
Bei "Bullhead City" setzen die McGees die Stetsons auf. Country par Excellence, mit Gänsehaut backing vocals. Leider kann ich nirgends nachlesen, welche Dame da mit am Micro steht.
"Miss Tinkle's Overture" ist Progrock in Reinkultur - aber keine Angst: man muss kein Abitur haben um das zu mögen. Es rockt und treibt unbändig nach vorne. Gitarrensoli reiten auf einem fliegenden Teppich, gewebt von der Rhythmussektion.
Abgrundtiefe Synthieklänge lassen "Robot World" (what else?) starten und es klingt sehr elektronisch. Mein Waschzettel nennt den Track "eine Mischung aus Arthur Brown's Kingdom Come und Kraftwerk". Besser kommt bei mir da der nächste Titel weg, weil hier der Synthesizer wieder nach Orgel klingt. "Mulche's Odyssey" schaltet gekonnt zwischen vertrackten, instrumentalen Passagen und ruhigeren Gesangsparts hin und her. Dazu gesellen sich schnelle Gitarren und Synthieparts. Das ist kein Songwriting, hier kann man von komponieren reden.
"Wife Soup" erinnert mich an vielen Stellen an Yes. Das ist jetzt höchstes Kompliment an die Band. Schön auch die Wechsel von Dur nach Moll und die bombastischen, mehrstimmigen Vocals.
Das ruhige "The Pequod" beendet gekonnt ein mehr als spannendes Album. Und um meine anfangs gestellte Frage zu beantworten: Ja, es klappt auch auf Platte.
Bevor ich "Anchor Drops" selbst hören konnte, las ich oft, es handle sich um eine Jamband. Das muss ich verneinen, denn mit Jambands, so wie ich sie für mich einordne, haben Umphrey's McGee wenig zu tun. Einigen wir uns auf Prog-Jam, denn das passt und wird zudem in höchster Perfektion dargeboten.
Die Jungs sind im März in Amsterdam live zu erleben und wer kann, sollte unbedingt hin, denn wenn die CD schon so 'ne Granate ist......... was muss da live erst abgehen?
Drei Tage hintereinander in der gleichen Location - hmm, das wiederum ist man sonst nur von Jambands gewohnt.......
Spielzeit: 64:35, Medium: CD, InsideOut Music, 2005
1:Plunger 2:Uncommon 3:JaJunk Pt. I 4:13 Days 5:JaJunk Pt. II
6:Walletsworth 7:Anchor Drops 8:In The Kitchen 9:Bullhead City 10:Miss Tinkle's Overture 11:Robot World
12:Mulche's Odyssey 13:Wife Soup 14:The Pequod
Ulli Heiser, 20.02.2005
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