Tupelo - eine Kleinstadt in Mississippi. Bekannt nur wegen ihres berühmtesten Sohnes, der die ganze Musikwelt im Alleingang aufmischte, kein geringerer als Elvis Presley. Ob sich die drei jungen Musiker aus Illinois Ende der 80er ebenfalls als Erneuerer bzw. Begründer einer Musikrichtung verstanden und deshalb "Tupelo" im Bandnamen führten entzieht sich meiner Kenntnis. Fakt aber ist, dass sie gemeinsam mit anderen Interpreten den Boden dafür bereiteten.
Dass man noch keine 10 Jahre nach der Auflösung einer Band eine Anthologie veröffentlicht, mag zuerst etwas seltsam anmuten. Aber dennoch kann man nur anerkennend den Daumen heben, Uncle Tupelo haben durch ihre Verschmelzung von Country, Punk, Grunge, Folk und Rock, so total verschieden diese Stile auch sind, mit einfach umwerfendem Songwriting die heutzutage so beliebte Alt. Country Bewegung nachhaltig beeinflusst.
Der Titel ihres ersten Albums, "No Depression" wurde somit auch ein Synonym für die neue, alternative Countrybewegung. Die hervorragende Stimme Farrars, gepaart mit herzhaften, teilweise ungehobelten Gitarrenklängen und jeder Menge Originalität ihrer eigenen Songs liessen aufhorchen.
Vor allem die musikalische Konkurrenz, kommerziell erfolgreich war die Band nie so recht, obwohl der amerikanische "Rolling Stone" mit einem Feature aufwartete und das Debüt-Album als "erstaunlich" lobte.
Wer sonst traute sich, Songs der Carter Family ("No Depression"), den Stooges ("I Wanna Be Your Dog") oder auch von Creedence Clearwater Revival ("Effigy") zu intonieren, mal ein fast reines Punkkonzert zu geben, um am nächsten Abend eine Unplugged-Session auf irgendeiner Bühne zu zelebrieren?
Und genau das von John Fogerty geschriebene "Effigy" zeigt so deutlich den Unterschied zwischen harmlosem Schönspiel (bei Gov't Mule ) und der explodierenden Spielfreude von Uncle Tupelo auf. Diesen Songs gab's bisher nur auf einer Kompilation, schön, dass er auf dieser nur als extrem gelungen zu bezeichnenden Anthology zu finden ist.
Die 21 Songs dieses Albums fangen als Appetitanreger die grossen Momente ihrer vier regulären Alben auf, pendeln zwischen Country-Punk ("Graveyard Shift" und "Chickamauga"), Rock ("Whiskey Bottle"), Folk ("No Depression"), reiner Countrylehre ("New Madrid") oder auch der schon angesprochenen Vermischung aller dieser Stile - und - man höre sich nur mal den einzigartigen Gesangsvortrag auf "Black Eye" an. Dagegen sehen viele andere Vokalakrobaten ziemlich armselig aus.
Es gibt natürlich eine Menge Leute, die mit solcher Musik nichts anfangen können, die diese Musik als "komisch" bezeichnen. Was sie natürlich nicht ist. Das ist alles ehrlich, roh, handgemacht und zudem noch äusserst einflussreich. War vor 10 Jahren gut, ist heute gut und wird immer gut sein.
Nachdem sich die Band auflöste formierte Jay Farrar die Band Son Volt und Jeff Tweedy Wilco - beide Gruppen tief in der eigenen Uncle Tupelo-Tradition stehend.
Diese Anthology sollte man nicht nur gehört, man sollte sie auch im Regal stehen haben, zumal das Ganze auch klanglich sehr gelungen ist.
Für diejenigen, die sowieso schon Fans dieser Band sind, gibt's noch die gute Nachricht, dass "Sony/Legacy" bis Ende März 2003 die vier Original-Alben remastered inkl. Bonustracks veröffentlichen will.
Spielzeit: 71:36, Medium: CD, Sony/Legacy, 2002
1:No Depression 2:Screen Door 3:Graveyard Shift 4:Whiskey Bottle 5:Outdone (Demoversion) 6:I Got Drunk 7:I Wanna Be Your Dog 8:Gun 9:Still Be Around 10:Looking For A Way Out (acoustic) 11:Watch Me Fall 12:Sauget Wind 13:Black Eye
14:Moonshiner 15:Fatal Wound 16:Grindstone 17:Effigy 18:The Long Cut 19:Chickamauga 20:New Madrid 21:We've Been Had (live)
Manni Hüther, 08.11.2002
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