Undiluted scheint unentdeckt zu bedeuten bzw. 'wieso in aller Welt habe ich diese Band noch nicht entdeckt?'
Okay, laut Übersetzer heißt 'Undiluted' unverdünnt und könnte meinen: unverdünnter Doom - träge fließend und schwerfällig. Passt natürlich auch…
Für mich aber dominiert bei den Hessen jedoch dieser Effekt: Cover und Bandname wirken recht unspektakulär, daher habe ich sie ohne große Erwartungen eingelegt und wurde überrascht.
Also mal nachgeschaut, wieso ich da bisher anscheinend etwas verpasst hatte. Die Antwort darauf wollte ich zunächst kaum glauben: 2008 als Solo-Projekt von Hanzi Herrmann gegründet, der 2010 alleine (Gesang, Gitarre und Drumcomputer) das Demo "The Fading Silhouettes Of The Sun" aufnahm. Aufgrund positiver Resonanzen entschloss er sich, mit einem menschlichen Schlagzeuger, den er in Rico Skerra fand, weiterzumachen. Dann kam noch ein Session-Bassist, Maxim Walter, dazu, der inzwischen festes Mitglied ist.
Für die Aufnahmen der Debüt-CD halfen aus: als Bassist Ralf-Daniel Wirth (Gitarrist der Frankfurter Thrasher Conjuring) und Keyboarder Eden Rabin (Key Of The Moment, Ex-Orphaned Land). Ja, bei "The Withering Path" handelt es sich tatsächlich um ein Debüt, auch wenn es sich dafür unglaublich professionell anhört, als hätte ich es mit einer Band mit bereits mehreren CDs zu tun.
Warum? Schon der Opener "World's End" zeigt, wo es langgeht. Nach ein paar gefährlich wirkenden Geräuschen, fließt eine Welle weichen warmen Dooms aus den Boxen, von dem ich mich gerne an der Hand nehmen und in eine Welt der Träume entführen lasse …
Take my Hand and dream me away
To the land of never ending faith
Den melancholischen Klängen entströmt Geborgenheit und Schönheit, bringt Licht und Hoffnung in eine Welt der Schwärze und Verzweiflung. Trotz aller Düsternis ist der Hinweis auf etwas Erhabenes enthalten.
"Descending Winters" überzeugt gleich zu Anfang (und nach dem ruhigen Mittelteil erneut) mit majestätischen Riffs, wirkt etwas kantiger und gleichzeitig klagender. Ansonsten wird auch dort vom feinsten gedoomt - wieder fast zehn Minuten lang, was durch leichte Variationen nie langweilig wird. "Drifting" hingegen wirkt auf gewisse Weise leicht und verspielt. Auch die nachfolgenden Tracks haben alle ihre Eigenheiten, beispielsweise "The (Final...) Dawn Of The Centuries" erscheint stellenweise fast schon böse. Bei "Yearning" gibt es weiblichen Gastgesang.
Undiluted beweisen, dass in Schwermut baden nicht eintönig sein muss (okay, Nicht-Doomer mögen das anders sehen…), Doom-Fans bekommen ein Werk voller Emotionen geboten, das sie begeistern dürfte.
Dabei zeigt vor allem Hanzi, dass er nicht nur an den Saiteninstrumenten variabel ist, sondern auch gesanglich. Seine Stimme hat vielleicht etwas Eigenwilliges, aber es gefällt mir, wie er sie einsetzt, oft angenehm tief, manchmal spricht/flüstert er, singt mal klarer, mal dunkler. Wenn sie stellenweise etwas gequält wirkt, halte ich das für Absicht, passend zu den vermittelten Inhalten.
Ebenso ist die Musik manchmal feinfühlig, wirkt fast schon zerbrechlich, dann wieder mehr massiv und schwer. Ob zarte Keyboard-Klänge oder heavy Gitarrenriffs - alles fließt in (dunkler) Harmonie zusammen und vereinigt sich in einer faszinierenden Substanz unverdünnten Dooms, ein Fluidum von hoher Dichte und Gehalt, das dynamisch dahinströmt, dabei trotz Wandlungsfähigkeit nie seine Basisstruktur verliert...
… und jenseits aller Worte ist "The Withering Path" einfach wunderschön trotz aller enthaltenen Finsternis. Irgendwie genau das Richtige zum Kuscheln vorm Kamin an kalten Tagen. Ich bin wirklich angenehm überrascht und sehr froh, dass ich Undiluted entdecken durfte und kann Fans düster-melancholischer Musik nur empfehlen, dasselbe zu tun.
Line-up:
Hanzi Herrmann (rhythm, lead & acoustic guitars, lead vocals, growls, choirs, screams)
Rico Skerra (drums & percussion, backing vocals, choirs)
Ralf-Daniel Wirth (bass guitar)
Eden Rabin (keyboards)
Hannah Schoepe (female vocals -#6)
Tracklist |
01:World's End (9:32)
02:Descending Winters (9:27)
03:Drifting (7:43)
04:The (Final...) Dawn Of The Centuries (8:00)
05:From Time Immemorial (9:59)
06:Yearning (9:00) |
|
Externe Links:
|