Uriah Heep / Official Bootleg Volume 3: Live in Kawasaki, Japan 2010
Official Bootleg Volume 3: Live in Kawasaki, Japan 2010 Spielzeit: 72:02 (CD 1), 51:49 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Ear Music/Edel, 2011
Stil: Hard Rock

Review vom 11.04.2011


Michael Gindra
Uriah Heep, die sich nach einer Figur aus dem Roman "David Copperfield" von Charles Dickens benannt haben, braucht man Rockfans, vor allem Liebhabern von klassischem 70er Jahre-Hard Rock, nun wirklich nicht mehr vorzustellen, gehören sie doch gemeinsam mit so illustren Kollegen wie Deep Purple, Led Zeppelin und Black Sabbath zu den Gründungsvätern dieses wegbereitenden Genres.
Seit 1969, also nunmehr im 42. (!) Jahr ihres Bestehens, ist die sympathische Truppe nun unterwegs und veröffentlicht mit der aktuell vorliegenden Doppel-CD "Live In Kawasaki, Japan 2010" die gefühlte 25. Livescheibe, wobei die Serie "Official Bootleg" erst bei "Volume 3" angekommen ist. Uriah Heep verstehen es aber immer wieder, durch geschickte Änderungen in der Setlist und den Einbau von so manchen Überraschungen alle Liveveröffentlichungen aufs Neue spannend zu gestalten. Man sollte sich übrigens nicht von der Bezeichnung "Official Bootleg" irritieren lassen, der Sound ist durchweg gut und kommt druckvoll rüber.
Ein Blick auf die Tracklist lässt einem Fan der Frühzeit sogleich das Herz höher springen: Von den insgesamt 21 Titeln sind sage und schreibe 16 Songs aus der klassischen Ära mit Paradiesvogel und Sänger David Byron, ein Song ("Free'n'Easy") vom 77er Werk "Innocent Victim", bei dem der ehemalige Les Humphries Singers- und Lucifer's Friend-Sänger John Lawton das Mikro übernahm, sowie vier Tracks vom letzten Studio-Werk "Wake The Sleeper". Achtung Fans, aufgepasst: Am 15. April 2011 erscheint der neueste Output "Into The Wild". Schade nur, dass von den Gründungsmitgliedern lediglich Mick Box übrig geblieben ist, aber Trevor Bolder ist ja mittlerweile als langjähriges Mitglied der Fünf von der Insel nicht mehr wegzudenken. Ebenso sind Bernie Shaw und Phil Lanzon auch eine gefühlte Ewigkeit (seit 1986) dabei.
Das Konzert startet mit einem klassischen Intro, das dann recht gewaltig in "Wake The Sleeper" übergeht. Sofort fällt die Spielfreude auf, mit der die Herrschaften ans Werk gehen. Bereits der dritte Song "Bird Of Prey" vom 71er Meisterwerk "Salisbury" geht weit zurück in die Vergangenheit und in Zeiten, als Patchouli wirklich noch nach Patchouli roch ....
Und bei diesem Stück wird auch wieder mein persönlicher Kritikpunkt klar, wie ich ihn auch selbst beim 2003er Konzert im Mannheimer "Capitol" feststellte: Bernie Shaw hat zwar eine Rockröhre, schreit aber meiner Meinung nach viele Songs, vor allem die Klassiker, in Grund und Boden. Viel zu gepresst, näselnd und angestrengt klingen einige seiner Gesangslinien. Weniger wäre hier manchmal mehr. Der Überraschungsmoment und auch das Highlight des Konzerts ist eindeutig aber die komplette Aufführung des Klassikers von 1972 "Demons And Wizards", einer der Top-Five-Releases der Band. Hier kommt auch erstmals 'Special Guest'Micky Moody an der Slidegitarre zum Einsatz.
Bei "The Wizard" wirkt das Ganze noch ein wenig gehetzt, was sich aber recht schnell ändert! Allerdings wird mir gerade bei den klassischen Songs klar, wie sehr Ausnahmesänger David Byron fehlt (RIP, David!). Dass der Ex-Praying Mantis-Shouter Bernie Shaw beileibe kein schlechter Sänger ist, beweist er mit der Pianoballade "Rain": Einfach nur Gänsehaut pur. Weiter geht's mit dem Speedrocker "Free'n'Easy", in dem allerdings das kultige Twin-Gitarren-Solo zu einer kurzen Gitarren-Orgel-Battle in bester Deep Purple-Manier umgeswitcht wurde. Schwere Orgelklänge verraten: Jetzt kommt der Überhit "Gypsy" inklusive Hammond-Solo, ohne den die Fans Uriah Heep wohl nicht von der Bühne lassen würden. Mick Box blüht zum Ende hin noch einmal richtig auf und in "Look At Yourself" gibt es eine Heavy-Rock-Improvisation vom Feinsten.
Als Zugabe muss nochmals die Akustische ran und der unvermeidbare Lagerfeuer-Sing-A-Long "Lady In Black" wird intoniert, wobei Trevor Bolder hier ganz nebenbei ein geniales Bass-Solo einstreut. Ganz pompös endet das Konzert mit dem Outro "Pomp And Circumstance" aus dem dritten Akt von Shakespeares "Othello", komponiert von Edward Elgar. Und so kann ich letztendlich doch sagen: Dies war ein Konzert ganz nach meinem Geschmack.
Eine kleine, wahre Begebenheit muss ich allerdings noch erwähnen: 1969 hatte die Heep-Vorgängerband Spice ihren Übungsraum - wie auch einige andere Bands - im Londoner Hanwell Community Centre. Aus dem Nebenraum dröhnten schwere Hammondorgel-Klänge und laute, schneidende Gitarrenriffs herüber - und Spice (aka Uriah Heep) ließen sich von diesen ungewohnten Klängen inspirieren, der Song "Gypsy" wurde im Hanwell Community Centre geschrieben.
Die Band nebenan war keine Geringere als Deep Purple, die gerade ihre Songs für das Mega-Album "In Rock" schrieben ... hier nachzulesen.
Line-up:
Bernie Shaw (lead vocals)
Mick Box (guitar, vocals)
Trevor Bolder (bass, vocals)
Phil Lanzon (keyboards, vocals)
Russell Gilbrook (drums, vocals)
Micky Moody (slide)
Tracklist
CD 1:
01:Wake The Sleeper
02:Overload
03:Bird Of Prey
04:Stealin'
05:Love In Silence
06:The Wizard
07:Traveller In Time
08:Easy Livin'
09:Poet´s Justice
10:Circle Of Hands
11:Rainbow Demon
12:All Of My Life
13:Paradise/The Spell
CD 2:
01:Rain
02:Free'n'Easy
03:Gypsy
04:Look At Yourself
05:Angels Walk With You
06:Shadow
07:July Morning
08:Lady In Black
Externe Links: