Als Hobbymusiker freue ich mich immer, wenn es aus den eigenen Reihen etwas zu
berichten gibt. Der Underground lebt, das kann ich Euch sagen und mit Vanilla
Rex aus Koblenz wird der Beweis hierfür angetreten.
Die Band besteht bereits seit Anfang der 80er und hatte im November 1988 sein erstes eigenes Demo aufgenommen. In den themenspezifischen Magazinen gab es damals schon ein erstes Aufhorchen und Positives wurde attestiert. Als das zweite Demo "Kick Ass City"
im Jahr 1989 eingespielt wurde, war man mit 'Inline Music' kurz vor der
Veröffentlichung eines offiziellen Debüt-Albums. Leider kam es mangels
Liquidität des Labels nicht zustande.
Nun, die Musik hat sich im Laufe der nun doch schon langen Bandgeschichte
verändert. So wandelte man zunächst auf den Spuren des NWOBHM und
anschließendem Power-Metal. Heute findet man sich zwar immer noch in
Powergefilden wieder, nur ist inzwischen ein gehöriger Schuss Progressivität
hinzugekommen. Vanilla Rex haben ihr Schicksal selbst in die Hand genommen,
produzieren nun eigene Alben und holen raus, was rauszuholen ist. Mit viel Mühen
und Liebe zum Detail hatte man ein 3. Demo mit dem Titel "Before You Die"
eingespielt. Und jetzt, vor kurzem erschienen, liegt ein komplettes Album mit
dem Titel "Parallel Worlds" vor mir.
Also rein in den Player und ab geht die Post. Fangen wir mit dem ortsüblichen
Negativen an, der Sound der Platte könnte etwas druckvoller sein, insbesondere
im tiefen Drumbereich, nämlich dort, wo die Bassdrum ihre Akzente setzen soll.
Das tut sie auch, aber ich würde mir wünschen, dass man dem Album nochmals die
Chance gibt, von professioneller Seite ein Mastering drüber zu spielen, um das
vorhandene Material, ich betone, 'noch' besser zu machen. Da hört es dann mit
meiner Kritik auch schon auf. Viele von uns wären froh, mit solcher Qualität
aufzumarschieren.
Vanilla Rex, das sind auf diesem Album:
Andi Wagener (Vocals)
Klaus Schwenzner (Guitars, Backing-Vocals)
Daniel Kohn (Bassguitar, Backing Vocals)
Carsten Hoppen (Keyboards) und
Dirk Bärhold (Drums)
Die Band hat sich aus persönlichen Gründen inzwischen von Shouter Andi Wagener
getrennt und ist auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger.
Zum Silberling:
Vanilla Rex spielen mit viel Power, einem erdigen Basssound, sehr schönen
Gitarrenriffs und unterstreichen dies mit doch ungewöhnlich vielen, vor allen
Dingen teppichlegenden Keyboards. Der Gesang gefällt mir persönlich sehr gut und
passt ins Konzept. Insofern ist die Suche nach dem Nachfolger auch nicht ganz so
einfach, wie es auf den ersten Blick aussehen mag.
Nach dem doch recht imposanten, zugleich amüsanten, Epilog legt die Band mit
"Awaken The Sphinx" einen recht treibenden Song vor - düstere, druckvolle
Gitarrenriffs und ein dominantes Keyboard. Darunter arbeiten Double-Basses und
geben den Takt an. Was die Band gerne macht, und das hört man schon hier, sind
diese von Gitarrenläufen hinterlegten Breaks. Mit 7:09 min ist die Länge des
Songs gut dosiert.
Dass der Band auch Melodien sehr wichtig sind, verbunden mit dem Aufbau einer
gewissen Stimmung, stellt sich beim Intro von "Losing" ein. Für mich gelungen
erscheint die Kombination von Spannungsaufbau, dem sich gegenseitigen Ergänzen
von Keys und Guitars. Refrainmelodien bleiben eingängig, dazwischen nutzt man
die Chance, auch außergewöhnliche Melodieabläufe einzubringen.
Wer meint, dass es bei "Gone With The Tide" in den Urlaub geht, der irrt, denn
der Song präsentiert das, was im Falle des Falles folgen kann. Lasst euch
überraschen und hört einfach in Ruhe zu.
Stilistisch haben Vanilla Rex eine saubere Linie gefunden, an der sich auch der
ungeübte Prog-Hörer orientieren kann. Mut zu ausgefeilten Melodien,
Tempoverzögerungen etc., so dass man eine Menge entdecken kann. Von daher möchte
ich keinen Song besonders heraus heben. Dass es nicht an Ideen hapert, merkt man
schon am Anfang von "2005 - Tears Of A Gargoyle", und es wäre noch ein wenig
spannend , wer im musikalischen Großwerden der Band seinen größten Einfluss geltend
gemacht hat.
Insgesamt handelt es sich um eine Platte, die auch ihren Ursprung im harten
Rock nicht verleugnen kann, das ganze mit progressiven Merkmalen kaschiert. Ich
finde, dieses ganze Projekt verdient Respekt und sollte den einen oder anderen
dazu animieren, der Band tatkräftig unter die Arme zu greifen. Bis dann
hoffentlich bald ein anständiges Label drauf anspringt, lohnt sich ein Blick auf
die HP, wo es dieses Album auch zu bestellen gibt. Sogar das Cover wurde mit
Witz im Detail konzipiert…..
Ich kann nur sagen: Weiter so und drücke fest die Daumen, dass der Sprung noch
geschafft und die bodenständige Hartnäckigkeit in diesem harten Geschäft noch
belohnt wird.
Spielzeit: 53:22 Min, Medium: CD, Eigenvertrieb, 2005
1:Prelude (Welcome The Newborn Child) (0:50) 2:Awaken The Sphinx (7:10) 3:Losing (9:13) 4:Gone With The Tide (5:55) 5:Five Senses (6:31) 6:The Winged Serpent (8:58) 7: Wasted Life (8:13) 8:2005 - Tears Of A Gargoyle (6:32)
Ralf 'Jogi' Ruhenstroth, 08.03.2006
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