Vanity Blvd / Rock N Roll Overdose
Rock N Roll Overdose Spielzeit: 39:11
Medium: CD
Label: Gain/Cargo Records, 2009
Stil: Glam Rock

Review vom 26.09.2009


Jürgen B. Volkmar
Die 'New Wave Of Glam', insbesondere aus Schweden, kann anscheinend keiner mehr aufhalten. Nach Hardcore Superstar, Crashdiet und anderen in den Startlöchern zum Erfolg stehenden Bands versuchen nun Vanity Blvd, die 2005 gegründet wurden, auch ihren Beitrag zum neuen Glam-Trend zu leisten.
Eines allerdings ist neu. Im Gegensatz zum Großteil der in diesem Feld agierenden Bands, haben die Schweden eine Frontfrau mit Namen Cindy Savage am Mikro, was ihnen einen Bonus im Seltenheits-Ranking der Standardbesetzungsskala sichert. Wenn man allerdings die imaginäre Liste der Beeinflussungsfaktoren sichtet, wie Mötley Crüe, Lita Ford, The Runaways, Kiss u.v.a., die in den 70er und 80er Jahren angesagt waren, dann ist dies nicht mehr weiter erstaunlich.
Als Entdecker fungierte laut den vorliegenden Informationen kein Geringerer als Ryan Roxie
(Alice Cooper); und produziert wurde das Debütalbum "Rock N Roll Overdose" von Chris Laney, der mit Europe, Candlemass und Crash Diet die besten Voraussetzungen für ein Sleaze- und Glam-orientiertes Album hat.
Mit dem Starter "Talk Of The Town" werden die Signale eindeutig in die Richtung gesetzt, die für das komplette Album maßgebend ist: Rock'n'Roll mit Sleaze und Glam und fetten Hooklines. Hier dampft das Brett. Cindy langt mit Chorussen der alten Schule gleich kräftig in den Nostalgietopf. Klar und deutlich wird den Klassikern gehuldigt, ohne allerdings die Kopierfunktion zu missbrauchen. Die Gitarren brettern; und irgendwie taucht Joan Jett in der Erinnerung auf, mag es an der Stimme liegen oder an den Refrains, aber der Eindruck verfliegt wieder. Auffällig ist die extrem trockene Gitarre, die gegen Schluss noch einige Soli aus dem Korpus schüttelt. Die Spurlinien der Drum-Sektion sind einigermaßen eng gesteckt. Es bleibt nicht viel Raum für Soloambitionen oder sonstige Spurwechsel und das wirkt sich auch vorteilhaft auf den Gesamtrahmen aus, denn so bleibt man der angesagten Message treu und verscheucht keinen der linientreuen Glam-Jünger.
Daher passt "Sweet Saturdaynite" auch hervorragend in das Konzept. Schnelligkeit und Chorusse, die perfekt auf der Poison- und Lita Ford-Schiene liegen. Hier wird wirklich handfester Rock ohne Schnörkel gezimmert. Vanity Blvd wollen in bester Hollywood-Tradition, als dort in den Clubs noch der Glam-Bär tobte, die zwischenzeitlich auf Halbmast wehende Glam-Flagge wieder hissen und sind auf dem besten Weg, wie die Airplay-Ergebnisse in diversen Ländern zeigen, dies auch tatsächlich zu erreichen.
"Private Hell" und "Share My Pain" sind musikalische Dauerlutscher der besten Momente, die diesen Musikstil auszeichnet. Der Tieftöner arbeitet im Vier-Viertel-Takt und Attribute wie Schlangenleder, wehende Mähnen, Leopardenlook, schwarzes Leder usw. knallen einem förmlich entgegen. Rock'n'Roll in Wechselwirkung mit satten Riffs und musikalischen Verbeugungen vor den großen Glam-Göttern und Versatzstücken von hymnenhaften Poserstrukturen. Keine Zeit für Soundspielereien, sondern nur ein scharfer Groove mit Brettgitarre donnert dem Hörer entgegen. "Summer Teaze" erinnert in der Spielart leicht an Vixen, ohne in deren Schublade hängen zu bleiben. Auffällig ist, dass alle Stücke kompositorisch überzeugen können. Gekonnte Melodienbögen reihen sich an rifflastige und packende Songs, die von Cindy Savage offensiv und markant und vor allem mit klarer Stimme in Up-Tempo-Songs verpackt werden. Ruhiger wird es bei "Come Dance With Me", das mit leichter Melancholie komplett von der vorherrschenden Attitüde abweicht und mit seinen Gitarrenparts jeder Melodic-Truppe gut zu Gesicht stehen würde. "4 The Love Of Rock N Roll" hingegen ist dann wieder großes Stadionrock-Kino, das beinahe auch von Def Leppard stammen könnte, allerdings aus der "Hysteria"-Epoche.
Witzigerweise wird gegen Ende mit "Since U Been Gone" eine etwas pathetische, mit Streichern veredelte Hymne abgeliefert, die normalerweise nichts in dieser Ecke zu suchen hat. Dennoch passt dieser Titel mit toller Hookline irgendwie zum Songwriting. Gut arrangiert zwischen Ballade und Rock, schaffen die Chorusse die gefährliche Gratwanderung zwischen Kitsch und Anspruch. Interessanterweise offenbart diese Komposition auch ihre typische nordische Herkunft, so dass der Hörer spätestens hier erkennt, dass dieses Werk nie und nimmer aus dem Glamour-Land kommt, aber doch genug Street Credibility hat, um auch bei den passioniertesten Anbetern der genannten Stilrichtungen bestehen zu können.
Vanity Blvd haben mit diesem Album ihre Daseinsberechtigung eindrucksvoll unterstrichen und für Genre-Liebhaber ein weiteres Sahnestückchen als Kaufempfehlung im Angebot.
8 von 10 RockTimes-Uhren .
Line-up:
Cindy Savage (vocals)
Traci Trexx (guitar)
Marty (bass)
Frecko (drums)
Tracklist
01:Talk Of The Town
02:Sweet Saturdaynite
03:Private Hell
04:Share My Pain
05:Summer Teaze
06:Come Dance With Me
07:Nasty Girl
08:4 The Love Of Rock N Roll
09:Feed My Obsession
10:Since U Been Gone
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