Welche Alternativen hat man, wenn man in der Musikszene als ein anerkannter, glänzender Gitarrist gilt, aber nicht sonderlich in der Lage ist, die Texte seines eigenen Liedguts selbst bestmöglich in Szene zu setzen? Klar, man holt sich eine wahre Rockröhre ans Gesangsmikro, und wenn sich die Gelegenheit bietet, sogar zwei. Zu diesem Entschluss muss der in Madrid geborene Javier Vargas gekommen sein, als er für seine Vargas Blues Band das derzeit aktuelle Album "Heavy City Blues" zum Leben erweckte. Er hat sich mit Paul Shortino und Bobby Alexander zwei Rocksänger ins Boot geholt, die ich als wahre Gesangsgranaten empfinde und die von jeder anspruchsvollen Rockband mit offenen Armen empfangen werden dürften. In der Tat, die beiden wissen wie man ordentlich rockt und allein das ist schon ein Grund, um sich "Heavy City Blues" von A bis Z komplett reinzuziehen.
Beim gecoverten "Love Hurts" werden bei mir Erinnerungen wach, als ich noch im Teenageralter mit meinen allerersten 'Herzdamen' zu dem Nazareth-Klassiker engumschlungen übers Parkett schwofte und ich dabei erste Versuche der Ersthilfeversorgung in Form der Mund-zu-Mund-Beatmung unternahm. Was vermutlich nur wenige wissen, Nazareth haben das Teil selbst gecovert, das ursprünglich von Boudleaux Bryant geschrieben und von The Everly Brothers Anfang der 60er zum ersten Mal musikalisch vorgetragen wurde. Mal abgesehen davon, dass Vargas eine tolle Eigeninterpretation des Oldies gelungen ist, sage ich: Danke, Mister Vargas, für die tolle Zeitreise in fast vergessene Tage!
Schon mit dem Opener "Shake Baby Shake" haut der Spanier erstmal so richtig einen raus, setzt gleich ein fettes Ausrufezeichen. Hier rockt die Band wie Sau und macht Appetit auf mehr. Mit den beiden "Back To My Roots" und "Anaconda Style" präsentiert die Band zwei Instrumentalsongs, bei denen Vargas erstklassiges Geklampfe klar im Mittelpunkt des Geschehens steht und sich der Protagonist es nicht nehmen lässt, eindrucksvoll zu demonstrieren, warum er weltweit zu den Top-Gitarristen zählt. Da wundert es mich nicht, dass er am Schlagzeug Carmine Appice, der u. a. schon für Jeff Beck und Cactus den Takt vorgab, verpflichtete, der sich dem gehobenen Standard von "Heavy City Blues" nicht nur perfekt anpasst, sondern die Tonkonserve über die Gesamtheit unermüdlich nach vorne schiebt.
Mit Ferran Bosch Caliu hat Vargas einen weiteren exzellenten Musiker, einen ganz starken Mundharmonikaspieler, in seinen Reihen, der "Rock'n'Roll Circus", "Hush Don't Cry" und "Don't Step Over Me" genau das gewisse Etwas verleiht, das für die nötige Abwechslung in der Songstruktur von "Heavy City Blues" sorgt. Somit kommt beim Hören der Platte erst gar keine Langeweile auf. Gastspieler und Hammond-Spezi JT Garette sorgt mit seinen Tastenanschlägen bei "Searching For Love" und "Hush Don't Cry" ebenfalls dafür, dass die Tonkonserve insgesamt recht variabel aus den Boxern ertönt.
Mit "Sin City" und "Rolling In Trance" unterstreicht die Vargas Blues Band nochmal richtig fett, dass sich die Combo ganz klar dem Genre des Blues Rocks berufen fühlt. Gezielt auf diese Fangemeinde angesprochen, kommt diese an dem Silberling nicht vorbei. Doch auch für Musikfreunde, die gern anspruchsvolle Rockmusik konsumieren, ist die Platte absolut empfehlenswert. Ich habe in diesem Jahr mit "Heavy City Blues" eins der besten Blues Rock-Alben 2014 erhalten und deshalb fällt mein Fazit kurz und knapp aus: Diese CD sollte man sich unbedingt zulegen!
Line-up:
Javier Vargas (guitars)
Paul Shortino (vocals)
Bobby Alexander (vocals)
Tim Bogert (bass)
Ferran Bosch Caliu (hamonica - #2,6,8)
JT Garette (Hammond B3 - #3,6)
Carmine Appice (drums)
Tracklist |
01:Shake Baby Shake (4:30)
02:Rock'n'Roll Circus (4:28)
03:Searching For Love (4:11)
04:Back To My Roots (5:20)
05:Love Hurts (4:06)
06:Hush Don't Cry (4:37)
07:Sin City (3:59)
08:Don't Step Over Me (4:03)
09:Bankers Blues (3:44)
10:Rolling In Trance (4:23)
11:Anaconda Style (4:48)
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