Rocktimes: Hallo Michael, schön, dass du wieder in Berlin bist. Hattest du eine angenehme Anreise und heute einen schönen Tag in Berlin?
Vdelli: Ich freue mich, wieder hier zu sein. Wir hatten schon einen anstrengenden Tag. Der Bühnenaufbau und der Soundcheck haben auch ziemlich lange gedauert, und nun regnet es auch noch wie verrückt. Danach waren wir beim Italiener essen, ich hoffe man riecht es nicht so sehr, deshalb hatten wir leider keine Zeit durch die Stadt zu schlendern. Aber ich hoffe, dass wir noch öfter hier spielen können, und dann bringe ich mehr Zeit mit. Ich finde Berlin ungemein interessant, und möchte so viel wie möglich davon sehen. Jeder, den ich kenne, sagt dass die Stadt so viel zu bieten hat. Ich komme zwar selbst aus einer großen City, aber das kulturelle Angebot ist hier deutlich besser. Bei meinen vorherigen Konzerten hatte ich schon die Gelegenheit einiges zu sehen, aber ich möchte so viel über Deutschland, und dessen Geschichte erfahren, dass ich wohl mal hier in Ruhe Urlaub machen muss. Seit etwa einem Jahr lebe ich außerhalb von Perth. Dort habe ich viel mehr Ruhe und kann die schöne Landschaft genießen. Im Dezember, wenn dort richtig schöner Sommer ist, fühle ich mich dort am wohlsten. Am liebsten möchte ich ständig zwischen Europa und Australien hin und her pendeln, je nachdem wo es gerade am wärmsten ist. Außerdem mag ich die Menschen hier sehr, besonders die Deutschen. Hier ist alles so ordentlich und gut strukturiert.
Rocktimes: Wenn du gerade die Menschen ansprichst, was ist der Unterschied zwischen dem deutschen und dem australischen Publikum?
Vdelli: Die Australier sind die meiste Zeit betrunken, und machen bei den Konzerten richtig Party. Da kann es schon mal hoch her gehen. In Deutschland ist das völlig anders. Das Publikum ist oft sehr ruhig, und beobachtet mich und meine Musiker-Kollegen ganz genau beim Spielen. Sie achten auf Fehler, und wollen sehen wie die Akkorde auf der Gitarre gespielt werden. Hier bin ich derjenige, der die Stimmung anheizen muss, in Australien machen das die betrunkenen Fans. Ich gebe zu, dass ich doch sehr gerne hier spiele, denn ich brauche keine Angst zu haben, dass ich mit Bier beworfen werde wenn ich schlecht spiele. Die Menschen hier nehmen sich auch viel mehr Zeit, um sich mit den Texten auseinander zu setzen, sie denken über das nach, was ich ihnen versuche zu vermitteln.
Rocktimes: Als du jünger warst, also zu Beginn deiner Karriere, hast du mit deinem Vater auf der Bühne gestanden, und ihr habt so etwas wie eine Show veranstaltet, zu der ihr andere Musiker eingeladen hattet. Wie war das damals für dich mit deinem Vater zu spielen, und dann auch noch zusammen mit anderen berühmten Künstlern auf der Bühne zu stehen?
Vdelli: Meine ersten Jahre waren schon sehr aufregend. Ich habe mit etwa vier Jahren angefangen Gitarre zu spielen. Mein Vater war zu der Zeit schon ein guter Musiker und hat mich dazu gebracht, das auch zu mögen. Bei uns lief ständig Musik, und somit hatte ich schon sehr früh Berührung mit allen Musikstilen. Als mein Vater dann der Meinung war, dass ich gut genug bin, um mit ihm auf der Bühne zu stehen, hat er mich einfach dort hin gestellt, und mich spielen lassen. Mein Vater ist ein sehr lustiger und unterhaltsamer Mensch am Mikrofon. Den Zuhörern hat das sehr gefallen, und dadurch kamen immer mehr zu unseren Auftritten. Er hat dann so was wie eine Show ausgearbeitet, und wollte immer mehr Musiker dazu holen. Es sollte ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm geboten werden. Wir haben alle möglichen, mehr oder weniger bekannten Künstler aus der Szene eingeladen. Gekommen sind sie fast alle, und wir wurden dadurch immer bekannter und beliebter. Als ich älter wurde, hatte ich aber immer mehr den Wunsch in einer richtigen Band zu spielen, Songs zu komponieren, meine Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen, und natürlich auf Tour zu gehen. Ich habe dann Freunde eingeladen, um mit ihnen zu spielen. Anfangs haben sich die Besetzungen sehr oft geändert, bis ich mit Drummer Ric Whittle einen Menschen kennen gelernt habe, mit dem es sofort harmoniert hat, und wie man sieht, spielen wir immer noch zusammen. Die Bassisten haben wir leider am häufigsten gewechselt, aber vor einiger Zeit haben wir mit Leight Miller einen Mann gefunden, der sehr gut zu uns passt, und nebenbei auch noch hervorragend spielt. Natürlich bin ich nach wie vor in Australien mit meinem Vater unterwegs. Wir haben immer viel Spaß zusammen. Er ist ein lustiger Typ, ein guter Sänger, immer zu Scherzen aufgelegt, und bringt Stimmung auf die Bühne.
Rocktimes: Ist dein Vater heute auch zufällig hier?
Vdelli: Nein, leider nicht. Er ist zu Hause in Perth, aber ich werde ihn vielleicht das nächste Mal mitbringen. Vor einigen Jahren hat er mich im Tourbus durch Europa begleitet, und war begeistert, wie viel hier zu sehen ist. Für mich ist es auch sehr wichtig mit älteren Musikern zu spielen. Ich will ständig etwas lernen, und das kann ich nur von erfahrenen Leuten.
Rocktimes: Wie bist du zur Bluesmusik gekommen?
Vdelli: Natürlich lief bei uns zu Hause sehr oft das Radio mit allen möglichen Songs, die in den Charts waren. Oft kurze, schnelle Musik, ohne Gefühl und ohne Charakter. Mein Vater hat oft dabei in einem anderen Raum mit einem Plattenspieler die Songs von B.B. King gespielt, und irgendwann hörte ich lieber dabei zu, als bei dem was im Radio lief. Ich habe gemerkt, dass ich damit viel besser meine Gefühle ausdrücken kann. Eines Tages kam Buddy Guy in unsere Stadt und spielte in einem kleinen Pub. Als ich direkt vor ihm stand, und ihn beobachtet habe, war es für mich der Moment, der mich dazu bewegt hat, selbst so sein zu wollen. Viele Jahre später habe ich dann mit ihm zusammen auf der Bühne gestanden und das Vorprogramm für ihn gespielt. Das war ein sehr erhabener Moment für mich. Danach habe ich die Musik aus den Charts nicht mehr beachtet, sondern mich nur noch mit dem auseinandergesetzt, was Hendrix oder Cream gespielt haben. Dann kamen Led Zeppelin und Deep Purple, und ich war völlig in deren Bann gezogen. Als anschließend auch noch einige australische Bands wie AC/DC und später Midnight Oil berühmt wurden, hat es in meinem Kopf eine wahre Explosion gegeben. Ich habe mich dann verstärkt um den Chicago-Blues gekümmert, so wie ihn Muddy Waters gespielt hat. Speziell das spielen mit Mundharmonikas und den harten elektrischen Gitarren hat mir gefallen. Ich finde ja auch Hard Rock und Funk sehr gut, und habe daraus eine Mischung gemacht, die, wie ich finde, anders ist als die meisten Bluesmusiker spielen. Meine Musik soll die Seele berühren, und nicht einfach so runter gehauen werden, wie es die Bands machen, die heute nur noch ans Geldverdienen denken. In der heutigen Zeit ist es sehr schwer etwas zu finden, was nicht schon tausende andere vor einem gemacht haben. Wir alle in der Band lieben natürlich in erster Linie den Blues, aber auch die harten Klänge. Wir versuchen auf unsere Art eine gesunde Mischung aus allem zu finden. Dass es nicht immer klappt wissen wir, aber wir geben stets unser Bestes, um das Publikum zufrieden zu stellen, und es mit unserer Musik glücklich zu machen. Wenn ich sehe, wie konzentriert uns das Publikum beobachtet, dann ein zufriedenes Lächeln aufsetzt, und anschließend ein Funkeln in den Augen zu sehen ist, weiß ich, dass ich die Menschen glücklich gemacht habe.
Rocktimes: Du hast mit solchen Größen wie B.B King, ZZ Top und Buddy Guy zusammen auf der Bühne gestanden. Was ist das für dich für ein Gefühl mit diesen Leuten zu spielen?
Vdelli: Das ist ein ganz eigenartiges Gefühl. Ich komme mir dabei immer vor, als wenn ich träume. Wir sitzen vor unserem Auftritt im Bandraum, reden natürlich über die Musiker für die wir den Support machen, und gehen dann völlig nervös auf die Bühne. Unser Gig ist im Nu vorbei, dabei frage ich mich meistens, ob das alles real ist. Natürlich sehen wir uns anschließend die Auftritte der Bands an, für die wir spielen, und himmeln sie für gewöhnlich an. Wenn wir ganz zum Schluss auf den Aftershow-Partys unsere Vorbilder treffen, ist plötzlich alles viel entspannter. Die ganze Nervosität ist mit einem Mal verflogen, und wenn Billy Gibbons anfängt Witze zu erzählen, habe ich das Gefühl, dass ich ihn schon mein ganzes Leben kenne. Dann gehören wir als kleine Band auch einmal dazu. Du musst dir vorstellen wie aufregend es ist, wenn du auf den riesigen Bühnen das ganze Equipment siehst, die vielen Arbeiter, die dort herumwuseln, und du selbst immer nur in niedlichen kleinen Pubs auf den Dörfern spielst, dann ist das schon erschreckend beeindruckend. Dazu kommt die Ehrfurcht vor den großen Stars, und das Gefühl auf der Bühne alles falsch zu machen, was man nur falsch machen kann, das Ganze vor vielleicht fünfzigtausend Leuten, da steckt dir schon ein Kloß im Hals. Du fängst dann wie in Trance an zu spielen, und der erste Applaus nach dem ersten Song erweckt dich zum Leben, dann läufst du plötzlich zur Höchstform auf. Das kann man nicht mit Worten beschreiben, man muss es selbst erlebt haben. Für mich ist so etwas die größte Ehre, die ich als Musiker erhalten kann.
Rocktimes: Gibt es eine Band mit der du einmal zusammen spielen möchtest?
Vdelli: Oh ja, ich möchte einmal mit AC/DC spielen.
Rocktimes: Du hast doch die Möglichkeit dazu, ihr kommt ja alle aus Australien.
Vdelli: Ich versuche schon seit über zehn Jahren über das Management einen Gig als Support zu erhalten, bisher leider erfolglos. Ich hätte das damals schon anfragen sollen, denn ein paar Straßen weiter hat Bon Scott gewohnt, aber nun wird es wohl ein unerfüllter Traum für mich bleiben. Jede Band in dieser Größenordnung ist für einen Musiker reizvoll.
Rocktimes: Du hast ja bereits das Gefühl erlebt, auf großen Bühnen zu spielen, und heute bist du wieder in einem kleinen Club. Was macht für dich den Unterschied?
Vdelli: In den kleinen Clubs ist es viel persönlicher. Ich habe dort den direkten Kontakt zu den Leuten, und kann sofort erkennen, wenn ihnen etwas nicht gefällt. Klar ist die Technik nicht so gut, und der Sound meistens etwas schlechter, aber das macht ja gerade das Besondere aus. Ich habe auch festgestellt, dass sich wieder viele junge Menschen für handgemachte Musik interessieren, und deshalb in die kleinen Hallen kommen, um den Künstlern besser auf die Finger sehen zu können. Da kann man seine Fehler nicht so schnell vertuschen. Wenn wir auf einer Riesenbühne spielen, sitzen mindestens fünf Tontechniker und ebenso viele Beleuchter vor uns. Wir werden mit Computern verkabelt, und wehe wenn ein Ton nicht stimmt. Alles muss perfekt sein, und das kann einem mehr zu schaffen machen, als wenn man in kleinen Hallen spielt. Das Publikum ist oft mehr als zwanzig Meter von der Bühne entfernt, und ein direkter Kontakt ist so schwer möglich. Ich finde es zu unpersönlich, und bevorzuge lieber so etwas wie das Quasimodo. Unsere Musik ist sehr energiegeladen und der Funke soll möglichst direkt überspringen.
Rocktimes: Du spielst heute sicherlich eine Menge Songs deiner aktuellen CD Take A Bite. Erzähle doch einmal, woher die Ideen zu den Songs stammen.
Vdelli: Die Plattenfirma hatte darum gebeten, dass wir 2010 ein neues Album nachschieben. Wir haben seit einiger Zeit ein deutsches Label, und die CD sollte auch in Deutschland produziert werden. Es war für uns eine gute Idee. Das Studio ist in der Nähe von Stuttgart, und wir haben gleich darin gewohnt. Es ist ungemein praktisch, wenn du sofort nach dem Aufstehen an deine Instrumente gehst, und schon vor dem Frühstück und zu jeder anderen Zeit spielen kannst. Man kann sich dadurch viel besser auf alles konzentrieren, und ist deutlich kreativer. Unser Produzent hatte auch sehr viele gute Vorschläge, die wir musikalisch sofort umsetzen konnten. Fast alle Songs haben wir erst dort vor Ort komponiert. Dazu haben wir einige Stücke aus einer Live-Session verwendet, und zwei Cover-Songs. Wir wollten nicht ausschließlich Blues spielen, sondern auch Rock und Funk. Ich denke, dass wir eine gesunde Mischung gefunden haben, und es ein gutes Album geworden ist. Natürlich hofft man mit jeder CD, dass man eine bessere als die davor produziert hat. Das denkt wohl jeder Musiker. Heute Abend werden wir einen Querschnitt aus allen CDs spielen, damit auch die Zuschauer, die uns das erste Mal sehen, hören können, was wir für eine breit gefächerte Palette haben. Wir haben heute auch einen Saxofon-Spieler mit dabei, der für einen Song mitspielt. Er kommt aus unserer Stadt und ist ein guter Freund unseres Bassisten.
Rocktimes: Welche Pläne hast du für die Zukunft?
Vdelli: Größer, besser, stärker (und lacht dabei). Für die Zukunft? Zuerst werden wir anfangen an einer neuen CD zu arbeiten. Vielleicht beginnen wir, wenn bei uns Sommer ist, also im Dezember oder Januar. Dann natürlich im Anschluss eine Tour, wahrscheinlich werden wir im nächsten Jahr im Frühling oder im Herbst wieder hier in Europa sein, je nachdem, wie wir freie Termine in den Hallen bekommen. Wir möchten auch gerne mehr auf Festivals spielen, möglichst auch in Europa. Im Sommer ist es sehr schwer in den Clubs zu spielen. Man bekommt einen Termin, hat dann eine Woche Leerlauf, dann wieder einen Gig, und so weiter. Das kostet zu viel Geld, da man die Zeit dazwischen schlecht nutzen kann. Mein Traum wäre es, jedes Wochenende in Europa auf einem Festival zu spielen, genug zu verdienen, um alle Kosten bezahlen zu können, und dann im Winter mal eine lange Pause machen zu können, um den schönen Sommer in Australien zu genießen.
Rocktimes: In deinem Leben als Musiker gab es schon sehr viele Höhepunkte. Kannst du dich daran erinnern welches dein schönstes Erlebnis gewesen ist?
Vdelli: Stimmt, ich habe schon so viele wunderbare Momente erlebt. Ich bin ein großer Fan von B.B. King, und habe sein Gitarrenspiel studiert. Als ich ihn persönlich getroffen habe, und mit ihm gespielt habe, war das einer der größten Momente in meinem Leben. Ich konnte lange Zeit mit ihm ungestört reden. Wir haben dabei über seine Gitarren gesprochen, er hat mir alles genau erklärt, und war dabei so offen zu mir, als wenn er mich schon sein ganzes Leben kennt. Er ist für mich so besonders, ich hoffe, dass ich ihm noch einmal begegnen kann. Ebenso habe ich natürlich auch schlechte Zeiten erlebt, wie zum Beispiel immer noch der lange Weg nach oben. Aber die schlechten Zeiten werden weniger, und die guten Zeiten häufiger. Das ist ein gutes Zeichen, das mich jeden Tag aufs Neue aufbaut. Meine Träume werden langsam wahr. Ich möchte so weiter machen wie bisher, gesund bleiben, und langsam eine Stufe nach der anderen höher steigen. Wir wollen in Zukunft auch in größeren Hallen spielen, um mehr Menschen mit unserer Musik zu erfreuen. Ich wünsche mir einen Gitarren-Techniker, und Roadies, die unsere Anlage aufbauen. Eigentlich alles bescheidene Wünsche.
Rocktimes: Du hast auf der Bühne manchmal die Angewohnheit eine Gitarre zu zerstören. Welche deiner drei, die hier neben dir stehen, wirst du heute töten?
Vdelli: (nimmt sich eine Gibson) Ich denke diese hier. Sie ist schon zwanzig Jahre alt, der Hals ist verzogen, und sie sieht schon sehr ramponiert aus. Mal sehen wie sie heute noch leiden muss.
Rocktimes: Ich möchte mich ganz herzlich für das interessante Gespräch bedanken, wünsche dir viel Glück für die Zukunft, einen tollen Gig heute Abend, und wenn du wieder hier bist, dann sehen wir uns erneut.
Vdelli: Vielen Dank, und viele Grüße an die RockTimes-Leser.
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