
Das es in Australien nicht nur Kängurus und Krokodilfarmer gibt, wissen wir spätestens seit AC/DC. Aber es gibt auch weniger bekannte Künstler, die man getrost zur Spitzenklasse der Musiker zählen kann. Dazu gehören sicherlich auch Leute wie Gwyn Ashton oder Michael Vdelli, der Namensgeber und Kopf der Bluesrockband Vdelli ist. Ich hatte am vergangenen Wochenende das große Vergnügen ein Konzert der Australier besuchen zu können und glaubt mir, so etwas bekommt man nicht alle Tage zu sehen und hören.
 Als mir vor einiger Zeit ein guter Freund eine CD von einer Band namens Vdelli schenkte, war ich vom ersten Ton an begeistert und hätte meinen Arsch darauf verwettet, das es sich bei dem Sänger und Gitarristen um einen 'Schwarzen' handelt. Zu sehr klang die Stimme nach den ganz Großen aus dem Blues, die ja bekanntlich schwarz waren. Dieses Timbre in der Stimme war unverwechselbar. So kann kein 'Weißer' klingen. Gut, dass es nie zu einer Wette kam. Wie würde ich denn jetzt ohne Hinterteil aussehen.

Wie dem auch sei. Am vergangenen Wochenende war es endlich so weit; Vdelli spielte im 'Schwarzen Adler' in Rheinberg ein Konzert, auf das ich mich schon seit Wochen freute. Der erste Set fing mit einem etwas ruhigerem Stück, das auf der Setlist "Kingsize" heißt, an. Typische Akkorde aus dem Blues, verschnörkelt und schön. Das Tempo zog dann aber gleich darauf an. "Everyday I Have The Blues" von B.B. King folgte in der typischen Art von Vdelli. Die Band covert die Stücke nicht, sondern interpretiert sie so eigenständig, das man glaubt, sie würden aus deren eigener Feder stammen. Da werden Tempiwechsel, Breaks und Rhythmuswechsel eingebaut, die das Gefühl noch verstärken.
Michael Vdelli macht eine sehr gute Figur auf der Bühne. Er hat eine tolle Ausstrahlung und man möchte unbedingt ein Bier mit dem sympathischen Kerl trinken gehen.
Seine Soli sind sehr gefühlvoll und passen immer wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Auch Ric Whittle an den Drums versteht es hervorragend sein Instrument in Szene zu setzen. Zusammen mit Tony Gibbs am Bass, der erst vor kurzem zur Band stieß, bilden sie eine Rhythmusgruppe die sich gewaschen hat. Das die beiden auch als Solisten bestehen können, stellten sie im Laufe des Abends noch unter Beweis.

"Boogie Sea" geht wieder mächtig zur Sache. Die Gitarre haut ein paar tolle Riffs raus. Einige Breaks lockern das Instrumental auf, um dann wieder mächtig nach vorne zu stürmen. Die Gitarre wird mit ein paar bluestypischen Effekten gewürzt, so dass die Soli zu dem werden was sie sind; einzigartig. Tolle Nummer.
Da im kommenden Herbst eine neue CD erscheinen soll, wurden einige Songs davon bereits vorgestellt, um sie vor Publikum zu testen und das mit Erfolg. Ein Stück war so neu, das Michael den handgeschriebenen Text aus der Hosentasche kramte und ihn vor sich auf den Boden legte, worauf ein findiger Fotograf sofort Bilder von dem Zettel machte. Die Nummer rockt mächtig und die Leute waren aus dem Häuschen. Da freue ich mich jetzt schon auf das neue Scheibchen im Herbst.

Der Letzte Track im ersten Programmteil nennt sich "Stratus" und wird vom Bass mächtig eingegroovt. Michael zieht mit seinen Soli wieder mächtig vom Leder und erhält von der begeisterten Menge dafür Szenenapplaus. Auch hier gibt es wieder ein paar Breaks und Rhythmuswechsel. Ein tolles Instrumental.
Nach ca. 20 Minuten geht es weiter und wer geglaubt hat, das da keine Steigerung mehr möglich ist, hatte sich mächtig geirrt. Die erste Nummer im zweiten Set geht dann auch gleich rockig, mit kräftigen Funkeinschlägen, los. "Noel, Burn The Kitchen Down" beginnt mit einem Schlagzeugintro und ist ein eingängiger Rocksong. Die Gitarrenriffs bleiben sehr gut im Ohr hängen. Die Stimme kommt hervorragend rüber und das Solo trifft mitten ins Herz. Was will man mehr.

Das stark Funk angehauchte "Osaka" ist einer der vielen Highlights an diesem Abend. Der Bass pumpt, slappt, ohne den Rhythmus aus den Ohren zu verlieren. Die Drums unterstützen ihn dabei. Nach einem kurzen Zwischenspiel von der Gitarre gibt Tony Gibbsam Bass ein Solo der Extraklasse zum Besten, dass mit tosendem Applaus belohnt wird.
An "All Along The Watchtower", von Mr. Bob Dylan haben sich ja schon viele versucht, aber was Michael Vdelli da abgezogen hat, dürfte wohl kaum zu toppen sein. Ich habe noch nie eine so intensive Interpretation dieses Songs gehört. Beim Gitarrensolo moduliert er mit seiner Stimme parallel die Töne zur Gitarre, wie es der gute alte Jimi Hendrix nicht besser hinbekommen hätte. Dafür gab es vom Publikum wieder tosenden Beifall.
Und so steigert man sich von Song zu Song. "Boogie A" verrät im Titel schon wohin die Reise geht; Boogierock vom Feinsten. Die Band groovt gewaltig, und läuft zur Höchstform auf. Ein weiteres Highlight ist "Green Light Girl". Eine schnelle Rocknummer mit gefühlvollen Soli. "Could Be Good" schlägt, zwar etwas langsamer, in die gleiche Kerbe.

Zum offiziellem Ende des Konzertes kommt was kommen musste; "Voodoo Chile" von Jimi Hendrix. Der 'Cry Baby' moduliert die Wah-wah-Töne wie wir es schon vom Meister persönlich kennen. Immer wieder Zwischenapplaus vom begeisterten Publikum. Zwischendurch wird die Titelmelodie von "Jessica", das aus der Feder von Dickey Betts stammt, eingeflochten, um dann von einem ausuferndem Schlagzeugsolo übernommen zu werden. Danach ergreift die Gitarre wieder die Initiative. Die Band wird vorgestellt und jeder der Akteure wird mit reichlich Beifall bedacht. Der Song geht nahtlos in "Changes" über, ohne an Intensität zu verlieren. Und es groovt, dass kein Körperteil mehr still stehen kann.

Nach ca. 15 Minuten geht das Ganze in eine Gitarrenorgie über, bei der Michael Vdelli fünf Seiten von seiner Gitarre reißt und nur noch die tiefe E-Seite drauf lässt. Damit geht er zum Schlagzeuger und lässt diesen auf die E-Seite trommeln, während er sein Solo weiterspielt. Nach dieser Aktion zieht er den Stecker aus der Gitarre und steckt ihn sich in den Mund, wobei recht urige Töne entstehen. Alles schön mit dem 'Cry Baby' moduliert. Ich habe schon so einiges gesehen. Aber das ist auch für mich ganz was Neues. Die Menge tobt als die Band die Bühne verlässt.

Natürlich gibt es noch eine Zugabe, diesmal mit der Slidegitarre; "Dust My Broom" gefolgt von dem Robert Johnson-Klassiker "You Ain't Bring Me Down". Rock 'N' Roll der Extraklasse fliegt uns um die Ohren. Die Finger flitzen über den Gitarrenhals als gäbe es kein Morgen. Schluss.
Aber auch diesmal lässt sich die Band nicht lange bitten und kommt zurück auf die Stage. Jetzt bleibt Michaels Gitarre stehen und er zieht dafür eine Harp aus der Tasche um den "Stormy Monday Blues" zu spielen. Ein würdiger Abschluss für ein tolles Konzert.
Bleibt nur zu hoffen, das sich Vdelli regelmäßig in Europa und speziell in Deutschland blicken lassen um den 'BluesFunkRock' der Extraklasse auf unseren Bühnen zu neuem Leben zu erwecken. Vielen Dank an Klaus für die nette Unterstützung an diesem Abend.
Ach ja, bevor ich es vergesse: Wer sich über Vdelli informieren möchte, sollte die Homepage der Band besuchen, denn die gibt es nicht nur in englischer sondern auch in deutscher Sprache.
Das gibt es leider viel zu selten!
Bilder vom Konzert
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