Vibravoid / Distortions
Distortions Spielzeit: 74:31 (CD 1), 78:42 (CD 2)
Medium: Doppel-CD
Label: Stoned Karma Records, 2013
Stil: Psychedelic


Review vom 14.12.2013


Wolfgang Giese
Folge ich den Artikeln einiger Musikmagazine, scheint die psychedelische Welle nun wieder verstärkt zu schwappen. Nun, da ist die Düsseldorfer Band Vibravoid kein Newcomer, denn bereits seit vielen Jahren pflegen sie die hohe Schule des bewusstseinserweiternden Sounds - unter anderem ist das auch bei uns nachzulesen.
"Distortions" - dieses Album erschien im Jahre 2009. Hier ist es im Rahmen der Doppel-CD-Edition ebenfalls enthalten (CD 1, Tracks 1-7) und die entsprechenden Bonustracks sowie die besten Tracks aus dem raren Album: "Turned On Acid" aus dem Jahr 2003 (CD 1, Track 14, CD 2, Tracks 1-3, 5-7). Obendrein sind noch unveröffentlichte Demos und Aufnahmen, die "Krautrock Sensation"-EP (CD 1, Tracks 8 und 9), 7" Single B-Seiten, die "Christmas On Earth"-EP, vierzig Minuten unveröffentlichte Live-Aufnahmen von 2010, ein zwölfseitiges Booklet, remastered und gemischt auf Vintage Equipment von 1973 für hervorragenden Vintage Stereo Sound. Alles in allem also achtundzwanzig Songs und gut hundertfünfzig Minuten Psychedelic.
Da wabert und schwelgt die Orgel in Raum, da scheinen Songs entstanden zu sein, die manchmal etwas unwirklich klingen, ausufernde Abmischungen mit altmodisch anmutenden Stereoeffekten, schwirrende und verzerrte Gitarren... die Musik wirkt kosmisch abgehoben. Es leben die Sixties, schon so nah, dass es fast der Gefahr einer Parodie erliegen könnte. Strawberry Alarm Clock klingen auch hin und wieder durch, und - was den Popcharakter betrifft - wäre dann eher das Sideproject von XTC vorrangig, seinerzeit unter dem Namen Dukes Of Stratosphear aktiv.
Sind früher einschlägige Platten unter dem Einfluss bewusstseinserweiternder Substanzen genauso geworden, wie sie ohne diese wohl nicht geraten wären, so frage ich mich, ob das wohl auch hier zutrifft. Psychedelic, dieser Begriff geht für mich in erster Linie mit dem Gesamtumfeld jener Zeit einher, als er zum Begriff wurde. Das waren die Mitt- bis Endsechziger - mit "Woodstock" war das schon alles wieder vorbei. Auch nach Deutschland schwappte die Welle, wenn auch etwas verspätet und mit Drogen. Alles zusammen - die Einstellung, die Musik, das Umfeld, Reaktionen - war Psychedelic in diesem so ganz speziellen Umfeld, das man nicht rekonstruieren kann. Das, was heute bleibt, kann daher nur noch die Musik sein, sie wirkt dadurch einfach isoliert. Vibravoid erscheint mir dann wie ein Relikt aus alten Tagen, mit einer Zeitmaschine herübergebeamt.
Da quietscht der Sound der Farfisa-Orgel, gepaart mit der Frühphase von Pink Floyd, die Gitarren sind manchmal so verzerrt, dass man manchmal meinen könnte, die Membranen der Boxen hätten einen Defekt. Gleichzeitig gibt es glasklar klingende Gitarrensoli, so erfahren wir Retro pur mit allen erdenklichen Zutaten. Nicht die Songstruktur erscheint überwiegend wichtig, sondern frei fließende Improvisationen, auf Effekte bedacht. Der Gesang spielt oft eine eher untergeordnete Rolle und manchmal ist er relativ schlecht zu verstehen.
Spuren von Hawkwind (Track fünf) oder auch Can (Track sechs) mischen sich in das Gesamtbild. Viel tranceartige Atmosphäre bestimmt das Geschehen, man kann sich am besten einfach nur fallen lassen und miterleben.
Neben Studioaufnahmen aus den Jahren von 1992 bis 2009 gibt es auf der zweiten CD Liveaufnahmen aus Bari, aufgenommen am 23. Oktober 2010. Das sind die letzten sechs Titel. Vom dumpfen Bass getragen startet "Oscillations", wesentlich frecher und härter geht es live zu, manchmal gar in Bereiche des Punk abdriftend - man höre hierzu "Vivid Visions".
Zwei Platten mit aufregender Musik, die ein Schatzkästlein für jeden Fan sein sollten. »Dedicated to Sky Sunlight Saxon«, so steht es übrigens im Booklet.
Line-up:
Christian Koch (guitars, vocals) Frank Matenaar (drums, percussion) Thomas Gahlen (bass) Dario Treese (organ) Markus Ludwig (vocals, bass - CD 2, #1,5)
Dinko Vecic (guitar - CD 2, #2-4)
Thomas Pojonie (Vox Phantom bass - CD 2, #3,4,6-8)
Oliver Lück (drums - CD 2, #2-4,6-8)
Dirk Fischer (drums - CD 2, #1,5)
Jochen Kögler (Vox Super Continental organ, Vox Jaguar organ -CD 2, #6,7)
Marco Menzer (drums - CD 1, #10)
Frank Matenaar (drums - CD 2, #9-14)
Joachim Kremer (bass - CD 2, #9-14)
Christian (vocals, Vox Phantom guitars & bass, Vox Continental, stylophone, mellotron, sitar, theremin)
Tracklist
CD 1 - Distortions:
01:Random Generated Future
02:Eye Shaking King
03:Let It All Behind (unreleased studio version)
04:Save My Soul
05:Christmas On Earth
06:Mother Sky
07:Save My Soul (Reprise)
08:Ruckzuck (unreleased long single version)
09:Rauchkraut (unreleased single version)
10:Random Generated Future (unreleased demo version)
11:Trip To Tripolis (bonus track)
12:Chosmochaos (bonus track)
13:Within A Cosmos (bonus track)
14:Random Generated
15:Future (bonus track, demo version)
CD 2 - Turned On Acid:
01:Anxious Colours
02:Adjustment
03:One Nation Underground
04:Astronomy Domine
05:Solar Discharge (bonus track, unreleased demo version)
06:Fire (short version)
07:Elevation
08:Sick Creation
Live In Bari 2010:
09:Oscillations (previously unreleased)
10:Christmas On Earth (bonus track)
11:Vivid Visions (bonus track)
12.Black And White (previously unreleased)
13:Ballspeaker (previously unreleased)
14:Your Mind Is At Ease (previously unreleased)
(all songs written by Vibravoid, except CD 1, #2 by Amon Düül II, CD 1, #6 by Can, CD 1, #9 by Mashantra,
CD 2, #1 by Painted Faces, CD 2, #4 by Pink Floyd, CD 2, #9 by Silver Apples)
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