So, nun will ich mich wieder einmal auf ’fremdes Terrain’ begeben.
Obwohl, so fremd ist es natürlich gar nicht, bin ich doch zu Zeiten des legendären ’Nuggets-Samplers’ mit psychedelischer Musik groß geworden. Allerdings schreiben wir nicht 1966, 1967 oder 1968 sondern das Jahr 2011 und Vibravoids "Minddrugs" entstand nicht in den USA sondern vielmehr in Düsseldorf.
"Seefeel" eröffnet mit satten Gitarrenlicks, breitem Sound, wabernd, verzerrt, schwimmend, undeutlich, wattig und mit Gesang, den ich mehr als im Hintergrund agierende Stimme ausmache. Klar, das ist sehr psychedelisch, aber irgendetwas gefällt mir daran dann nicht. Vielleicht ist es diese sehr unklare Situation, der fehlende Standpunkt der Musik. Es handelt sich eigentlich nur um 'Atmosphäre' - quasi um Struktur ohne Strukturen. Das kennt man ja vom Free Jazz, doch in diesem Sinne ist das nicht vergleichbar. Denn bei "Seefeel" kann man schließlich erkennen, dass ein Song entstehen soll - einer, den man aber nicht als solchen bezeichnen kann.
"What You Want", das ist schon anders, hier formiert sich etwas, nämlich das, was ich im Opener vermisste: klare Formen und Melodik, der ich folgen kann. Auch hier ist mir der Gesang zu hintergründig und undeutlich vorgetragen, obwohl dies letztlich zur Gesamtatmosphäre beiträgt. Ansonsten lassen Syd Barrett und Pink Floyd klar grüssen.
Rumpelnde Drums, blubbernde Gitarrensounds - wir befinden uns auf "Do It Allright" weiterhin in den Tiefen psychedelischer Klänge der Sechziger. Da scheinen die ersten Experimente mit einem Gerät, das man später Moog Synthesizer nennen sollte, vorweg genommen, gut getroffener Pioniercharakter. Seinerzeit gab es etliche Bands, die sich an solchen Sounds versuchten - auch das Theremin scheint hier eingesetzt worden zu sein...
Mit punkiger Attitüde schallt dann "You Keep On Falling" mit ein wenig Velvet Underground-Einfluss daher. Doch alles läuft unweigerlich dem großen Finale entgegen und das ist die Version von "Set The Controls For The Heart Of The Sun", einem meiner liebsten Titel von Pink Floyd. Wird man dem gerecht werden? Nun gut, die Band hat dazu 22:42 Minuten Zeit! Aber was hat eine Sequenz von "Fly Like An Eagle" der Steve Miller Band am Anfang des Titels verloren?? Nun denn, im Hintergrund scheint sich so langsam über Klängen eines stürmischen Windes das Hauptthema zu formieren, was schnell von Orgelklängen übermalt wird. Die Drums poltern alsbald los und die Reise beginnt. Die Originalversion ist 'elastischer' - hier fließt es nicht so sphärisch dahin, wie ich es kenne. Dafür entsteht mehr Druck, wenn sich langsam die drohenden Gitarren aus dem Hintergrund schälen und der Drummer sein Spiel forciert. Es hebt an, wilder zu werden, Polizeisirenen werden hörbar, fliegen wir nun mit Polizeischutz der Sonne entgegen? Wie auch immer, die Stimmung ist gut getroffen und man kann sich schnell in dieser Atmosphäre verlieren. Zwar fühle ich mich durch die Musik an die Sixties, wie ich sie erlebt habe, erinnert, aber nicht in diese Zeit zurück versetzt. Aber so lange die Erinnerung daran wach gehalten wird, ist mit dieser Scheibe die Mission - sofern sie eine sein soll - erfüllt.
Grundsätzlich sind noch einige Anmerkungen zu der Musik Vibravoids angebracht: Der Sound ist unglaublich wabernd-verhallt, mitunter vermischt sich das bereits zu einem Klangbrei, was keine klaren Strukturen mehr erkennen lässt. Das scheint wirklich bewusstseinserweiternd dergestalt zu sein, dass sich unbekannte Welten für den Geist öffnen, in denen dieser sich in diesem Meer an Tönen treiben lassen kann. Meistens geht das zu Lasten des Gesanges, der unklar und wenig differenziert erscheint. Er wird dadurch extrem nebensächlich, man hätte hier ebenso zur Instrumentalmusik wie bei den Kollegen von Mugstar greifen können, die ich hinsichtlich der möglichen Mission ohnehin für aussagekräftiger halte. Jene Band aus Liverpool halte ich bezüglich der Musik für 'packender', gleichzeitig erfolgreicher im Bestreben, die alten Zeiten in die Neuzeit zu transferieren.
Line-up:
Vibravoid (percussion, Vox Phantom 6 & 12 string guitars, Vox Super Continenta, Vox Phantom bass, Mellotron, Stylophone, Theremin)
Tracklist |
01:Seefeel (3:19)
02:What You Want (12:10)
03:Do It Allright (4:16)
04:You Keep On Falling (8:50)
05:Lost Intensity (2:53)
06:Set The Controls For The Heart Of The Sun (22:42)
(all tracks written by Vibravoid, except #6 by Roger Waters)
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