Vintage Trouble / The Bomb Shelter Sessions (Ltd. Edition)
The Bomb Shelter Sessions (Ltd. Edition) Spielzeit: 42:24 (CD1), 17:59 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Soul, Blues

Review vom 03.11.2011


Jürgen Hauß
Das Schöne an der Arbeit eines Gastschreibers für RockTimes ist, dass man von Zeit zu Zeit CDs zur Besprechung angeboten bekommt, auf die man von alleine möglicherweise nicht gestoßen wäre. "The Bomb Shelter Sessions" von Vintage Trouble ist so ein Fall. Weder hatte ich bislang den Namen der Band irgendwo wahrgenommen, noch die genannte CD. Das ist vielleicht insoweit erklärlich, als die Scheibe zwar bereits im Jahr 2010 veröffentlicht worden ist, in Deutschland aber erst im November 2011 erscheint.
Nichtsdestotrotz wartete ich gespannt auf das, was da auf mich zukommen würde, verspricht doch der Name der Band so einiges: Bei 'Vintage' denke ich sofort an alte Gitarren, und 'Trouble' assoziiere ich als zweiten Teil einer Namenskombination stets mit der Band von SRV. Nun gut, das ist meine subjektive Assoziation, aber vorliegend gibt es zumindest ein wenig die musikalische Richtung vor. Und 'Sessions' in einem Luftschutzbunker? Das klingt durchaus verheißungsvoll.
Positiv war ich überrascht, als ich nicht einfach eine normale CD oder gar nur ein 'nacktes' Promo-Exemplar bekam, sondern eine 'Ltd. Edition' mit zweiter CD erhielt. Allerdings ist das insofern nichts Besonders, als in Deutschland ausschließlich diese Kombination veröffentlicht wird; offenbar muss man den deutschen Käufer durch die Ankündigung von Bonus-Material ködern (Nebenbei bemerkt: die fünf Song der Bonus-CD hätten problemlos auch noch auf die erste Scheibe gepresst werden können - und es wären immer noch fast 20 Minuten frei geblieben!).
»Vintage Trouble is a new band from Los Angeles with an electrifying sound steeped in classic soul, blues and rock'n'roll. This unique musical force is the brotherhood of Ty Laylor (vocals), Nalle Colt (guitar), Rick Barrio Dill (bass) and Richard Danielson (drums).« So beginnt der 'Waschzettel', und für den Einstieg ist das völlig ausreichend.
Über Ty Taylor habe ich lediglich herausgefunden, dass er 42 Jahre alt ist und früher Sänger und Gitarrist der (mir ebenfalls unbekannten) R&B-Band Dakota Moon war. Über die anderen Mitstreiter gibt selbst die Homepage der Band unter 'Biography' nichts her, sondern beschreibt lediglich das Zusammenkommen der vier in Vintage Trouble.
Also muss und kann ich mich voll auf die Musik konzentrieren. Mit "Blues Hand Me Down", einem kräftigen Blues Rock, erhebt die Band quasi den Anspruch an sich, den Blues geerbt zu haben. Mit einem derartigen Erbe muss man natürlich umgehen können - hier gelingt es - ein toller Einstieg! Ähnlich geht es mit "'Still And Always Will" und "Nancy Lee" weiter, auch wenn die Songs etwas getragener daher kommen; insbesondere Bass und Drums geben jeweils ein gutes Rückgrat.
Oh je - Dreivierteltakt! Und dann noch ein falsettartig gehauchtes »Uh-huu-huu«! Schwülstig auch der Gesang. "Gracefully" klingt sehr nach entsprechenden Songs der 50er und 60er Jahre, z.B. der Platters. Allein der etwas raue Gesang im Stile eines Vince Bahrdt von Orange Blue macht das Ganze etwas erträglicher. Rockig startet wiederum "You Better Believe It", doch auch hier das »Uh-huu-huu«. Zum Glück nur einmal, und eine saubere Harp führt musikalisch wieder in die richtige Richtung.
Doch die Ähnlichkeit zu Orange Blue wird mit "Not Alright By Me" wieder aufgenommen, und mehrstimmiger Gesang macht den sehr ruhigen Titel etwas interessanter, bis ein ordentliches Gitarrensolo und Marschmusik-mäßiges Trommeln eine Wendung bringen. Doch zum Schluss erneut »Uh-huu-huu« - man sollte sich langsam etwas Neues einfallen lassen. Doch auch mit "Nobody Told Me" gelingt das noch nicht; seicht plätschert der Song so dahin.
Mit "Jezzebella" scheint man sich wieder etwas dem Blues-(Rock)-Erbe zu nähern, das Gitarren-Riff zwischendrin erinnert allerdings stark an "Stuck In The Middle With You" von Stealers Wheel. Und die Gangart wird beibehalten: "Total Strangers" könnte man wirklich als guten Blues-Rocker beschreiben, wenn nicht zwischendrin so ein unsägliches »La, la-la la-la«, anfangs gesungen, später instrumental - aber man hat es noch im Ohr - zuletzt aber wieder gesanglich eingeworfen würde.
Doch bevor mein Urteil über die Scheibe allzu negativ ausfallen will, bricht "Run Outta You" über mich herein. Eine wunderschöne, über acht Minuten gespielte bluesige Ballade, die allein schon die CD hörenswert macht. Dass der Song wiederum im Dreiviertel-Takt konstruiert ist - geschenkt! Hier überwiegen eindeutig die bluesigen Elemente. Auch alles andere, was ich zuvor vielleicht kritisiert habe - vergesst es! Der Song ist einfach unbeschreiblich gut. Das Gitarren-Solo ab der Song-Mitte - einfach zum Wegträumen!
So könnte es weitergehen, doch plötzlich sind Song und CD zu Ende. Doch es gibt ja noch die Bonus-CD. Erwartet man hier lediglich 'alternate takes' oder aber Live-Versionen der bisher gehörten Songs, wird man überwiegend positiv überrascht. Lediglich "Nancy Lee" (hier eine 'Q Radio Session') und "Total Strangers" sind bereits auf der ersten CD mit dabei, wobei bei letzterem Song der Unterschied nicht ganz klar ist; allein er ist etwas flotter eingespielt, was auch die etwas kürzere Spielzeit erklärt. "Nancy Lee" ist demgegenüber eindeutig als 'Unplugged-Version' zu identifizieren, was durchaus interessant ist.
Ansonsten startet die Bonus-Scheibe mit der Live-Aufnahme "Love With Me". Flotter, rockiger Song, der einen vermuten lässt, dass die Band live wirklich Stimmung verbreiten kann. "Come On By" ist demgegenüber wieder so ein Schmusesong - nein, ich wiederhole mich nicht, an wen mich das erinnert.
Der Schlusssong klingt ein wenig nach "Joshua Fit The Battle Of Jericho": getragener Gospel-Gesang. Rhythmisch stampfend scheint die Band von der Bühne zu marschieren, die letzten Töne klingen aus dem 'Off', und dann ist - wie angekündigt - Schluss.
Schluss-Resümee? Schwierig! Offenbar kann man sich nicht so ganz entscheiden, in welche Richtung man musikalisch gehen will, bzw. wen man ansprechen will. Die Songs sind - jeder für sich - bei aller angesprochenen Kritik - so schlecht auch wieder nicht, passen aber irgendwie nicht zusammen. Mein persönlicher Favorit (s.o.) reißt das Ganze auch nicht mehr raus. Vielleicht haben auch die Plattenfirmen ein ähnliches Resümee gezogen, denn um die CD zu veröffentlichen, mussten Vintage Trouble offenbar ein eigenes Label gründen. Mal sehen, ob es noch einen Nachfolger von "The Bomb Shelter Sessions" geben wird.

Wer sich allerdings von diesem Review nicht abschrecken lässt, der kann Vintage Trouble in Deutschland live erleben - am 2.12. in Frankfurt bzw. am 3.12. in Berlin.
Line-up:
Ty Laylor (vocals)
Nalle Colt (guitar)
Rick Barrio Dill (bass)
Richard Danielson (drums)
Tracklist
CD 1:
01:Blues Hand Me Down (3:46)
02:Still And Always Will (3:24)
03:Nancy Lee (3:41)
04:Gracefully (3:39)
05:You Better Believe It (4:10)
06:Not Alright By Me (3:20)
07:Nobody Told Me (4:36)
08:Jezzebella (4:00)
09:Total Strangers (3:34)
10:Run Outta You (8:14)
CD 2:
01:Love With Me (4:41)
02:Nancy Lee (3:33)
03:Come On By (3:50)
04:Total Strangers (3:17)
05:World´s Gonna Have To Take A Turn Around (2:38)
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