Volbeat / 14.11.2010, Berlin, Arena
Volbeat Volbeat
Berlin, Arena
14. November 2010
Stil: Metal, Rock'n'Roll


Artikel vom 23.11.2010


Linda Becker
VolbeatBerlin, an einem sonnigen, viel zu milden Sonntag im November. Mit zitternden Knien sitze ich wartend im Backstage-Bereich einer Band die mir seit Monaten nicht mehr aus dem Kopf geht. Diesem besonderen Tag sind viele erwartungsfrohe, von großer Nervosität und zugleich allumfassender Freude begleitete Wochen vorausgegangen. Links neben mir sitzt die beste Begleitung die ich mir für solch eine Situation vorstellen kann, meine Mutter Margrit. Mir gegenüber hat Simone von der Marketing-Abteilung Platz genommen, mit der wir uns nett unterhalten. Nach einem kurzen Plausch verlässt sie den Raum, um nach einiger Zeit mit einem Lächeln, begleitet von dem Kommentar: »Es geht los!« wieder zurückzukommen.
VolbeatIch stehe auf, nehme mit kalten Händen meine Kamera vom Tisch und gehe wie auf Eiern los in Richtung des Raumes am Ende des Flurs. Vor der Tür stehen bleibend betrachte ich das gelb-schwarze Schild über mir, mit der nicht zu übersehenden Aufschrift: 'VOLBEAT-Garderobe'". Simone klopft und steckt noch mal kurz den Kopf zur Tür herein um sicherzugehen, dass auch gerade alle angezogen sind. Ich muss lachen. Dann gehen wir hinein und ich habe augenblicklich das Gefühl auf der Stelle tot umzufallen. Vor mir sitzen und stehen vier Männer die sogleich höflich aufstehen und freundlich auf mich zukommen, um mir die Hand zu reichen und sich vorzustellen. Schüchtern und bis über beide Ohren grinsend stammle ich: »Hi, I am Linda, nice to meet you...yes, I know who you are«. Der erste Schreck ist überstanden. Wir setzen uns auf braune Ledersofas und ich stottere mit einem roten Gesicht: »I am so fucking excited!« vor mich hin. Die Jungs lächeln, alle sind etwas verlegen. Auch für sie ist die Situation offenbar keine ständig ablaufende Interview-Situation.
VolbeatZu meinem Vorteil funktioniert ein Teil meines Gehirns noch und ich fange an zu reden, glücklicherweise auch recht verständlich - so gut ich das im Nachhinein beurteilen kann. Das Gespräch zwischen uns verläuft ab einem bestimmten Punkt recht persönlich, was Michael mit der Frage: "So, what do you do when you don't listen to Volbeat?" einläutet. Ich erzähle ein bisschen von mir und meinem Leben und die Jungs hören sehr aufmerksam und interessiert zu. Es ist ganz still im Raum und mir stockt zwischenzeitlich immer wieder die Stimme vor Aufregung. Ich bin überwältigt von so viel Herzlichkeit. Nachdem ich einige meiner, im Vorfeld gut überlegten persönlichen Fragen, gestellt und sehr nette, offene Antworten erhalten habe, fragt Anders, der neben mir sitzt, ob wir nicht ein Foto machen wollen. Ich hätte das wahrscheinlich in der Aufregung vergessen, um mich dann später schwarz zu ärgern. Alle stimmen zu und wir stellen uns in einem kleinen Halbkreis auf, ich in der Mitte.
VolbeatZum Schluss verabschieden wir uns mit einem Handschlag, Michael drückt mich und wünscht mir Alles Gute. Ich bedanke mich immer noch etwas apathisch bei allen und wir verlassen mit einem zufriedenen »Tschühüüüss« den Raum. Fröhlich beschwingt gehe ich den Flur entlang und kann mein Glück immer noch nicht fassen. Einige Zeit später im Hotel angekommen fällt die Anspannung so langsam von mir ab und die Vorfreude auf das Konzert am Abend bahnt sich ihren Weg. Während ich mir lächelnd und glücklich meine Fotos betrachte, fällt mir auf, dass ich vor lauter Aufregung vieles von dem was ich eigentlich sagen und fragen wollte gar nicht umgesetzt habe. Ein wenig ärgere ich mich jetzt, lasse mich davon aber nicht wirklich runterziehen. Zumindest kenne ich neben 'Smørrebrød' nun noch ein weiteres dänisches Wort, nämlich: 'begeistert.' Ich muss lachen, halte meine Kamera in der Hand und denke: ein tolles Foto.
Volbeat20.30 Uhr, die Halle ist schon gut gefüllt, als wir ankommen. Die erste dänische Vorband The Kandidate fegt über die Bühne. Wir schlängeln uns bis ganz vorne durch und bleiben links neben der Bühne an der Absperrung stehen. Ein guter Platz. Ich blicke mich um und mir fallen vereinzelt Rockabilly Jungs und Mädels mit Haartolle auf, was ich zufrieden lächelnd zur Kenntnis nehme. Es dauert nicht lange und die zweite Vorband Entombed aus Schweden betritt die Bühne und wird vom Publikum wohlwollend und lautstark begrüßt. Offenbar sind sie hier keine Fremden. An dieser Stelle muss ich feststellen, dass Death Metal nach wie vor einfach nicht mein Fall ist. Die fortwährenden Growls des Frontmannes Lars Göran 'L.G.' Petrov rollen donnernd durch den Saal, begleitet von den lauten Rufen des Publikums. Das Ganze gipfelt in dem Moment, in dem Michael die Bühne betritt und gemeinsam mit Petrov ins Mikro growlt was die Stimme hergibt. Das Publikum ist völlig aus dem Häuschen und ich empfinde diese Situation als etwas ganz Besonderes.
VolbeatEinige Zeit später ist es endlich soweit: die Volbeat-Fahne wird heruntergelassen und durch die so geliebte und bekannte Melodie unterstützt, bis schließlich die Jungs mit "The Mirror And The Ripper" die Show eröffnen. Es folgt eine über 100-minütige, kraftstrotzende, wunderbare Show in der die Jungs alles geben was sie zu geben haben. Thomas und Anders wechseln fortwährend die Bühnenseite, so dass jeder im Publikum Blicke auf sie werfen kann - unabhängig vom jeweiligen Standort. Michael tritt mit seinem weißen Hemd, den Hosenträgern und der schwarzen Krawatte gewohnt smart und '50er-like' in Erscheinung. Während des gesamten Abends richtet er immer wieder Worte des Dankes an uns, die Fans. Auf die rhetorische Frage wegen wem die Band an diesem Abend erschienen ist, gibt er uns sogleich die Antwort: »Wir sind wegen euch hier!«. In diesem Moment dürfte spätestens jedem Anwesenden klar geworden sein, wie unglaublich sympathisch diese vier Männer aus Dänemark sind und wie aufrichtig ihr Interesse an ihren Fans ist. Auch Thomas und Anders zeigen immer wieder durch Mimik und Gestik wie viel Spaß es ihnen macht mit und für uns zu spielen.
VolbeatIm Verlauf des Abends bringen Volbeat so gut wie jeden Song den man sich als Fan und Besucher eines Konzertes von ihnen wünscht. Neben dem absolut grandiosen Johnny Cash-Cover "Sad Man's Tongue" geben sie nicht nur die meisten Stücke des neuen Albums "Beyond Hell/Above Heaven" zum Besten, sondern bedienen sich ebenso den schon etwas länger zurückliegenden Songs der vorhergehenden Alben wie "Garden's Tale" und "Soulweeper". Zu "Evelyn" kommt als Unterstützung Petrov zurück auf die Bühne, um die Parts von Mark 'Barney' Greenway zu growlen, welchen dieser auf "Beyond Hell/Above Heaven" seine Stimme geliehen hat. Es ist an dieser Stelle für jeden Geschmack etwas dabei und ich finde mich sogleich wild auf und ab hüpfend, teilweise country-like händeklatschend oder auch nur andächtig mit den Armen rudernd in einem Meer von lautstark begeisterten Menschen wieder, die mit ihrer Band eins werden. Ein Abend mit der Band ist mehr als nur ein Konzert mit guter, vielseitiger Rockmusik. Volbeat ist Familie. Die Jungs sind in jedem Moment darauf bedacht uns das Gefühl zu vermitteln, dass wir dazu gehören, dass es ohne uns nicht geht und dass sie dankbar für unsere Unterstützung sind. Zum Schluss zeigen sie uns das noch mal Volbeat eindrucksvoll, als Michael dazu aufruft jeweils fünf Jungs und Mädels aus dem Publikum auf die Bühne zu holen, um gemeinsam dem Dankessong "Thanks" des neuen Albums beizuwohnen. Wir feiern alle zusammen diese großartige Band und lassen so den Abend langsam ausklingen. Zum Abschied werfen die Jungs noch kleine Präsente wie Schlagstöcke und Gitarren-Chips ins Publikum, welche dieses kreischend und wild hinterher springend entgegen nimmt, während sie die Bühne verlassen.
Abschließend bleibt zu sagen: Ein wunderbarer Tag mit einer grandiosen Band ging zu Ende. Es wurde geschrien, gelacht, getanzt und gerockt und ich hatte darüber hinaus noch das große Glück 'meine' Band persönlich kennenzulernen. Ich werde diesen Tag nie vergessen und mich noch lange mit einem Lächeln im Gesicht daran zurückerinnern, während ich nach den nächsten Dates Ausschau halte.
Line-up:
Michael Schøn Poulsen (vocals, guitar)
Thomas Bredahl (guitar)
Anders Kjølholm (bass)
Jon Larsen (drums)
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