Obwohl Ben Webster als erstes genannt wird, ist keine der auf dieser Doppel-CD versammelten Platten eine des Saxofonisten. Zusammengefasst wurden "Sweets" aus dem Jahr 1956 (veröffentlicht unter dem Namen des Trompeters Edison, "Gee, Baby Ain't I Good To You", das ein Jahr später erschien, die LP "Some Of My Favorites", ebenfalls 1957 erschienen und unter "Dave Garroway presents Matt Dennis and Red Norvo" veröffentlicht, sowie die raren Aufnahmen des Klarinettisten und Altsaxofonisten Woody Herman - der hier allerdings singt - ebenfalls 1957 als "Songs For Hip Lovers" erschienen. Hinzu kommen drei alternative Einspielungen aus den Sessions der erstgenannten Platten. Was die beiden letztgenannten Platten betrifft, hat man hier alle Titel zusammengestellt, an denen Ben Webster und Harry 'Sweets' Edison beteiligt waren. Diese Scheiben sind insofern nicht komplett enthalten.
Zu "Sweets": Die Musik swingt elastisch vorwärtstreibend, weist einen hohen Jam-Charakter auf und wirkt dabei unbeschwert und leichtgängig. Richtig, auf Experimente wird verzichtet - die Musiker spielen das, was sie können, und das ist schließlich schon eine Menge an guter Musik, die einzig diesem Umstand zu verdanken ist. So ist viel an bluesigen Momenten enthalten, besonders dann, wenn der hervorragende Gitarrist Barney Kessel seine Soli zelebriert. Dabei erinnert er an Kollegen wie den Vorreiter an der E-Gitarre Charlie Christian oder Tiny Grimes. Alle Solisten sind relativ gleichwertig eingebunden - weder Saxofon noch Trompete stehen hierbei im Vordergrund. Diese sehr ästhetische Musik zeigt Sweets jedenfalls in guter Verfassung. Sehr schöne Momente gibt es wie immer bei den feinen Balladen, wie zum Beispiel bei "Willow Weep For Me". Nicht nur Ben brilliert wie üblich in diesem Genre, sondern auch Sweets zeigt viel Gefühl.
"Some Of My Favorites" - in den Liner Notes heisst es zu dieser Platte: » Have you been looking for the ideal record for that friend who "just doesn't understand jazz"? If that's your problem, I suggest you search no further, for here is the album that reveals what jazz is about. This collection is simple, direct and unmistakable; there is no single confusing or complicated bar.« Schade, dass nur vier der originalen acht Titel enthalten sind, denn nicht nur für Jazzeinsteiger ist dieses eine dicke Empfehlung, sondern auch 'alte Hasen' können sich an dieser wirklich sehr 'beschaulichen' Musik erfreuen. Balladen, was das Zeug hält! Es ist an der höchsten Zeit, diese Platte allein zu einem vernünftigen Preis zu veröffentlichen! Hier ist es besonders wieder Webster, der Schauer der Verzückung über den Rücken laufen lässt. Dazu die teils gestopfte Trompete, das perlende Piano und die entrückt schönen Klänge des Vibrafons von Red Norvo. Ja, das hat große Klasse!
Etwas flotter im Tempo geht es auf "Gee, Baby, Ain't I Good To You" ab. Bei den meist längeren Titeln swingt es gewaltig. Einen ganz großen Anteil daran hat mit Sicherheit der brillante Pianist der Session, Oscar Peterson , der seine Soli wie üblich mit seiner im Hintergrund agierenden Stimme unterstützt. Hier zeigt er erneut seine ganze Klasse, gleich beim Opener "Blues For The Blues". Aber Achtung, Bluesfreunde. Das ist nicht das, was im Allgemeinen unter Blues verstanden wird. An diesen nähert sich die Musik beim zweiten Stück, dem "Blues For Piney Brown", schon ein wenig mehr an. Piney Brown, dem das gewidmet ist, war der Besitzer des Sunset Cafés in Kansas City. Diesen Herrn hatte Joe Turner bereits Jahre zuvor in einem seiner Titel ein Denkmal gesetzt. Der bei diesen Sessions wiederum beteiligte Barney Kessel spielt hier druckvoller, wohl auch deshalb, weil er die Gitarre mehr verstärkt hat und so manch ein rauer und kratzig verzerrter Ton entsteht - das klingt absolut cool. Bei drei Titeln wird er durch Herb Ellis abgelöst. Sein Ton ist ein wenig weicher, 'singender' und so kann man gut die Unterschiede vergleichen und sich für seinen persönlichen Gitarrenhelden entscheiden. Meine Stimme geht dabei an Kessel. Die gesamte Session für diese Platte halte ich insgesamt für druckvoller und lebendiger als jene auf der Platte "Sweets".
So, kommen wir nun zu "Songs For Hip Lovers". Ungewöhnlich daran ist, ich erwähnte es bereits, dass der Bandleader Woody Herman nun als Sänger zu hören ist. Er hat das Vermögen, seine Worte in einen gewissen Swing zu packen. Sicherlich hatte er seinerzeit als Sänger nicht in der ersten Liga mitgespielt. Ein wenig erinnert er mich in der Phrasierung zwar an Frank Sinatra, aber ohne dessen Ausdruck zu erreichen. Sein Gesang ist passabel und sicher nicht schlecht, aber macht diese Aufnahmen nicht zu einem damit verbundenen Pflichtkauf. Wir hören insofern eine entspannte Session mit tollen Begleitmusikern, die sich den verwendeten Standards brav anpassen und nicht aus der Reihe tanzen.
Line-up:
Ben Webster (tenor sax - all tracks)
Harry 'Sweets' Edison (trumpet - all tracks)
Jimmy Rowles (piano - CD 1 - all tracks, CD 2 - #9-14)
Barney Kessel (guitar - CD 1 - #1,9, CD 2 - #1,2,5,7-14)
Joe Mondragon (bass - CD 1 - #1-9, CD 2 - #9-14)
Alvin Stoller (drums - CD 1 - #1-9, CD 2 - #1-8)
Red Norvo (vibes - CD 1 - #10-13)
Bob Carter (bass - CD 1 - #10-13)
Bill Douglas (drums -CD 1 - #10-13)
Oscar Peterson (piano - CD 2 - #1-8)
Herb Ellis (guitar - CD 2 - #3,4,6)
Ray Brown (bass - CD 2 - #1-8)
Larry Bunker (drums CD 2 - #9-14)
Woody Herman (vocals - CD 2 - #9-14)
Tracklist |
CD 1:
01:Hollering At The Watkins (3:39)
02:Used To Be Basie (6:02)
03:How Deep Is The Ocean (3:48)
04:Studio Call (8:13)
05:Willow Weep For Me (4:50)
06:Opus 711 (5:09)
07:Love Is Here To Stay (3:24)
08:K. M. Blues (3:35)
09:Walkin' With Sweets (7:15)
10:The Night Is Blue (7:05)
11:Easy On The Eyes (7:25)
12:Just A Mood (6:53)
13:Sunrise Blues (8:45)
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CD 2:
01:Blues For The Blues (4:51)
02:Blues For Piney Brown (7:40)
03:Moonlight In Vermont (3:58)
04:Taste On The Place (7:11)
05:Gee, Baby, Ain't I Good To You (3:39)
06:Blues For Bill Basie (9:33)
07:You're Getting To Be A Habit With Me (6:53)
08:Blues For The Blues (Alt. Take) (5:52)
09:Alone Together (3:10)
10:Willow, Weep For Me (3:41)
11:Bidin' My Time (3:31)
12:Makin' Whoopee (3:28)
13:Moon Song (2:35)
14:Louise (3:22)
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Externe Links:
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