So, so: Eric Woolfson singt The Alan Parsons Project. Also ein Cover-Album? Weit gefehlt. Eric Woolfson - auch wenn nicht jedem, der APP kennt, wirklich geläufig - ist nicht irgendjemand, der sich einfach des Materials einer über viele Jahre hinweg äußerst erfolgreichen Band bedient hat. Er ist vielmehr - was vielen nicht bekannt sein dürfte - nicht nur 'die andere Hälfte' des formal als Duo geltenden APP, sondern dessen musikalisches Herz: Eric Woolfson war Komponist, Musiker und Sänger einer Band, die jedoch unter dem Namen ihres Tontechnikers bekannt geworden ist. Zugegeben: Diese Beschreibung diskreditiert natürlich die Leistung von Alan Parsons himself, dennoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass dieser - als gelernter Tontechniker - eher für die technische Ausführung der Songs als für ihren künstlerischen Gehalt verantwortlich war. Eric Woolfson hingegen hat mehr als 95 % des gesamten APP-Materials komponiert und - sofern es sich nicht um Instrumentalstücke handelte - in späten Jahren zu einem großen Teil selber gesungen, beispielsweise "Eye In The Sky", "Don't Answer Me'" oder "Time".
Die Namensgebung der Band beruhte seinerzeit auf einem Vorschlag von Eric Woolfson, da Alan Parsons aufgrund seiner Zusammenarbeit beispielsweise mit den Beatles und Pink Floyd wesentlich bekannter war als er selbst. Die Tatsache, dass Alan Parsons allein schon deshalb im öffentlichen Erscheinungsbild im Vordergrund stand (und daher bis heute eindeutig der bekanntere Teil von APP geblieben ist), beurteilt Eric Woolfson heute durchaus ambivalent.
Natürlich kenne ich APP seit vielen Jahren - und das, obwohl sich auf RockTimes kein einziger Artikel mit dieser Band befasst, nicht einmal in der passenden Rubrik Zeitreise. Von einigen Kritikern spöttisch als »Pink Floyd für Arme« bezeichnet, ist eine diesbezügliche Nähe der Musik nicht zu leugnen, dennoch hat auch APP einen durchaus eigenen Stil entwickelt, wobei auf den durchweg als Konzeptalbum gestalteten Platten auf geschickte Weise aktuelle Zeitgeist-Themen verarbeitet wurden.
Was aber ist das Konzept von Eric Woolfson? Der Sänger von APP singt also Songs, die es von APP nie gegeben hat. Warum also dieser Titel? In erster Linie wohl deshalb, weil er damit eher die Aufmerksamkeit auf die Scheibe lenken kann, als wenn er das Album ohne diesen Hinweis allein unter seinem Namen veröffentlicht hätte (wahrscheinlich wird man die CD im Plattenladen [zumindest auch] unter 'P' finden). In zweiter Linie wohl auch als Hinweis für den (potentiellen) Käufer auf das, was ihn vorgeblich erwartet: Das Album enthält durchweg Songs, die APP vom Grundsatz her hätten spielen können, und so klingen sie auch, aber halt - im Unterschied zu vielen rein instrumentalen APP-Songs - durchweg mit Gesang, und zwar mit dem Gesang des APP-Sängers Eric Woolfson.
Wer jetzt allerdings angesichts der Ankündigung der Plattenfirma, dass es sich vorliegend um zehn vermisste Songs von APP handelt, erwartet, dass es sich bei den aktuelle Aufnahmen durchweg um Songs handelt, die zu Zeiten von APP entstanden sind, es aber seinerzeit nicht auf die Platte geschafft haben, liegt nur teilweise richtig. Ansonsten handelt es sich um Material, das damals jedenfalls nicht fertig gestellt worden ist, sondern erst im Zusammenhang mit dem vorliegenden Projekt, oder aber um Titel, die nach Aussage von Eric Woolfson vom APP veröffentlicht worden wären, wenn dieses denn weiter bestanden hätte, so aber von ihm erst in den vergangenen Jahren im Zuge eigener Projekte - insbesondere seinen Musicals - er- und verarbeitet wurden.
Das der CD beigefügte Booklet informiert ausführlich über die Entstehungsgeschichte des Albums und der einzelnen Songs; interessant in erster Linie für diejenigen, die sich für den Kauf des Albums entscheiden, so dass ich vorliegend auf eine ausführliche Wiedergabe verzichten möchte. Wer sich jedoch schon vorab diese Informationen einholen möchte (oder aber die Musik digital besorgt), kann dies auch ausführlich auf der Homepage von Eric Woolfson tun, über die auch der digitale Download möglich ist. Letztgenannte Vorgehensweise vermeidet zudem einen Nachteil der 'Hardware': Das mir vorliegende Digipack der CD ist deutlich größer als eine übliche CD-Hülle und dürfte in so manches CD-Rack nicht hineinpassen. Das hingegen normal große Booklet enthält neben den o.g. Informationen immerhin noch sämtliche Songtexte - dank Gleitsichtbrille auch von einem uHu zu lesen.
Wie gesagt - Eric Woolfson singt APP, und tendenziell bekommt man das auch vorliegend zu hören. Kaum Überraschungen; alle Songs bestehen durch ihre Musikalität, einerseits eingängige Melodien, andererseits oft wohlüberlegte Breaks, ohne dem Hörer allzu viel abzufordern; Easy Listening ist angesagt; die Scheibe ist weit davon entfernt, das Rock-Genre zu bedienen.
Alles in allem sind die Songs aber wesentlich kommerzieller als APP jemals war: ein bisschen Four Seasons hier ("Rumour Goin' Round", "Any Other Day"), ein bisschen Mike Batt ("Golden Key") bzw. Christopher Cross ("Nothing Can Change My Mind") dort; auch Barclay James Harvest ("Somewhere In The Audience") oder sogar die Moody Blues ("I Can See Round Corners", "Along The Road Together"), aber auch 10cc ("Train To Wuxi") meint man herauszuhören. Und nebenbei klingen die Titel auch ein wenig nach APP, denn über allem liegt die prägnante, hohe Stimme von Eric Woolfson, die die einzelnen Tracks trotz aller Ähnlichkeiten letztendlich unverwechselbar macht.
"Eric Woolfson Sings The Alan Parsons Project That Never Was" ist eine rundum schöne Scheibe für diejenigen, die Musik der beschriebenen Art mögen. Allerdings muss man die Texte teilweise schlichtweg als 'schnulzig' bewerten ("Steal Your Heart Away: »If I could write a verse or two, I would dedicate my song to you«; so geht das weiter bis »If I dedicate myself to you, maybe you will make my dreams come true«!).
Aber auch wenn einem die einzelnen Tracks oder sogar das gesamte Album gefallen: Eine CD muss sich auch daran messen lassen, was ihr Titel und die Ankündigung der Plattenfirma versprechen. Durch beides wird man vorliegend irgendwie fehlgeleitet. Was ich nämlich erwartet habe und daher vorliegend in erster Linie vermisse, ist das inhaltliche Konzept des Albums im Sinne eines roten Fadens, der die Platten von APP durchzog, bzw. eines gemeinsamen, übergreifenden Themas. Fast das gesamte vorliegende Material wäre hingegen geeignet für eine Veröffentlichung auf einer Kuschelrock-CD, etwas, was APP nie geschafft hat (oder aber aus gutem Grunde nicht wollte).
So bleibt das oben bereits unterstellte Konzept für die vorliegende Scheibe, über das man sicherlich geteilter Meinung sein kann. Meiner Meinung nach hätte APP die vorliegenden Titel spielen können - es aber in der vorliegenden Form nie getan. Ich jedenfalls habe entgegen der Ankündigung der Plattenfirma die vorliegenden zehn Songs - verstanden als APP-Songs - nicht vermisst. Die größte Ähnlichkeit zu einem APP-Album früherer Tage besteht daher allein in der für CD-Verhältnisse recht knappen Laufzeit von rund 43 Minuten - und das ist auch gut so.
Tracklist |
01:Golden Key (4:12)
02:Nothing Can Change My Mind (4:00)
03:Rumour Goin' Round (4:40)
04:Any Other Day (3:08)
05:I Can See Round Corners (5:16)
06:Steal Your Heart Away (3:20)
07:Along The Road Together (3:22)
08:Somewhere In The Audience (4:36)
09:Train To Wuxi (4:19)
10:Immortal (6:02)
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