Und nun zur nächsten Platte von Gary Windo - nach Dog Face nun also der Sprung in das tiefe Wasser. Eine Passage aus den Liner Notes beschreibt den damaligen Stil des Saxofonisten recht gut: »He was a tenor sax man with a rock'n'roll heart, an R&B soul, and the outspokeness of the avant-garde. These qualities are the root of DEEP WATER.« Bis auf einen später veröffentlichten Sampler, "His Master's Bones", sollte dies seine letzte Soloplatte bleiben. Auch auf dieser Veröffentlichung verstand es Windo, seine ihm eigene Art in einem weiten Umfeld verschiedene Stilrichtungen zu produzieren und darzustellen.
Im Gegensatz zum Vorläufer baut der Künstler nun auf eine feste und überschaubare Besetzung. Mit dieser legt er gleichwohl keine feste Konstante fest, sondern lässt Überraschungen erneut freien Lauf. Sei es nun die Bearbeitung eines Titels des Free Jazzers Albert Ayler oder die Beteiligung einer Cellistin, die er bei seiner Arbeit mit den Psychedelic Furs dort kennengelernt hatte. Leidenschaft spricht aus dieser Musik, Kreativität und vielleicht sogar ein Soundtrack zur Metropole New York.
Aus den Sessions zu den Steam Radio Tapes stammt "Ginkie". Ansonsten liegen ausschließlich Neueinspielungen vor, aufgenommen in New York in den Jahren 1986 und 1987. Im Verhältnis der drei wiederveröffentlichten Platten halte ich diese hier für die beste, denn der Sound ist durchgehend identifizierbarer und geschlossener. Anklänge an die seinerzeit eigentlich bereits ausgelaufene New Wave-Szene lassen sich hier noch immer vernehmen, ein wenig von James Chance and The Contortions und ähnlichen Bands schimmert durch. Dazu Jazz Rock, der allerdings eine klare 'Schlagseite' zum Rock aufweist. Knox Chandler an der Gitarre ist neben Windo der soundbestimmende Musiker - zum Beispiel spielt er eine wilde Einleitung zu "Blonde Country".
Untermalt wird die Musik gelegentlich von den unterschiedlich tönend eingesetzten Celloklängen, die ihr eine zusätzliche besondere Note und Tiefe verleihen. Der Bass wirkt nicht immer stark prägend, der Einsatz eines Hugh Hopper wäre hier natürlich sehr wünschenswert gewesen, und der Schlagzeuger schlägt in der Regel ziemlich dominant und hart. Ein wenig künstlich klingt diese etwas verhallte Abmischung, die aber in die Klanglandschaft der damaligen Zeit passt. So wird ein relativ typischer Sound geschaffen mit ungewöhnlichen Vokalparts von Gary Windo, die oft eher wie gesprochen denn gesungen wirken.
Als ausgewiesener Freund der Musik von Albert Ayler war ich nun sehr gespannt, wie "Ghosts" - eines der Paradestücke des Free Jazz-Saxers - hier vorgetragen würde. Nun denn, außer der Melodie, denn eine solche konnte Ayler trotz seiner freien Spielweise stets in seinen Stücken vorweisen, ist nicht sehr viel vom Original geblieben. Würde ich dieses jedoch nicht kennen, wäre ich - sozusagen unbeleckt - sicher angetan von diesem ungewöhnlichen Titel, der von Stimmungs- und Rhythmuswechseln lebt.
Ungeachtet dessen bin ich aber auch positiv zugeneigt, denn hier wird schon etwas Besonderes geboten. Ganz stark an die Atmosphäre der Psychedelic Furs erinnert mich der eine oder andere Song, wie zum Beispiel "Breakfast In Bed". Die Zusammenarbeit des Saxers mit der Band scheint abgefärbt zu sein.
Und so ist Musik entstanden, die sich innerhalb der damaligen Zeit bewegt, aber dennoch nicht im Strudel des Mainstreams untergeht, sondern reichlich Besonderheiten und Bezugspunkte zu anderen Stilelementen aufweist und somit sicher nicht für den Massengeschmack geeignet ist.
Line-up:
Gary Windo (saxophone, vocals, bass clarinet)
Knox Chandler (guitars)
Jack Robinson (bass guitar)
Steve Moses (drums, T-Bone - #7)
Ann Sheldon (cello)
Tracklist |
01:Deep Water [Gary Windo] (6:38)
02: Blonde Country [Gary Windo] (5:32)
03:Clean Machine [Gary Windo] (4:32)
04:Don't Bite Too Hard (Your Teeth Are Too Sharp) [Gary Windo] (6:09)
05:Ginkie [Gary Windo] (2:00)
06:Subway Love [Gary Windo, Knox Chandler] (6:48)
07:Ghosts [Albert Ayler; arranged by Gary Windo and Knox Chandler] (3:25)
08:Breakfast In Bed [Gary Windo, Knox Chandler] (5:44)
09:Sister Europe [R.Butler, J.Ashton, R.Morris, D.Kilburn, T.Butler, V.Davey] (6:09)
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