Ich behaupte, dass Bernard Allison, soweit man sich für anspruchsvolle Musik interessiert, weltweit einen sehr hohen Bekanntheitsgrad besitzt. Da erscheint es nur logisch, dass der amerikanische Blues Rocker für sein Line-up auch auf eine sehr hohe Qualität setzt. Das beweist die Tatsache, dass er seit 2002 mit seinem Landsmann und Bassisten Jassen Wilber zusammen arbeitet. Und Jassen hat in der Vergangenheit bei Allisons alljährlichen Tourneen seine herausragenden Fähigkeiten am fünfsaitigen Tieftöner, unter anderem immer mit einem Bass-Solo versehen, zu Schau gestellt. 2007 bei einem Bernard Allison-Gig im Berliner Quasimodo erstand ich das erste Album von Jassen, das er im selben Jahr in Eigenregie produzierte. An sich nichts außergewöhnliches, wenn ein Musiker seine Ideen umsetzt, um der Nachwelt ein persönliches Andenken zu hinterlassen. Außergewöhnlich aber, wenn ein Bassist eine solche Dominanz ausübt, dass dieser ganz klar im Zentrum des Geschehens steht. Da spielt es auch keine große Rolle, dass er die zehn Songs mit seinem Freund Mike Vlahakis komponiert hat. Immerhin hat Wilber mit Vlahakis jahrelang auf der Bühne gestanden, ebenso mit dem Drummer Ron Sutton, natürlich alle zusammen in der Bernard Allison Band.
Schon der Eröffnungstrack "Dark Matter" hat es in sich! Hier entdecke ich sofort das vermeintliche Vorhaben von Wilber, nämlich den Silberling im Stile von Marcus Miller vorzutragen. In der Tat kann sich das Bassgezupfe von ihm mit dem des großen Meisters an den dicken Saiten durchaus messen lassen. Schon folgt ein weiteres fettes Ausrufezeichen! Der Sprechgesang von Nathan Breisford eröffnet "Mellow", dem sich dann Ron Sutton sehr rhythmisch an seinen Fellen anschließt und das zudem hervorragend vom 'Gebläse' der Saxophonistin Sue Orfield begleitet wird.
Da der Tonträger fast komplett auf eine Leadgitarre verzichtet, überragt erwartungsgemäß Jassens geniales Bassspiel. Die Anfangstöne von "Cold Shoulder Sunday" werden den Allison-Spezialisten bekannt vorkommen, denn die standen immer am Beginn bei seinen Soloauftritten der letzten beiden Jahre. Breisford verleiht dem Song durch seinen souligen Gesang das gewisse Etwas.
"Predatory" und "Got Great Grace" sind zwei Instrumentale Tracks, bei denen man die fantastischen Fähigkeiten von Vlahakis an seinen Tasten zu hören bekommt. Mit "Phage" folgt nun das längste Stück (6:09 Min.), eine Mischung aus Blues und Jazz, bei dem Wilber mächtig abgroovt. Richtig jazzig geht's bei "The Point Of Pointless" zu, hier kommt der Gesang von Breisford zwar ziemlich gequält rüber, doch das ist sicherlich so gewollt.
Nun, die Instrumentalisten nehmen sich jegliche Freiheit und toben sich nach allen Regeln der Musikkunst aus. Warum auch nicht? Schließlich bietet der Jazz, wie kaum eine andere Musiksparte, einen schier unendlichen Spielraum. Titeltrack "Nanoswarm" ist nichts für zarte Gemüter, denn Jassen erhöht mächtig seine Schlagzahl und man hat das Empfinden, dass er seine Saiten zum Glühen bringt! Aber auch Barry Alexander beweist, dass er gekonnt sein Kraftwerk beackern kann. Zwischenzeitlich nimmt Wilber das Tempo raus und zelebriert ein sehr leichtes, und doch qualitativ hochwertiges Basssolo, um zum Ende hin wieder seine Fingerkuppen im rasanten Tempo abzufeilen. Eine ganz starke Nummer!
Doch Jassen und Mike haben noch einen draufzusetzen. Denn "Forbidden Planet" ist da echte 'Weltraummusik'. Der Song wirkt sehr skurril und schräg, und ist nichts für schwache Nerven. Zumal es einen Ton im Sekundentakt gibt, bei dem man sich fühlt, als ob man im selben Takt einen Wassertropfen aufs Hirn geträufelt bekommt. Da besteht akute Gefahr, dass man als Zuhörer einen Tinnitus davon trägt. Zum Schluss erinnert Jassen daran, dass er früher auch in Bands aktiv war, die sich ebenfalls zum Teil mit dem Progressive Rock auseinandersetzten (Rumbledog, 1994). Aber auch hier ist es eine Mischung aus verschiedenen Musikrichtungen, dem Blues und dem Prog, bei dem vom E-Klampfer Mike Schlenker noch mal ein richtiges Feuerwerk abgefackelt wird und der "Nanoswarm" noch mal richtig experimentell abschließt.
Alles in allen ist Wilber ein ganz tolles, modernes Jazz-Album gelungen, das eine absolut gleichwertige Alternative zum Meister des Bassspiels, Marcus Miller, ist! Schade nur, dass er am Booklet sich sehr geizig gezeigt hat und nur ein Blatt verwendete. Dafür gibt's leider einen Punktabzug. Trotzdem, 8,5 von 10 RockTimes-Uhren gelten für eine Kaufempfehlung, dessen Erwerb der anspruchsvolle Musikfreund nicht bereuen wird!
Line-up:
Jassen Wilber (bass)
Mike Vlahakis (keyboards)
Nathan Breisford (vocals & lyrics)
Sue Orfield (sax)
Mike Schlenker (guitar)
Ron Sutton (drums - #1-5,10)
Barry Alexander (drums - #6,8)
Cory Dahl (drums - #7,9)
| Tracklist |
01:Dark Matter
02:Mellow
03:Cold Shoulder Sunday
04:Predatory Behavior
05:God Great Grace
06:Phage
07:The Point Of Pointless
08:Nanoswarm
09:Forbidden Planet
10:Kill The Rabbit
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