Jeff Williams / The Listener
The Listener Spielzeit: 73:14
Medium: CD
Label: Whirlwind Records, 2013
Stil: Jazz


Review vom 22.09.2013


Wolfgang Giese
Vom Schlagzeuger Jeff Williams nahm ich erstmals im Jahre 1973 Notiz, als Musiker auf der Platte "Lookout Farm" von Dave Liebman. Da gefiel er mir schon sehr gut. Auf weiteren Platten der Label ECM, Enja und A&M konnte ich seinen Weg verfolgen, bis sich nach 1975 unsere Wege zu trennen schienen. Tatsächlich ist diese Platte seiner Band die erste Begegnung seit damals. Beide sind wir nun älter geworden, aber die Liebe zum Jazz scheint ungebrochen.
Live im Londoner Vortex Jazz Club aufgenommen präsentiert uns die Band einen Reigen zwischen Tradition und Moderne. Viel erinnert mich von der Art an die Musik von Ornette Coleman. Die überwiegend recht langen Titel bieten reichlich Platz für viele Improvisationen und auf der Basis der sehr guten Rhythm Section kann sich auf diese Weise viel Energie freimachen.
Bereits der Einstieg mit "Beer And Water" ist ein Hinhörer. Hervorragend, wie O' Gallagher energisch sein Solo spielt und dabei im Hintergrund von Williams der Rhythmus bestimmt wird, auch dergestalt, dass er ihn ständig unterbricht, ohne die Zielrichtung zu verlieren. Inmitten des Titels folgt dann ein Basssolo, das von tupfender Begleitung auf den Becken umspielt wird. Es ist ein Genuss zu erleben, wie sich die Musiker durch ihre Professionalität, gepaart mit Improvisationskunst, auf der Basis blinden Verständnisses unglaublich locker verständigen und eine mitreißende Atmosphäre liefern.
Ein fast folkartig anmutendes Thema bestimmt den zweiten Titel, bevor auch hier zunächst einmal mit dem Bassisten die Solisten wieder zu Wort kommen. Das ist moderner Jazz auf der Basis von Hard Bop und der Weiterentwicklung zum New Thing, zum freien Jazz, ohne dass es hier vollständig zum Loslösen bekannter Strukturen kommt. Eben genau in jener Richtung, wie es der bereits genannte Coleman in den späten Fünfzigern vormachte. Auf dem mit fantastisch federnden Schlagzeug eingeleiteten "Scrunge/Search Me", das dadurch einen ganz dezenten Hauch von Jazz Rock erhält, gibt es dann allerdings ein recht frei gestaltetes Solo auf dem Saxofon, das inmitten des Titels den Weg für einen gänzlich unbegleiteten Einsatz des Trompeters freigibt. Man bemerkt, dass die Räume offen gehalten werden, ein Höchstmaß an Spannung wird so erzeugt. Eine Welt für Entdecker öffnet sich so und das mit viel Abwechslung, gekennzeichnet durch die bisher geschilderten Beispiele als auch durch das leicht düster wirkende "Lament" und das balladesk schwebende "She Can't Be A Spy".
Dies ist grandioser und zeitloser Jazz, den man problemlos auch in den experimentellen Sparten der Fünfziger als auch in die Zeit der Aufbruchstimmung eines Miles Davis der Sechziger packen könnte. Jeff Williams ist hier nicht der alleinige Star der Band, obwohl sein Können die Struktur der Stücke doch weitgehend durch seine wunderbar elegante Spielweise bestimmt - sehr rhythmisch ist in diesem Zusammenhang "Fez" gelungen. Mir persönlich gefällt John O' Gallagher am Altsaxofon sehr gut. Dieser Mann spielt mit Gefühl, mit viel Ausdruck, mit Einfallsreichtum und zeigt eine recht moderne Variante seines Instruments, offen für Neuerungen und Nuancenreichtum.
So freue ich mich, nach so langer Zeit wieder mit Jeff Williams zusammengetroffen zu sein und werde das sicher noch ausbauen. Ihm und seiner Band ist eine wirklich herausragende Platte gelungen und wie gern wäre ich bei diesem Konzert anwesend gewesen!
Line-up:
Jeff Williams (drums)
Duane Eubanks (trumpet)
John O' Gallagher (alto saxophone)
John Heébert (double bass)
Tracklist
01:Beer And Water [Eubanks] (8:01)
02:Borderline [Williams] (11:21)
03:She Can't Be A Spy [Williams] (8:07)
04:Fez [Hébert] (9:14)
05:Lament [Williams] (13:00)
06:Scrunge/Search Me [Williams] (11:27)
07:Slew Footed [Eubanks] (1:10)
08:Dedicated To You [Chaplin/Zeret/Cahn] (10:41)
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