Schon seit Ende des Jahres 1968 ist Leslie West eine feste Größe in der Rockmusik, denn in dieser Zeit gründete er, zusammen mit dem Italo Amerikaner Felix Pappalardi, die Heavy Rock Band Mountain. Pappalardi war bis dahin als Produzent der britischen Supergroup Cream tätig. Nach deren Split sollte Mountain die ultimative Nachfolgeband von Ginger Baker, Jack Bruce und Eric Clapton werden.
Neben West (guitar, vocals) und Pappalardi (bass, vocals) gehörten Steve Knight (keyboards) und Laurence "Corky" Laing (drums) zum Band Line Up. Ihre Musik geriet ebenso laut und dazu virtuoser als der Sound sämtlicher anderer amerikanischen Heavy Bands. Schnell stieg die Gruppe in die Elite-Liga des Hard Rock auf, wofür, unter anderem, auch ein genialer Auftritt in Woodstock verantwortlich war.
So manche brettharte Gitarrenkracher schlugen einem aus den Boxen entgegen, und man war nach dem Genuss von "Crossroader", "Never In My Life" und "Blood Of The Sun" (um nur einige zu nennen) schon hochgradig Hörsturz gefährdet. Dazwischen aber gab es auch immer wieder gefühlvolle Klänge, meistens von Felix Pappalardi gesungen. Hier möchte ich nur an "Theme For An Imaginary Western" erinnern. Legendär geworden ist vor allen Dingen das über 31 Minuten lange "Nantucket Sleigh Ride" vom Live Album "Twin Peaks" mit seinen dauernden Wechselspielen zwischen Bass und Gitarre.
Doch bald traten Mountain musikalisch auf der Stelle, und so trennte man sich 1972. Leslie West und Corky Laing taten sich mit dem ex Cream Bassisten Jack Bruce zum neuen Power Trio West, Bruce & Laing zusammen, nahmen zwei Studio- und ein Live Album auf und gingen wieder auseinander.
Leslie "The Great Fatsby" (Album Titel) West machte unverdrossen weiter. So kam es zu weiteren Einspielungen unter verschiedenen Namen (Leslie West Band, New Mountain) und in diversen Besetzungen. 1985 reformierte sich Mountain als Trio mit Marc Clarke (ex Colosseum) am Bass, denn Felix Pappalardi stand nicht mehr zur Verfügung, nachdem er zwei Jahre zuvor von seiner Frau erschossen wurde. Bis heute tourt die Band, mit wechselnden Leuten am Tieftöner, in schöner Regelmäßigkeit durch die Kontinente.
Und nun gibt es mit "Got Blooze" eine neue Studio CD von Leslie West. Dabei sind Aynsley Dunbar (ex John Mayall's Bluesbreakers, ex UFO) an der Schießbude und Bass Legende Tim Bogert ( Vanilla Fudge), sowie Kevin Curry (Rhythmus Gitarre). Es gibt ausschließlich Coverversionen alter Bluesstandards auf die Ohren. Doch keine Sorge: Alle 12 Titel sind perfekt auf Leslie West abgestimmt und zugeschnitten. In guter alter Mountain Tradition (man höre sich "Whole Lotta Shackin' Goin' On", "Satisfaction" oder "Roll Over Beethoven" an) sind hier Heavy Versionen entstanden, die mit den Originalen nur noch wenig gemeinsam haben.
Dabei ist als erstes "House Of The Rising Sun" zu nennen. Allein das Intro der Akustik Gitarre in Verbindung mit Leslie's rauer Reibeisenstimme jagt einem jede Menge wohlige Schauer über den Rücken, und beim Einsatz des elektrisch verstärkten Instrumentes sträuben sich die Nackenhaare steil empor.
Spätestens bei "Look Over Yander's Wall" hätten sämtliche Rocktimes Redakteure ein frisches Pils am Hals (und das wäre bestimmt nicht das Erste!). So sehr geht dieser Boogie in die Knochen. In dieser Art geht es auch mit "Walking In My Shadow" und "Baby, Please Don't Go" weiter. Da groovt einfach alles.
"Heartbreak Hotel" hat auch nur noch den Namen mit dem Elvis Presley Song gemeinsam. Bei dieser Version hätte sich der King sicher gleich noch ein paar mehr Tabletten eingeworfen.
Mir als Liebhaber des Slow Blues treiben natürlich Nummern wie "Third Degree" und "The Sky Is Crying" Tränen der Rührung in die Augen. Ich bin kurz vor dem Abheben. Das ist genau m e i n Ding.
Mein kurzes Fazit zum Schluss. Während ich dieses Review in den PC hämmere, läuft "Got Blooze" immer noch im Hintergrund. (Zum wievielten Mal eigentlich?) Ich habe Schwierigkeiten ruhig sitzen zu bleiben, und die Lust auf eine Spontan-Fete mit guter Musik wächst und wächst. Diese Scheibe ist der absolute Hammer, und das sage ich aus voller Überzeugung!
Spielzeit: 53,20 Minuten, Medium: CD, Blues Bureau
Internat. / Shrapnel Records, 2005
1:Baby Please Don't Go 2:Third Degree 3:Lousiana Blues 4:I Can't Quit You 5:Riot In Cell Block # 9 6:House Of The Rising Sun 7:Look Over Yander's Wall 8:The Sky Is Crying 9:Politician 10:The Thrill Is Gone 11:Walk In My Shadow 12:Heartbreak Hotel
Jürgen Bauerochse, 09.07.2005
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