Es ist ein langer Weg von Austin, Texas nach Stuttgart und für die zahlreich erschienenen Rock-Fans hat es sich gelohnt, diesen Ausnahmegitarristen bei seinem kurzen Aufenthalt im Kulturzentrum Merlin durch ungeteilte Aufmerksamkeit zu unterstützen.
Van Wilks, von Auszeichnungen überhäuft und mit Kritikerlob bedacht, wurde die große Ehre zuteil, in die Texas Music-Hall Of Fame gewählt zu werden. Der mit Band angetretene Gitarrist und Sänger wurde unter anderem als bester Hard Rock-Act ausgezeichnet.
Seinen Stil nur wie angekündigt, als Bluesrock zu bezeichnen, wäre Etikettenschwindel.
Texas Rock mit Bluesvariationen in highwaytauglicher Version, so könnte man es vielleicht kategorisieren. Billy Gibbons und Tony Vega, die zu seinen Freunden zählen, stehen Pate.
Gutgelaunt und mit zwei Sidemen an Bass und Drums, legt das Trio mit "Goin' To Texas"
einen rasanten Start hin. Atemberaubende Grifftechnik, gepaart mit Soloattacken, lassen die Finger des Meisters über das Griffbrett flitzen. Peitschende und exakt strukturierte Gitarrenläufe lassen den Virtuosen erkennen. "Le Spank" und "Koko's Hideaway" vom gleichnamigen Album werden mitreißend und mit griffigen Refrains gebracht. Begleitet von treibenden Bässen und knackigem Drumming kann der mit schwarzer Lederjacke stets in Bewegung agierende Frontmann, sein Können dem Auditorium präsentieren. "Temporary Love" wird mit Rhythmuswechseln und klarem Gesang herrlich prägnant und selbstbewusst intoniert. Breaks, wo sie sein sollen, Licks und Tempi-Wechsel gibt es in variantenreicher Vielfalt.
"Sortie Shuffle" und das Stones-Cover "No Expectations" werden rockig und mit viel Gefühl auf den Nenner gebracht. Van Wilks bringt sich in seiner Musik zu hundert Prozent ein und lässt keine Zeit zum Atem holen. Man meint förmlich, die Gitarre dampfen zu sehen, so dicht ist die Reihenfolge der Songs. Distortion und Delay-Effekte, sowie verzerrte Soli werden direkt von den unter höchster Beanspruchung arbeitenden Verstärkern in die Gehörgänge geschossen.
Nach kurzer Pause wird mit "Bleedin'" der zweite Teil des Sets eröffnet, wie immer durch knappe Ansagen eingeleitet, frei nach dem Motto: Lasst die Musik das Reden übernehmen.
"Morning Dew" ist ein weiteres Cover, formvollendet dargebracht im Wechselspiel mit fein ziselierten Tönen - eine Version, die furios den technischen Standard des Griffbrettmagiers zeigte. "Stone Cold" setzte zu einem weiteren Frontalangriff auf das Stimmungsbarometer an und besticht durch imposante Riffs.
"Boystown", gewünscht vom Publikum und auch auf der Setlist enthalten, wurde zum instrumentalen Überflieger. Energiegeladen und mit Griffeinlagen der Extraklasse serviert, zeigt es den enormen musikalischen Kompositionsstandard des Texaners. Slide-Einlagen und Feedback-Orgien waren der Zuckerguss auf dem umjubelten Spiel der Texas-Boys. Der bescheiden agierende Saitenzauberer, konnte sogar noch dem Traffic-Track "The Low Spark Of High Heeled Boys" von 1971 frische Impulse einhauchen. Eine Interpretation, der auch Stevie Winwood zustimmen würde. Nachdem das Auditorium im Verlauf des Konzertes fast keine Chance hatte, mit Applaus die dargebotene Leistung gebührend abzufeiern, wurde dies mit dem Verklingen des letzten Tones des Sets nachgeholt.
Angespornt durch die Huldigungen der fachkundigen Anwesenden wurde noch ein Zugabenteil mit weiteren Highlights wie "Sometimes Run" und "Hideaway" nachgeschoben.
Über zwei Sunden Vollbedienung auf höchstem Niveau, das ist selbst in diesem Metier nicht unbedingt der Standard. Groovende Riffs und vitaler Rock mit Blues Roots in beeindruckender Originalität. Eine musikalische Leistung, die mit Sicherheit in die Annalen des atmosphärisch stimmigen Clubs eingehen wird.
Bilder vom Konzert
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