The Walker Brothers / Same
Same Spielzeit: 57:13
Medium: CD
Label: Starclub Records, 1965, Mercury, 2010
Stil: Pop


Review vom 02.12.2012

  
Wolfgang Giese
Die erste Platte, das ist, rückschauend betrachtet, schon ein gewaltiges Erlebnis, an das man sich gern erinnert. Und vor allem für ältere Semester ist das etwas ganz Besonderes, etwas, das von vielen jungen Leuten so nicht nachvollzogen werden kann.
Nun, an meine erste Single kann ich mich wirklich nicht mehr genau erinnern, ich denke, es war irgendetwas von den Beach Boys. Auch an ein frühes Geschenk meiner Tante kann ich mich erinnern: "You Won't Be Leaving" bzw. "Leaning On The Lamp Post" von Herman's Hermits.
Aber egal, welche es auch immer war - meine erste Langspielplatte, das weiß ich noch genau, war diese hier von den Walker Brothers. Das war auch ihre erste Langspielplatte aus dem Jahre 1965. Mein Exemplar erschien hier in Deutschland auf Star Club Records (STAR CLUB 158 026 STY), ich kaufte es 1966 und besitze die nicht mehr einwandfrei erhaltene Platte heute noch. Ich denke, das alles ist Anlass genug, diesen Klassiker einmal vorzustellen.
Die Walker Brothers, ja, das waren ja gar keine Brüder, Betrüger also?
Der Drummer Gary Leeds hatte die beiden anderen mit nach Europa genommen, in der Hoffnung, hier im Swinging London so richtig einzuschlagen. Und er behielt Recht. Scott Engel, John Maus und Gary Leeds waren nun Brüder, im Erfolg vereint. Ihre erste Single "Pretty Girls Everywhere" brachte ihnen jedoch noch nicht den späteren Ruhm ein, vielmehr war es "Make It Easy On Yourself", das 1965 die Nummer Eins der britischen Charts erklomm. Doch noch härter schlugen sie zu mit dem wohl größten Hit ihrer Karriere: "The Sun Ain't Gonna Shine Anymore". Das pfeifen die Spatzen heute noch von den Dächern. Diese Nummer war in Großbritannien nicht auf der dortigen Platte, unter dem Namen "Take It Easy With The Walker Brothers", erschienen. Auf meiner deutschen Ausgabe war er jedoch enthalten.
Neben der Musik waren es Kleidung und Frisuren, die mich seitens des Covers zunächst einmal faszinierten. Solche Hemden wollte ich auch haben. Daran war jedoch nicht zu denken, nur die Haare begannen langsam, aber stetig, zu wachsen. Aber die Musik blieb ja noch zum Träumen. Und die hatte es mir natürlich angetan, war sie doch irgendwie anders neben der sonstigen, die ich damals so hörte. Da war viel mehr Arrangement, da war diese sanfte und gleichzeitig kraftvolle Bariton-Stimme Scott Walkers, da waren diese herzzerreißenden Balladen, die mein junges Herz rührten. Und das alles wurde dargeboten in einer imposanten Mischung verschiedener Stimmungen, das war sozusagen 'großes Kino'!
Die Namen Ivor Raymonde und Reg Guest für die Arrangements garantierten hochwertig ausgestattete Musik ganz im Stile Phil Spectors. Ferner sorgte auch der Produzent Johnny Franz für ein einwandfreies Produkt mit hohem Unterhaltungswert.
In Großbritannien also als "Take It Easy With The Walker Brothers" auf Philips und in den USA als "Introducing The Walker Brothers" auf Smash erschienen - jeweils mit unterschiedlichen Titeln.
Auf der englischen Ausgabe fehlten "My Ship Is Coming In" und "The Sun Ain't Gonna Shine Anymore", dafür waren aber "The Girl I Lost In The Rain" sowie "I Don't Want To Hear It Anymore" enthalten. Auf der Reissue-Ausgabe gab es dann noch acht weitere Stücke als Bonus (u. a. von der EP "I Need You")
»Oh, breaking up is so very hard to do « - Herzeleid von Teenagern, mich eingeschlossen. Solch pompöse und imposante Darbietungen, mit fetten Pauken und Vibrafon untermalt, gibt es nicht nur mit dem Eröffnungstitel.
Immer wieder wechseln diese sich ab mit gnadenlosen Liebesliedern wie die wunderbare Coverversion "Love Minus Zero" oder "First Love Never Dies", das mich damals förmlich fesselte. Und noch heute geht das durch Mark, Bein und Seele - diese flirrenden Streicher, diese Bläser dazu und Scott schmachtet: »My world is nothing without you «. Doch auch flott geht es zu mit der Motown-angehauchten Nummer "Dancing In The Street" oder dem eher von Wilson Pickett bekannten "Land Of The 1000 Dances". Dramatische Paukenschläge gepaart mit Kastagnetten auf "Here Comes The Night". Ach, ein Knaller jagt den anderen.
Das war und ist Popmusik mit Anspruch. Damals waren jene, die die Walker Brothers mochten, zwar etwas verschrien, aber damit konnte ich gut leben. Und noch heute fasziniert mich diese Musik und ist wichtiger Bestandteil meines Lebens geworden, nicht nur, weil es meine erste LP war.
Line-up
John Walker (vocals, guitar)
Scott Walker (vocals, guitar, keyboards)
Gary Walker (drums, vocals)
Plus studio musicians
Tracklist
Trackliste der deutschen Starclub-Ausgabe:
01:Make It Easy On Yourself [Bacharach/David] (3:12)
02:There Goes My Baby [Nelson/Patterson/Treadwell] (3:05)
03:First Love Never Dies [Morris/Seals] (3:34)
04:Dancing In The Street [Stevenson/Kaye] (2:45)
05:Love Minus Zero [Dylan] (3:01)
06:My Ship Is Coming In [Brooks] (3:12)
07:The Sun Ain't Gonna Shine Anymore [Crewe/Gaudio] (3:10)
08:Land Of Thousand Dances [Domino] (2:32)
09:You're All Around Me [Engel/Duncan] (2:34)
10:Lonely Winds [Pomus/Shuman] (2:33)
11;Here Comes The Night [Pomus/Shuman] (2:25)
12:Tell The Truth [Pauling] (1:47)
Bonus Tracks (englische Ausgabe):
13:Love Her [Mann/Weil] (3:23)
14:The Seventh Dawn [Ortolani] (2:40)
15:But I Do [Gayten/Guidry] (2:56)
16:My Ship Is Coming In [Brooks] (3.12) - nicht auf der englischen Ausgabe enthalten
17:Looking For Me [Newman] (2:11)
18:Young Man Cried [Engel/Franz] (2:33)
19:Everything's Gonna Be Alright [Mitchell] (2.16)
20:I Need You [Goffin/King] (3:10)
Externe Links: