Das Debüt der spacigen Psychedeliker Weltraumstaunen liegt mir als adäquates Medium in Zweitauflage aus 2003 vor: Langspielplatte (limitiert auf 500 Stück) nennt man das. Ach was ist das aufregend, mal wieder Vinyl in den Händen zu halten; noch dazu blaues. Alleine die Größe des Covers, die perfekt lesbaren Infos....

Nichts mit CD in den Player und Fernbedienung schnappen. Nein, der Quellenwahlschalter am Verstärker rastet in der lange verwaisten Moving-Coil Position ein, der Deckel des Thorens-Urviechs wird geöffnet, die LP mit spitzen Fingern aus der Hülle geholt, auf den Plattenteller gelegt und der Diamant zur Sicherheit vorsichtig mit einem zarten Pinselchen gereinigt.
Nun den Tonarm entriegeln, über die Anfangsrille positionieren, Startknopf drücken und den Arm absenken. Das ist fast so spannend wie die Erwartung zu Kindertagen kurz vor der Bescherung. Die Schwingungen erreichen den Wandler und es geht los....

Mit treibendem Rhythmus startet der "Pollenflug". Bass und Drums ziehen, unbeirrt von vorbeihuschenden, elektronisch erzeugten 'Pollen' ihre Bahn. Eingestreute Gitarrenlines tun ein Übriges.
"Clockline" wirkt erst mal ruhiger und die Gitarre darf 'klarer' agieren. Das Grundgerüst wird sauber von der Rhythmusabteilung (bei dieser Art von Musik, hat das Wort Rhythmus eine etwas andere Bedeutung) definiert. Hinzu addiert sich, leicht verfremdet, Silke Fugmanns Stimme. Silke spielt auch Bass und somit gibt es auf dieser LP zwei Basser, denn neben Gitarren, Synthy, Effekte, Schlagzeug, Computer, Gesang, ist auch Dave Schmidt für die tiefen Frequenzen zuständig. Dritter im Bunde ist Andi Heinrich, verantwortlich für Gesang, Gitarren, Effekte, Synthy, Orgel und Schlagzeug.

Die elektronischen Elemente nehmen zu und plötzlich sagt 'ne glasklare Stimme:
"Das gibt es doch nicht. Das ist doch unmöglich" und die 'echten' Instrumente übernehmen wieder das Ruder, ja die Gitarre beglückt mich mit einem starken Wah-Wah-Solo.
Wunderschöne Bassläufe zu Beginn von "Kraut". Der Synthy steigt ein, Bass und Schlagzeug bestimmen die Marschrichtung und nach einem kurzen Break stößt die Gitarre per spacigem Solo ebenfalls dazu. Melodische Tastenläufe, perfekt begleitet von 'überirdischen' Stimmen, leiten über zu einem 'geil schrägen' Part, bei welchem ich nicht genau definieren kann, ob ich eine echte Gitarre oder den Synthesizer höre.

'Meine Nummer' heißt "Astonished ...Like The Universe". Spaciger geht es los, man wähnt sich auf einem fernen Planeten, irgendwo, umgeben von fremder Fauna und Flora und man versucht verzweifelt die Geräusche Bekanntem zuzuordnen. Es gelingt nicht und über Allem schwebt eine wohltuende, beruhigende und positive Stimmung.
Sind es menschliche Stimmen oder elekronisch erzeugte? Oder menschliche, aber elektronisch verfremdet? Keine Ahnung. Ich muss es auch nicht wissen. Wichtig auf diesem unbekannem Planeten ist nur eines: Die Stimmen klingen beruhigend.

Ob das auch so bleibt? Der Track erstreckt sich schließlich über fast 22 Minuten. Und ja, die Stimmung 'kippt'. Der Film, der gerade vor dem geistigen Auge läuft nimmt eine Wendung, hin zu ungewisser Spannung. Ja, die unbekannte Fauna und Flora nimmt bedrohliche Züge an. Die Stimmen klingen nicht mehr unbedingt beruhigend und positiv. Auch die Geräusche lassen einen eher schutzsuchend zusammenzucken. Der Name des Songs scheint hier Programm zu sein. Dieses Album ist spannender als jeder Film. Couchen, Augen zu und dann den 'Film' wirken lassen bzw. mit der Musik auf 'die Reise gehen'.
Der Bass pocht klar akzentuiert, mal ein zarter Beckenschlag hier, ein Synthy-Klang dort. Ein Gitarrenlick, fast unverstehbare Vocals, da verfremdet. Die Nummer würde übrigens an einem Freitag den 13ten bei Vollmond aufgenommen.....!

"Last Flight": ein würdiger Abschluss-Flug mit akustischen Gitarrenklängen zu sphärischem Gesang und dezenter Bass- und Schlagwerk-Begleitung.

Klack. Der Tonarm hebt sich und das blaue Vinyl hört auf, sich zu drehen. Eine Reise ist zu Ende - eine Reise quer durch den psychedlischen Space.