Das Ziel von
Wicked Temptation ist die Wiedererweckung des Hard- und Heavy-Sounds aus den 80er und 90er Jahren. Auf ihrem Debütalbum "Seein' Ain't Believin'" geben sich die Ex-
Powergood (nicht verwandt mit
Powergod) Gitarrenschwinger
Peter Wagner und Ex-
Vengeance-Drummer
Hans in't Zandt, zumindest alle Mühe, diese Vorgabe zu erreichen. Ursprünglich in dieser Ecke angesiedelt, können die Jungs zusammen mit Shouter
Dirk Hackenberg und Tieftöner
Marc Hermann auf eine gemeinsame Basis zurückblicken.
Hard Rock nennt sich daher das gemeinsame Treibmittel, wobei der Zeiger sich auch etwas in die Heavy-Richtung bewegt.
Dokken,
Lynch Mob und
George Lynch dienen u.a. als gemeinsamer Wegweiser. Folgerichtig gibt es haufenweise Riffs und Licks auf diesem Debüt. "Money", der als Opener dienende Einpeitscher, feuert seine Riffsalven exakt auf den Punkt, während die Shouts analoge Rauchzeichen absondern.
Hackenberg ist zweifellos akustisch in Topform, wobei der kompositorische Teil etwas hinter der Dynamik zurückfällt.
Da sieht es bei dem Nachfolgesong "Love Just Ain't Enough" schon etwas anders aus. Hier kommt der Spaßfaktor ins Spiel. Die Gitarren braten und es macht sich beinahe sommerliche Hitze breit. Ein merklicher Temperaturanstieg ist die Folgeerscheinung. Auch der Ohrwurm wird jetzt richtig bedient, der auch bei dem Semi-Akustiktitel "Liar" nochmals voll auf seine Kosten kommt. Balladesk im Intro und dann legt die Band los, dass sich die Axt verbiegt. Da leuchtet des Hard Rockers Herz und die Jungs können endlich ihr Talent richtig ausfahren. Stimmlich ist an der Band eigentlich nichts auszusetzen. Die Shouts wechseln vom Hard- in den Heavy-Bereich, ohne dass sie ihre Stilrichtung falsch präsentieren. Timbre und Attitüde sind jedenfalls Riff-akzentuiert und präsentieren die Truppe mit der richtigen Schubkraft.
Ein weiterer Höhepunkt ist ohne Zweifel "Magic" - trotz balladesker Form und eingängiger Melodie, bleibt es erfreulich unkitschig, da die Stimme neue Facetten erkennen lässt und mit unerwarteter Westcoast-Romantik brillieren kann. "Rock 'N' Roll Disaster", ein typischer Arena-Rocker à la
Def Leppard, versprüht mit seinen satten, knallenden Gitarren echte Mitbanger-Hooklines und vermeidet trotzdem die naheliegende Plagiatswirkung mit diesem Good-Time-Rock'n'Roller.
Wicked Temptation sind ohne Zweifel große
George Lynch-Fans, die Namensgebung kann daher durchaus von dessen Debütalbum "Wicked Sensation" abgeleitet sein, jedoch stellt dies ihre Leistung auf diesem Album keinesfalls in den Schatten. Sogar die reine Akustikballade "Children" offenbart eine tolle, emotionale Stimme mit dem Charme eines echten Rockpoeten, bei der manchmal sogar direkt ein Hauch von
Mr. Big durchschimmert und die dem offenkundigen Potenzial, dieses eingängigen Ohrenschmeichlers noch mehr Eingängigkeit verleiht.
Offensichtlich hat die Band aus ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz, die richtigen Zutaten zusammengemixt und ein stimmiges Album zusammengestellt, das schon wegen seiner konsequenten Einstellung positiv zu erwähnen ist. Neu ist das alles natürlich nicht, wie sollte es auch, aber es macht Spaß und das ist schon die halbe Miete wert.
8 von 10 RockTimes-Uhren