W.I.N.D. / Walkin' In A New Direction
Walkin' In A New Direction Spielzeit: 65:28
Medium: CD
Label: Artesuono Produzioni Musicali, 2010
Stil: Southern Rock

Review vom 16.07.2010


Steve Braun
»Walkin' in a new direction« verspricht der Titel des neuen W.I.N.D.-Albums, also ab damit in den Player. Auf die musikalischen Einflüsse kann sich das wohl nicht beziehen. Nach wie vor ist der bewährte Mix aus 'jammigen' Blues- und Southern-Elementen zu hören. Obwohl ... die Songs sind irgendwie direkter auf den Punkt kommend als früher. Derart knackig rockend, wie bspw. bei "Amnesia" und "Wastin' My Time", gaben sich Fabio Drusin & Co. früher eher selten. Also muss der Blick in das wunderschön gestaltete Booklet die Frage nach der neuen Richtung klären ... und da haben wir es: Fabio Drusin hat sein Trio umgestaltet - quasi verjüngt. Jimi Barbiani und Sandro Bencich wurden durch Anthony Basso (guitars) und 'Silver' Bassi (drums) ersetzt. Dieser 'Jungbrunnen' hat im Detail durchaus Spuren hinterlassen und eine (sehr maßvolle) Kurskorrektur ermöglicht.
Anthony Basso macht mit messerscharfen Riffs aus "Amnesia" den bereits angesprochenen Knack-Rocker. Fabio Drusin steuert sehr, 'space-ige' Bassläufe bei, wie er das im Folgenden ein ums andere Mal tun wird. Der Mann wäre ohnehin für mich die erste Wahl für den vakanten Bass bei Gov't Mule nach Woodys Tod gewesen. Seine Klasse stellt er auf "Walkin' In A New Direction" mehrfach unter Beweis. "Dèjá-vu With The Blues" basiert auf einem minimalistischen Grundthema, das jammige Ausflüge ermöglicht. 'Otto' Ottolinos Posaune sorgt für ungewöhnlichste Töne. Der Mid-tempo Rocker "My Solitude" erinnert in seinen Strukturen stark an unser geliebtes Maultier. Klaren, direkten Hard Rock bringt Anthony Basso, der seine Eigenkompositionen selbst singt, mit "Wastin' My Time" ein. "Unbelieve" stellt einen Ausflug in weite, leicht funkige Jam-Landschaften dar. Höhepunkt ist Drusins wunderschönes Fretless-Solo. Eine wunderschöne Ballade, "It's Too Late To Lie", featured den italienischen Jazz-Pianisten Glauco Vernier an der Hammond. Der junge Anthony Basso, dessen zweite Komposition hier zu hören ist, singt sehr stimmungsvoll und klar.
Die wohl beste Nummer auf "Walkin' ..." ist das nun folgende "Demons". Voodoo-Feeling, wilde Akustik-Gitarren, spärliche Drums und umso reichlichere Tablas sorgen für einen wilden Ritt durch die ölverseuchten Sümpfe des nordamerikanischen Südens. Den alten Song "Funky To The Bone" aus den 1960ern - mit einem Reprise des Wild Cherry-Klassikers "Play That Funky Music" (1976) - ausgegraben zu haben, kann man nur als einen Geniestreich Drusins bezeichnen. Der großartige musikalische Gast Glauco Vernier, der auch schon einmal für unseren alten Bekannten Rudy Rotta in die Tasten griff, veredelt den Song durch ein ebenso kurzes wie 'würziges' Hammond-Solo. "Beautiful Awareness" glänzt einmal mehr durch das grandios-gefühlvolle Bassspiel, hier erneut mit einem Fretless, Fabio Drusins. Einmal mehr steuert Vernier, diesmal mit einem sphärischen Fender Rhodes, feingeistige Tastenarbeit bei. Quasi als Zugabe gibt es den W.I.N.D.-Klassiker "Lucky Man", mit einem an Mules "Blind Man In The Dark" erinnernden Intro, in völlig neuem Gewand. Hier kann man hören, wie talentierte Neubesetzungen einem uralten Song frisches Leben einhauchen können. Aus dem sprichwörtlichen Hut wird dann mit "Almost Cut My Hair" noch ein uralter
David Crosby-Song als Hidden Track hervorgezaubert, dem allerdings - wie beim 1970er Original (Déjà Vu) - Verniers Hammond gut getan hätte.
W.I.N.D.s "Walkin' In A New Direction", das man interessanterweise mit 'W.I.N.D.' abkürzen kann, gefällt durch hervorragendes Songmaterial, das ebenso fett wie gefühlvoll produziert wurde. Die Einbeziehung von Glauco Venier, leider nur bei drei Songs, verbreitert das Trio-Konzept, aufs angenehmste. Hier wäre überlegenswert, ob man dieses Korsett nicht aufbricht und damit tatsächlich einen Weg in neue Richtungen beschreitet.
Ansonsten reiht sich das Album nahtlos in die gnadenlos gute Diskographie dieser norditalienischen Band ein. Kaufen, aber schnell ...
Line-up:
Fabio Drusin (vocals, bass, percussions)
Anthony Basso (guitar, vocals - # 4)
Silvano 'Silver' Bassi (drums)

Gäste:
Glauco Venier (Hammond - # 6, Fender Rhodes - # 1, 8)
Mauro Ottolini (trombone - # 2)
U. T. Gandhi (percussions - # 8)
Tracklist
01:Amnesia (6:34)
02:Dèjá-vu With The Blues (7:27)
03:My Solitude (4:33)
04:Wastin' My Time (5:59)
05:Unbelieve (7:17)
06:It's Too Late To Lie (5:30)
07:Demons (5:56)
08:Funky To The Bone (6:05)
09:Beautiful Awareness (3:13)
10:Lucky Man [Rehearsal Studio Version + Hidden Track: Almost Cut My Hair] (12:48)
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