Und wieder haben wir hier eine Band, die bisher leider sehr viel unbekannter ist, als sie ob ihrer musikalischen Klasse eigentlich sein müsste. Aber schön der Reihe nach. Welcher geneigte Hörer des guten Musikgeschmacks bei der Erwähnung des Namens Winters Bane unwissend mit dem Kopf schüttelt, dem sei gesagt, dass diese Formation schon seit Beginn der Neunziger existiert.
Nun, dass außer eingefleischten US-Metalfans bisher kaum jemand Notiz von Winters Bane genommen hat, liegt vor allem an den diversen Besetzungswechseln und der, nun ja, etwas langsamen Veröffentlichungspolitik. Das 1993 erschienene Debüt "Heart Of A Killer" bot typisch straighten und melodischen US-Metal, der vor allem von der grandiosen Stimme von Tim 'Ripper' Owens getragen wurde.
Nun, wie bekannt verschlug es Tim bald darauf nach Europa, wo er das Mikro bei den (zumindest damals noch) legendären Judas Priest übernahm (mittlerweile ist er bei Iced Earth/ Beyond Fear tätig), und Winters Bane standen nun ohne Sänger da. Es folgte das Zweitwerk "Girth", auf dem Gitarrist Lou St. Paul auch für den Gesang sorgte. Nun, "Girth" war ein solides Album, hatte aber mit dem tollen Erstwerk nicht mehr viel gemeinsam. Viel Groove, viele Breaks und Härte, wenig Wiedererkennungswert und unspektakuläre Vocals, wobei die Aufgabe, Owens zu ersetzen natürlich ein kaum zu überwindendes Problem darstellte.
Auf "Redivivus" ist Lou St. Paul das einzig verbliebene Originalmitglied, für das Mikro wurde der ehemalige (deutsche) Powergod-Sänger Alexander Koch verpflichtet. Auch für Alexander würde es schwer werden, das Erbe von Owens anzutreten, aber verflucht nochmal, er ist verdammt nahe dran, was wirklich ein gotterverdammtes Kompliment ist. An Kraft und Volumen eine Idee unter seinem Vorgänger angesiedelt (wer mir auf Anhieb einen absolut gleichwertigen Owens-Ersatz nennen kann, bekommt von mir sofort lauwarme 'Cervisia' bis zum Abwinken) finde ich Alex' Gesang im Gegenzug einen Tick variabler.
Während z.B "Seal Of Light" (textlich von der Schlacht bei Helms Klamm in "Herr der Ringe" inspiriert) und "The World" musikalisch klassischen US-Metal mit hohen Gesangslinien bieten, wie man ihn kennt und schätzt, ist die Midtemponummer "Spark Of The Flame" rauer und sehr emotional gesungen und bietet auch instrumental Ohrwurmqualitäten, wenn sich nebenbei treibende Drums und aberwitzige Gitarrensoli duellieren. "Dead Faith" zeigt dann die ganze Stimmbreite von Alexander, man glaubt im ersten Moment doch wirklich einen jungen Warrel Dane in einem simplen aber effektiven Nervermore-Song zu hören, sehr gut, mit einem düsteren Flair aber einem positiv klingenden Refrain ausgestattet.
Überhaupt klingt das ganze Material wieder mehr in Richtung von "Heart of A Killer", nur eben viel ausgereifter, verspielter, schlichtweg besser. Die Rhythmusfraktion spielt schön tight nach vorne und bietet das richtige Fundament für Lous tolles Gitarrenspiel, man höre nur die genialen Riffs in "Burning Bridges". Und da das Ganze auch noch annehmbar produziert worden ist, bleibt nur noch zu sagen:
Lohnt sich. Eine der besten Power Metal-Scheiben seit Langem!!
Spielzeit: 40:50, Medium: CD, Metal Heaven Records, 2006, Heavy Metal
1:Seal The Light 2:Spark to The Dark 3:The World 4:Dead Faith 5:Catching The Sun 6:Remember To Forget 7:Burning Bridges 8:Waves Of Fury 9:Despise The Lie
Gunnar Körner, 29.06.2006
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